Es war Donald Trumps großes Wahlversprechen. Oder auch nicht. Eine Mauer zu Mexico sollte gebaut werden, um die illegale Migration einzudämmen. Oder so. Auf jeden Fall. Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Aber vielleicht auch nur, falls Mexico den Großteil der Mauerbaukosten bezahlt.
In der hektischen Wahlkampfsstimmung und weil ohnehin niemand an einen Wahlsieg Trumps glaubte, und weil die Strategie zahlreicher demokratennaher Medien und von Hillary Clinton war, Trump und seine Wähler als Sexisten zu brandmarken, blieb eine genaue Analyse seines Mauerbau-"Versprechens" aus.
Was hat Trump denn nun wirklich versprochen ? Die Mauer auf jeden Fall zu bauen, oder die Mauer nur dann zu bauen, wenn Mexico den Großteil der Kosten trägt ?
In Wirklichkeit kann man diese Frage gar nicht beantworten, weil die Sprache Trumps im Wahlkampf mit ihren Stümmelsätzen derart war, dass man nichts genaues ableiten kann.
Und die US-Demokraten haben diese Strategie vielleicht deswegen nicht hinterfragt und nicht kritisiert, weil sie oft dasselbe oder etwas ganz Ähnliches machen.
Bereits Barack Obama´s "Change"-Versprechen, ein Versprechen auf Veränderung, ohne zu sagen wohin, ohne zu sagen, ob nach rechts oder nach links, fiel in dieselbe Kategorie des nichtssagenden Polit-Blabla, das sowohl Versprechen als auch Nicht-Versprechen als auch Versprechen in die eine Richtung als auch Versprechen in die andere Richtung sein kann, je nachdem, was der Hörer oder Leser, was die Hörerin oder Leserin verstehen will.
Der türkise Wahlsieg der letzten österreichischen Nationalratswahl beruhte auf einem ähnlichen PolitSchmäh, so a la: "Wir sagen Euch Wählern nicht, wohin wir wollen, aber dorthin wollen wir wenigstens mit einem neuen Stil". Frei nach Qualtingers "Wüdem auf sana Maschin": "I waas net, wohi, dafir bin i schnölla durt" (Für Deutsche: Der "Wilde auf seinem Motorrad, der sagt: ´Ich weiß nicht, wohin, dafür bin ich schneller dort´ " )
CC / z.g. Meineresterampe / Pixabay https://pixabay.com/de/steine-mauer-hintergrund-bruchstein-770264/
Eine Mauer zwischen USA oder Mexico oder eine Mauer im Kopf, die am Denken hindert ? Eine Mauer zwischen dem Volk und der politischen Klasse, die durch leere und falsche Versprechen und betrügerische Polit-Tricks entsteht ?
Was hat Trump wirklich versprochen ? War der Zusatz "falls Mexico den Großteil bezahlt" Teil von Trumps Mauerbau-Versprechen oder nicht ? Und inwieweit verarxxxen uns alle Politiker und Politikerinnen mit reinen Scheinversprechen ?
Warum sollten die Mexikaner für die Mauer bezahlen, die Trump den Wählern verspricht ?
In Wahrheit hat es einen derartigen Fall noch nie in der Geschichte gegeben.
"Mexico will work with us. I believe it"
Diese Passage ist zweideutig: sie kann einerseits bedeuten, dass Trump verspricht, dass Mexiko zusammenarbeiten wird, dass Trump nötigenfalls Mexico zur Zusammenarbeit zwingen wird (ohne zu sagen, wie). Sie kann aber andererseits auch bedeuten, dass Trump gar nichts verspricht, sondern nur seinem Glauben, seiner Hoffnung Ausdruck gibt, dass Mexico beim Mauerbau mit den USA zusammenarbeiten wird.
Was auch unterblieb, ist eine Machbarkeitsanalyse: was soll ein Mauerbau denn bringen, wenn es Leitern gibt, mit denen man über die Mauer drübersteigen kann ?
