Die für den ORF typische, einseitige "Diskussionsrunde" (der im Volksmund "Österreichischer Rot-Grün-Funk" genannt wird) offenbarte wieder einmal all das, was in Österreich falsch läuft.
Statt kritischem Journalismus betreibt der von SPÖ- und VSStÖ-Mann Wrabetz geleitete Staatssender SPÖ-Beweihräucherung ohne jeden Ansatz kritischen Denkens:
So wird zum Beispiel die neue SPÖ-Vorsitzende Rendi-Wagner mit Vorschusslorbeeeren bedacht, obwohl sie zahlreiche von dieser ORF-Sendung vertuschte Fehler hat, darunter auch manche, die den Fehlern ihres gescheiterten Vorgängers Kern ähneln:
1.) Rendi-Wagner hat keine Hausmacht, keine Gefolge, d.h. auch sie kann die SPÖ nicht verändern, genausowenig wie Kern das konnte. Sie soll die SPÖ auch gar nicht verändern, sondern nur ein neues Gesicht sein, das einen Neubeginn symolisieren soll, ohne tatsächlich eine Veränderung zu sein.
2.) Rendi-Wagner ist eine Gesundheitsexpertin ohne besondere Kenntnisse auf dem Gebiet der Geschichte, der Politikwissenschaft oder der Juristerei. D.h. sie wäre wahrscheinlich eine gute Gesundheitsministerin gewesen, aber als Parteivorsitzende ist sie wahrscheinlich eine Fehlbesetzung. Sie musste einspringen, weil sie vierte oder fünfte Wahl war, und weil sonst niemand bereit war, in einer derart aussichtslosen Lage die SPÖ-"Führung" zu übernehmen.
3.) Rendi-Wagner war nie Spitzenkandidatin bei irgendeiner Wahl, weder auf Gemeindeebene, noch auf Landesebene und schon gar nicht auf Bundesebene. Sie ist eine parteipolitisch völlig unerfahrene Quereinsteigerin. Laut dieser SPÖ-internen Diskussion soll sie gar keine Akzente setzen - außer den, dass sie eine Frau ist - sondern "die Parteiflügel versöhnen".
Klingt irgendwie so, als bräuchte die SPÖ eine Paartherapeutin, aber keine Parteivorsitzende. Und während dieser Paartherapie zur Kurierung interner Probleme ist die SPÖ natürlich nach Aussen kampfunfähig und oppositionsunfähig.
Ein großer Mangel dieser angeblichen Debatte war auch das völlige Fehlen von Strategiefragen: soll das Ziel der SPÖ-Politik sein, eine große Koalition SPÖ-ÖVP anzustreben, oder soll das Ziel der SPÖ sein, Mehrheiten ohne ÖVP und FPÖ zu finden, oder soll das Ziel der SPÖ sein, eine SPÖ-FPÖ-Koalition zu erreichen (was in der SPÖ sicher eine Minderheitenposition ist). Auch die Frage dieser völlig verrückten Situation mit einerseits Parteitagsbeschluss, der SPÖ-FPÖ-Koalitionen auf allen Ebenen ausschliesst, und gleichzeitig im Burgenland eine SPÖ-FPÖ-Koalition existiert, was die Glaubwürdigkeit der SPÖ schwer beschädigt, blieb in dieser Sendung unerwähnt. Wohl deswegen, weil schon Kern mit dem Versuch, diese verrückte Situation zu bereinigen, völlig gescheitert ist.
Auch ansonsten war die Debatte begleitet von Unfug und oberflächlichem SPÖ-Wahlkampf, wie wir ihn aus den letzten 30 Jahren gewohnt sind, der immer eine große schwarzblaue Mehrheit zur Folge hatte.
So schwadronierte die junge, unerfahrene und ahnungslose SPÖ-Jugend-Vorsitzende Julia Herr von "Öffnung" und Mitbestimmung bei der Bestimmung von Parteivorsitzenden, obwohl sie sich gleichzeitig freute, dass Rendi-Wagner als erste Frau ohne Basismitbestimmung SPÖ-Vorsitzende geworden war.
