In seinem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskij verhielt sich US-Präsident Trump genau so, wie es Rechtsextremisten und Linksextremisten als die Demokratie in ihrer schlimmsten Form bezeichnen, oftmals gar nicht so sehr zu Unrecht.
Die Frage, ob der russische Präsident Putin ein Aggressor und Schlächter sei, ob seine Territorialansprüche bzgl. Ukraine gerechtfertigt seien, oder nicht, war Trump scheinbar egal. Die Frage nach dem Völkerrecht war Trump scheinbar egal. Die Frage, wieviele Ukrainer und Ukrainerinnen im einen oder anderen Falle sterben müssen, war Trump scheinbar egal.
Das Einzige, was Trump dem Anschein nach interessierte, war, dass die USA möglichst leichten Zugang zu den ukrainischen Rohstoffen bekommen sollen, insbesondere seltenen Erden, und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Trump die Notlage der Ukraine, bzw. Selenskijs erpresserisch ausnutzte, eben, um des eigenen Profits wegen, und um des Bereicherungseffekt für einige wenige US-Großkapitalisten willen.
Wenn jemand innerstaatlich sich so verhalten würde wie Trump, dann würde er vermutlich wegen "unterlassener Hilfeleistung" verurteilt. Und die Geldgier und Profitgier dabei würde wohl als strafverschärfender Umstand gewertet. Aber rassistische Politiker haben eben den "Vorteil", dass ihnen das Leben von fremden Staatsbürger egal ist, und dass sie bereit sind, Millionen von Fremden für den eigenen Profit zu opfern. Ukrainer und -innen sind in den USA nicht wahlberechtigt, daher ist Trump ihr Leben scheinbar egal. Sie sind noch dazu als Slawen "slawische Untermenschen" gemäß der Nazi-Terminologie, und Trump hat ja eine gewisse Affinität zu US-Neonazis.
Und das wäre gewissermaßen auch der Ausgangspunkte der Ukraine- und Russlandkrise.
Um von der vereinfachenden tagespolitischen Logik der Massenmedien einmal wegzukommen: genauso hatte es in den 1990er-Jahren begonnen.
Einige westliche Großkapitalisten hatten damals ausbeuterische PSAs, Profit Sharing Agreements mit dem schwachen und vom Alkoholiker Jelzin beherrschten Russland abgeschlossen, und diese ausbeuterischen westlichen Verträge hatten den Westen und die Demokratie in Russland verhasst gemacht. Diese ausbeuterischen westlichen Rohstoff-Verträge haben zum Aufstieg Putins signifikant beigetragen, und immer mehr Russen und Russinnen kamen zur Überzeugung, Demokratie bedeute die Herrschaft ausbeuterischer, westlicher Oligarchen, denen Russland und die Russen und Russinnen egal sind.
Der Westen (USA und EU) hat sich also ins eigene Knie geschossen. Und Trump hat sich im Jahr 2025 genauso benommen, wie die westlichen, ausbeuterischen Großkapitalisten, die damals in den 1990er Jahren diese PSAs abgeschlossen hatten, und die Entdemokratisierung Russlands und den Aufstieg Putins zum Diktator Russlands eingeleitet hatten.
Putin wurde in Russland populär dadurch, dass er diese PSAs aus der Jelzin-Ära annulliert hatte, und den Ertrag des russischen Rohstoffreichtums hauptsächlich den Russen und Russinnen zukommen liess, nicht hauptsächlich westlichen Großinvestoren. Und das war eine der Grundlagen für den späteren Ukrainekrieg, bzw. die Ukrainekriege, den von 2014 kann man ja als den ersten bezeichnen, übrigens lange vor Selenskij.
Sicherlich, Demokratie hat eine gewisse Neigung dazu, die Herrschaft einiger weniger reicher Leute zu sein, und Trump gehört ja trotz seiner Konkurse eher zur Kategorie der Reichen oder ihrer Lobbyisten.
Aber man kann es auch übertreiben mit der Neigung der Demokratie, zur Herrschaft einiger weniger Superreicher zu entarten, und das kann dann eine schlimme Gegenreaktion werden. Zahlreiche antike Staatswissenschaftler wie Aristoteles, Heraklit oder Polybios vertraten zyklische Geschichtsmodelle: dass die Fehler der Demokratie zum Übergang zur Ochlokratie (Schweineherrschaft, Pöbelsherrschaft) und wiederum zum Übergang zur Diktatur führen, und die Fehler der Diktatur wieder zum Übergang zur Demokratie, und so weiter und sofort im ewigen Kreislauf.
Die große Scheinfrage, um die heute gestritten wird, ist die, ob die US-Republikaner oder US-Demokraten (die damals in den 1990er-Jahren bestimmend waren, die Clinton-Ära) recht hätten.
Aber es gibt noch eine dritte Möglichkeit: dass sowohl die US-Demokraten als auch die US-Republikaner falsch lagen und zu egoistisch, zu nationalistisch, zu sehr geprägt vom "nationalen Interesse" waren. Also dem Trend, um der eigenen Wählerschaft willen möglichst große Wahlgeschenke machen zu können, das Ausland auszubeuten, oder dem Trend, um der eigenen Wahlkampffinanziers willen ihnen möglichst gute Ausbeutungsverhältnisse weltweit schaffen zu können, internationale Konflikte und Kriege zu schüren.
