Trump-Wahlsieg nicht föderalismusbedingt, sondern Winner-takes-All-bedingt

Ich habe jetzt noch einmal die Daten der US-Präsidentschaftswahl von 2016 durch den Computer laufen lassen, und machte einige interessante Entdeckungen, die bisher unterdiskutiert waren:

1.) Es ist nicht die Aufwertung der Kleinstaaten, die den Ausschlag gab, warum Trump trotz niedrigerer Stimmenzahl mehr Wahlleute erhielt.

Da sich die Zahl der Elektoren (Wahlleute) pro Bundesstaat aus der Zahl der Repräsentanten und der Zahl der Senatoren ergibt, und da alle Staaten zwei Senatoren bekommen, egal, ob sie groß oder klein sind, haben Kleinstaaten (zumindest bei gleicher Wahlbeteiligung) mehr Elektoren pro Million Einwohner.

Die Republikaner haben zwar traditionell ihre Hochburgen eher am Land und in den kleineren Bundesstaaten, die durch diese föderalistisch rechtfertigbare Regel aufgewertet werden, aber der sich dadurch ergebende Bonus war bei dieser Wahl mit 1.96% gering, was bedeutet, dass rein durch die Aufwertung der kleinen Bundesstaaten die durchschnittliche republikanische Stimme um 1.96% mehr Stimmgewicht hatte als die durchschnittliche demokratische Stimme. Und das ist relativ gering im Vergleich zu früheren Wahlen, wenn ich mich recht erinnere.

Ich machte eine Modellrechnung: genau dieselben Stimmen- und Elektorenzahlen wie im Jahr 2016, aber exaktes Verhältniswahlrecht in allen Bundesstaaten (Verhältniswahlrecht hiesse: wenn Clinton einen Stimmenanteil von 63% hat, dann bekommt sie 63% der Elektoren des betreffenden Bundesstaats), wobei in diesem Fall auch die Nachkommastellen berücksichtigt werden.

Dann erhielte Clinton 272.4 Elektoren, hingegen Trump nur 265.6.

Das wären 50,63% der Elektoren für Clinton bei 51,11% der Wählenden für Clinton (wobei hier nur die Clinton-Wählenden und Trump-Wählenden zählen).

D.h. die Aufwertung der eher republikanischen kleinen Staaten verringerte die Public-Vote-Mehrheit von Clinton (65.5 Millionen Stimmen gegen 62.5 Millionen für Trump) nur geringfügig.

2.) Den Ausschlag machte das Winner-takes-All-Prinzip, bzw. die Wahlkampfstrategien, die darauf aufbauten oder auch nicht:

Clinton gewann einige der großen Staaten mit Riesenvorsprung (wie z.B. California, das 55 Elektoren hat, mit einem Vorsprung von 30%; New York mit 29 Elektoren mit einem Vorsprung von 22.5%, Illinois mit 20 Elektoren mit einem Vorsprung von 17%), während Trump viele der größeren Staaten mit einem knappen Vorsprung gewann: Florida mit 29 Elektoren mit einem Vorsprung von 1.2%, Georgia mit 16 Elektoren mit einem Vorsprung von 5%, Michigan mit 16 Elektoren mit einem Vorsprung von 0.2%, Ohio mit 18 Elektoren mit einem Vorsprung von 8%, Pennsylvania mit 20 Elektoren mit einem Vorsprung von 0.7%, Texas mit 38 Elektoren mit einem Vorsprung von 9%).

Wenn man den nach Elektoren gewichteten Durchschnitt bildet, gewann Clinton "ihre" 21 Staaten mit durchschnittlich 21,86% Vorsprung, während Trump "seine" 30 Staaten mit durchschnittlich 13,16% Vorsprung gewann. (ich habe die Zahlen nicht parat, aber ich könnte wetten, dass diese Wahl den größten Vorsprungsunterschied in der Geschichte der US-Wahlen seit Lincoln hatte, oder zumindest einen der größten drei)

Das war entweder Zufall und Glück, oder es war ein Unterschied in den Wahlkampfstrategien: möglicherweise haben die Demokraten zuviel Wahlkampfgeld auf Staaten verschwendet, in denen das ohnehin keine Veränderung bewirkte, während die Republikaner sehr geschickt ihre Wahlkampfgelder dort eingesetzt haben, wo sie Chancen hatten, das Ergebnis zu verändern.

So gesehen ist möglicherweise Kellyanne Conway, die Wahlkampfleiterin Trumps, die Matchwinnerin der US-Präsidentschaftswahl 2016.

Kellyanne Conway, Wahlkampfstrategin Trumps, die eigentliche Matchwinnerin der US-Wahl 2016, mit der das Trump-Team viele Staaten knapp gewann, was den Ausschlag gab ?

Andererseits hiesse das auch, dass es keiner Änderung der US-Verfassung bedarf, um Wahlergebnisse wie 2016 zu verhindern.

Die einzelnen Bundesstaaten könnten für die Verteilung ihrer Elektoren andere Methoden verwenden, was schon bisher einige gemacht haben. Wie Nebraska und Maine, die das Wahlgebiet in mehrere Wahlkreise aufteilten.

(Alle Rohdaten von Dave Leip´s US-Elections-Atlas)

Trump gewann mit 302 Elektoren gegen 227 von Clinton, was 57,1% der Elektoren bedeutet bei einer Stimmenzahl von 48,9%.

Wenn die Aufwertung der kleinen Staaten das Ergebnis nur um 0,5% verändert, wo kommen dann die anderen 7,7% her ? Es sind die Unterschiede im Vorsprung beim Gewinn der einzelnen Bundesstaaten.

Die Vergleichsdaten der US-Präsidentschaftswahl 2012 (Obama gegen Romney) wären:

Durchschnittliche Republikanische Stimme um 1.74% mehr wert als durchschnittliche demokratische. Bei rein hypothetischem reinen Verhältniswahrlecht hätte Obama 277,25 Elektoren erreicht, Romney 260,75.

Der durchschnittliche Vorsprung, den Obama in "seinen" 27 Staaten erzielte, war 17,76%; hingegen der durchschnittliche Vorsprung, den Romney in "seinen" 24 Staaten erzielte, war 13,62%.

Der durchschnittliche Vorsprung von Clinton war 2016 um 66,1% größer als der von Trump, hingegen der durchschnittliche Vorsprung von Obama 2012 um 30,4% größer als der von Romney.

Zusammen mit der Bill-Clinton-Aussage in der heissen Wahlkampfphase, Obamacare sei ein "crazy system" und dem Verhalten der US-Meinungsforschungsinstitute, fast einhellig Hillary Clinton zur Favoritin zu erklären und damit möglicherweise demokratische Wähler zu demobilisieren, ist dieses seltsame Wahlergebnis ein Grund, darüber nachzudenken, ob die Demokraten absichtlich die Wahlen verloren haben.

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