Julia Herr ignorierte auch völlig Publikation von SPD-Mitgliedern, die sich kritisch mit dem Mitbestimmungsfetischismus der Piratenpartei auseinandersetzten, wie z.B. "Albtraum Mitbestimmung".
Weiters ignorierte Herr die Struktur der US-Demokraten mit ihren Superdelegierten mit Mehrfachstimmrecht, weil Basiswahlen in der USA oftmals diejenigen weit-linken Kandidaten hervorbrachten, die bei Bundeswahlen nur scheitern konnten.
Julia Herr lobte auch die britische Labour Party und ihren Vorsitzenden Corbyn überschwänglich, weil er die Mitgliederzahl erhöht hatte; allerdings verschwieg Herr genauso wie die restliche Runde, dass Corbyn seine erste Chance, die Tory-Herrschaft zu beenden verspielt hatte (im Unterschied zu Tony Blair, der damit bereits beim ersten Versuch Erfolg hatte), und dass Corbyn eine weit links stehende Politik betreibt, die wohl kaum Chancen auf Mehrheitsfähigkeit hat, aber bei ahnungslosen Jugendlichen sehr beliebt ist.
Unthematisiert in dieser Sendung blieb auch das Faktum, dass Verhältniswahlrecht zum Vielparteiensystem tendiert. Die in dieser Sendung suggerierte Hoffnung, die SPÖ könnte durch Öffnung wieder wachsen, bis hin zu absoluten Mehrheiten der Kreisky-Ära vielleicht, könnte sich als fatale Fehleinschätzung erweisen. Auch deswegen, weil es Rendi-Wagner als Frau wohl nicht gelingen kann, an die FPÖ verlorene männliche Wähler zurückzugewinnen.
Un erwähnt blieb auch die wichtige Frage, ob die SPÖ weiterhin in Anlehnung an das US-Wahlsystem fordern solle, die stimmenstärkste Partei solle automatisch einen Anspruch aufs Kanzleramt haben, obwohl Wolfang Schüssel im Jahr 2000 bewies, dass auch die Zweit- und Drittstimmenstärksten miteinander koalieren können und das Kanzleramt halten können.
Diese angebliche Debatte war dermassen schlecht, dass sich nicht nur die Frage stellt, ob die SPÖ noch zu retten ist, sondern auch, ob der ORF noch zu retten ist. Aber wegen der großen Deckungsgleichheit von SPÖ und ORF ist das vielleicht dasselbe, und ORF-Generalintendant Wrabetz, der gleichzeitig SPÖler bzw. VSStÖler ist, symbolisiert diese Personalidentität von SPÖ und ORF aufs Trefflichste.
Mit dieser Identität von Kontrolleur und Kontrolliertem machen sich Wrabetz, SPÖ und ORF lächerlich: wie soll man Kläger und Angeklagter und Richter gleichzeitig sein ? Wie soll man kritisches Medium und Kritisierte Partei gleichzeitig sein ? Auch die wie so oft problematische "Diskussions"-Leiterin Claudia Reiterer, die mit dem grünen Wahlkampfstrategen Lockl liiert ist, betreibt wieder einmal rot-grüne bzw. Pro-Frauen- Propaganda statt wirklichem Journalismus.
Seit den 1950er Jahren gibt es die Kritik am ORF wegen Hofberichterstattung des ORF für SPÖ und ÖVP. An diesem Umstand hat sich seit 70 Jahren praktisch nichts geändert, was wohl beweist, dass Österreich eher ein reformunfähiger Obrigkeitsstaat ist, und keine moderne Demokratie.
Mit diesem Medienmachtmißbrauch ist die SPÖ auch - egal, ob sie es weiss oder nicht - eine Art "Beitragstäter" für die schwarz-blaue Regierung bei der Medienprivatisierung, die die Medienmacht hin zu den Finanzstarken Gruppen verlagert. Keine Spur von Opposition !