Wobei: dieser Trend zum Egoismus und zur brutalen und rücksichtslosen Durchsetzung des "nationalen Interesses" ist nichts spezifisch US-amerikanisches, sondern ist im Prinzip in der EU genauso möglich. Auch Frankreich betreibt, bzw. betrieb in großen Teilen Afrikas lange Zeit eine ausbeuterische und auf Ablehnung großer Teile der Bevölkerung stossende Politik, die es Putin ermöglichte, die pro-westlichen Regime zu stürzen, und stattdessen pro-russische Regime zu installieren.
Aber es ist keineswegs so, dass die Russen besser wären, sondern sie haben vielfach einen ähnlichen Trend zu Egoismus und Ausbeutung, sodass man annehmen kann, dass sich Zahlreiche unter den derzeit pro-russischen Afrikanern in einiger Zeit wieder enttäuscht von den Russen abwenden werden.
Diese ganze Tendenz der demokratischen Politik, sich selbst zu zerstören durch Korrumpierung und Wegbereiter der Diktatur zu sein, wie im Falle Russland seit dem Jahr 1991, könnte auch ein Kapitel sein im Buch der US-ameriaknischen Historikerin Barbara Tuchman "Die Torheit der Regierenden", "A March of folly".
Auf jeden Fall scheint die nationalstaatliche Demokratie bis zu einem gewissen Grad unfähig zu sein, politische Probleme zu lösen, es ist durchaus argumentierbar, dass die nationalstaatliche Demokratie gewissermaßen gescheitert ist, weil es eben so einfach ist, die einfachen Bürgerinnen und Bürger über die Verhältnisse irgendwo weit weg zu belügen, wie der US-Politikwissenschafter J.J. Mearsheimer in seinem Buch "Why leaders lie", (deutscher Titel: "Der Wert der Unwahrheit" ) meinte.
Das soll jetzt kein Argument für die Linke und gegen die Rechte/bürgerliche Rechte zu sein. Wirtschaftstreibende, die weltweit, bzw. in verschiedenen Ländern finanzielle Interessen haben, sind oft erstklassig informiert, und Superreiche, wie zum Beispiel Warren Buffett, sind oft die besten Kritiker der Superreichen und der Fehlentwicklungen in Zusammenhang mit dem Trend zur Bereicherung der Reichen. Buffett sagte z.B.: "Dies ist ein Klassenkampf, und es ist meine Klasse, die gewinnt", und das war durchaus kritisch gemeint.
Bei so korrupten "Demokraten" wie Trump muss man sich um die Verbreitung der Diktatur in Zukunft wohl keine "Sorgen" machen.
US-Vizepräsident J.D. Vance behauptete gleichsam, es keine Diplomatie versucht worden, aber es ist haufenweise versucht worden, Putin per Diplomatie einzubinden, zum Beispiel das Minsker Abkommen 2015 zwischen Merkel, Hollande, Putin und Poroschenko. Aber alle diese Versuche sind gescheitert. Trump und Vance tun hier so, als hätte es vor ihrem Wahlsieg keine Politik, keine Geschichte, keine Diplomatie gegeben. Vielleicht deswegen, weil die US-Amerikaner europäische Diplomatie nicht zur Kenntnis nehmen, mit Ausnahme von Victoria Nuland, die das Minsker Abkommen durchaus zur Kenntnis nahm, und abwertend als "Merkel-Thing" bezeichnete.
Und Trump behauptete, Selenskij würde mit Millionen Menschenleben spielen und einen dritten Weltkrieg riskieren, aber in Wirklichkeit ist die Ukraine und Selenskij viel zu schwach, um einen dritten Weltkrieg zu riskieren. Wenn irgendjemand einen Weltkrieg auslösen kann, dann viel eher Trump oder Putin. Was Trump aber vertuscht.
Die Lügen oder die "Täter-Opfer-Umkehr" von Trump, wie zahlreiche Politiker und -innen das nannten, gehört schon zum Bizarrsten, was die westliche Politik in den letzten Jahrzehnten produzierte.
Die USA sind nicht irgendein bedeutungsloser Staat, sondern die USA sind immer noch eine Art Führungsmacht der westlichen , demokratischen Welt. Ebenso wie Trumps Putschversuch 2020 den Ruf der Demokratie weltweit erheblich beschädigte, ebenso ist dies auch mit Trumps Verhalten gegenüber Selenskij hier. Wegen seines erratischen Verhaltens wird Trump in Indien, der größten Demokratie der Welt als eine Art Clown betrachtet, der Unterhaltungswert habe, aber den man nicht ernst nehmen könne. Eine sehr coole Haltung, die der europäischen Dualität, wo Trump entweder Superstar oder Dämon zu sein habe, widerspricht.
Oder mit Trumps Handelskrieg und Zollkrieg gegenüber Kanada, den sowohl die New York Times als auch der kanadische Premier Justin Trudeua mit den Worten an Trump beschrieb: "You´re a smart man, but this is a very dumb thing to do". ("Du bist ein gescheiter Mann, aber das zu tun, ist eine sehr blöde Entscheidung" )
Dieses von den USA und von Trump eingeleitete Pingpong aus Zöllen und Vergeltungszöllen wird letztlich beiden schaden, wobei aber die Rhetorik von Trudeau als Quasi-Verteidiger wesentlich vernünftiger erscheint als die von Trump, der mit diesem beide-Seiten-schädigenden Handelskrieg begonnen hat. Dass auf Zölle normalerweise Vergeltungszölle folgen, ist ein uraltes Phänomen, das in der Wirtschaftsgeschichte altbekannt ist. Es ist schwer zu glauben, dass Trump das nicht wusste, dass seinen Zöllen vermutlich Vergeltungszölle folgen werden. Aber egal: Trump hat irgendwas gemacht, und irgendwas gemacht, was kaum ein Anderer vor ihm gemacht hat. Und alleine davon erhofft er sich vielleicht einen Wahlerfolg, weil einige sicher glauben werden, dass Trump viel tue und viel entscheide, im Unterschied zu vielen anderen Politiker, die sich nicht trauen, derartig blöde oder zumindest riskante Handelskriege zu beginnen.
Auch hier wieder dasselbe Muster: wer so wie Trump zu gierig ist, erreicht letztlich oft gar nichts, oder schadet sich und seinen Staatsbürgern letztlich. Und wenn´s schiefgeht und den USA schaden sollte, dann wird sich Trump sicher hinstellen und sagen, Trudeau und Kanada seien schuld, weil sie mit gleicher Münze heimgezahlt und vergolten hätten, und einige unter seinen Wählern und -innen werden das auch noch glauben.
Der Soziologe Max Weber bezeichnete das "Maßhalten" als eine der Fähigkeiten jedes guten Politikers, und dieses Maßhalten, dieses die Verhältnisse wahren, dieses Nicht-Übertreiben ist ein Talent und eine Tugend, der es Trump völlig mangelt. Diese Tendenz zur Übertreibung und zum Extremismus sichert Trump Medienpräsenz: jede Entscheidung ein Tabubruch, ein Neuigkeitswürdigkeit, diese notorische Übertreibungstendenz entspricht also der Medientendenz, immer nur das Radikale zu bringen, das Gemäßigte aber oft zu verschweigen, weil es so fade ist.
Was inzwischen auch schon seine Familienmitglieder realisieren, nach seiner Nichte Mary L. Trump, die das Buch "Too much and never enough" ("Zuviel und niemals genug" ) über Trump schrieb, scheint sich nun auch seine Tochter Ivanka Trump von ihm zu distanzieren mit so kryptischen Äußerungen, wie Politik sei "eine dunkle Sache".
Auch Trump jüngstes Kind, Barron, fällt sehr wesentlich dadurch auf, dass er an New Yorks Universtäten keinerlei Kontakt mit Studienkollegen hat, was an und für sich eher für radikale Sekten typisch ist, nicht für große Parteien.
Ein historischer Vergleich noch: die USA haben nach dem Zweiten Weltkrieg die Bezahlung zw. Rücklieferung der "Lend&Lease"-Güterlieferungen an die Sowjetunion bzw. Russland nicht verlangt bzw. nicht bekommen. Wieso verlangt Trump nicht von Putin Dankbarkeit für die damaligen Lieferungen an Sowjetunion bzw. Russland, sondern nur von Ukraine und Selenskij ? Wieso verlangt Trump nicht von Putin diese Bezahlungen ? Ist Dankbarkeit und Verpflichtung für Trump eine reine Machtfrage ? Sind für Trump nur die Schwachen und Notleidenden rückzahlungsverpflichtet, aber die Mächtigen und Verbrecherischen nicht ? Was für eine Mafiaboss-Logik ist das eigentlich ?
Man kann es auch so sehen, dass die USA geografisch privilegiert sind, von zwei Ozeanen umgeben, und zwei seriösen, ungefährlichen Nachbarländern, Kanada und Mexico. Und aus dieser geografischen Privilegierung, die auch Selenskij ansprach, erwächst auch eine Art moralische Verpflichtung, könnte man sagen. Ebenso, wie in der christlichen Soziallehre der Wohlstand eine Verpflichtung zur Großzügigkeit ist. Aber naja, das "Christentum" bedeutet für Trump vielleicht nur Anti-Islamismus .....
Die Finanzprobleme, in die der US-Staat durch den Zweiten Weltkrieg gekommen war, wurde nicht durch Rückzahlung durch die Waffenlieferungsempfänger gelöst, sondern durch einen 90%-Spitzensteuersatz betreffend einen einzigen Mann, den damals reichsten Mann der USA, Rockefeller.
Im Prinzip ist die Position, einen wie auch immer gearteeten Ausgleich mit Russland, notfalls auch mit Putin-Russland zu finden, ja vertretbar, aber es kommt immer auf die Details an. Krampfhaft und mit überzogenen Methoden, die die Ukrainer zu Feinden zu machen drohen, erscheint nicht der Weisheit letzter Schluss zu sein.