Was soll ein Mauerbau denn bringen, wenn man sie schnell sprengen kann ?
Was soll ein Mauerbau denn bringen, wenn sie schnell verwittert und zerbröselt, wenn man sie nicht wartet ?
Was sollen Mauer- oder Zaunbau denn bringen, wenn man Mauer und Zaun leicht umgehen auf dem Seeweg, der gerade zwischen Mexico und USA so kurz ist ?
Und was kostet der Mauerbau denn überhaupt ? Die Wartung der Mauer, der Schutz der Mauer vor Demontage, vor Beschädigung, vor Sprengung ?
Trump verschwieg im Wahlkampf die immensen Kosten einer Mauerschutzpolizei.
Trump sagte auch "On day One of our presidency we will begin working on a beautiful ... wall".
Auch hier blieb er wieder doppeldeutig: War das nun ein Versprechen, die Mauer zu bauen (auch dann, wenn Mexico nichts zahlt) oder war das nur ein Versprechen, eine Mauer anzustreben ?
Gerade als Politiker (man kann ja davon ausgehen, dass Trump seine Zeit nicht damit vergeuden wird, mit Schaufel und Mischmaschine selbst an der Mauer zu bauen) kann "an einer Sache arbeiten" ja bedeuten "eine Sache anstreben", "sich für eine Sache einsetzen".
Und statt das zu kritisieren, hielt Hillary Clinton eine "Basket of Deplorables"-Rede, mit der sie zahlreiche potenzielle Wähler ins Trump-Lager vertrieb.
Jetzt wirft Trump den US-Demokraten vor, sie würden den Mauerbau blockieren, obwohl erstens auch ein großer Teil der Republikaner den Mauerbau (zumindest in der von Trump geplanten Form) ablehnt und obwohl zweitens eine Blockade der US-Demokraten wegen der Kosten ja ohnehin völlig überflüssig und sinnlos wäre, wenn Mexiko, wie von Trump versprochen oder auch nicht, den Mauerbau bezahlen würde.
Euronews blendet gerade ein passendes Video ein, laut dem es kein Mauerbau mehr werden soll, sondern ein Stahlzaun. Der eigentlich genau dieselben Schwächen hat: man kann mit Leitern drüberklettern, man kann ihn sprengen, sein Schutz würde die Einführung einer sehr teuren Mauerbaupolizei erfordern. Man kann ihn auf dem Seeweg oder auf dem Luftweg umgehen.
Um das alles zu finanzieren, müsste Trump wohl seine Steuersenkungsreform (insbesondere für die Reichen, also auch für ihn selbst) rückgängig machen. Was er wohl gar nicht will, weshalb man vermuten kann, dass Trump sein Mauerbau-Versprechen ohnehin nie ernst nahm.
Statt Trumps leere und unfinanzierbare Versprechen zu kritisieren, beschimpfte Hillary Clinton den Großteil der Trump-Wähler als "sexistisch, rassistisch, homophob, islamophob, xenophob" und verlor. In der Blase ihrer Anhängerinnen wurde sie dafür bejubelt (wie im Video zu hören), bei den Wahlen fiel sie damit durch.
Zur Eröffnung sagte der Sender etwas sehr Wahres, wahrer als alles, was Trump und Clinton sagten: "One thing the two opponents share: they are the two least popular nominees in modern history". ("Ein Sache haben die beiden Kandidaten gemeinsam: sie sind die beiden unpopulärsten Kandidaten der modernen Geschichte" ) Und den US-Medien kann man zugute halten, dass sie - zumindest in Einzelfällen - solche Systemkritik an beiden Lagern betreiben, die in Europa praktisch unmöglich ist, wo immer noch das Schema "Linke Medien bashen rechte Politiker und rechte Medien bashen linke Politiker" vorherrscht.
D.K.
Nichtssagend sein können österreichische Politiker auch: nicht nur, dass die politischen Ziele verschwiegen werden und nur vom politischen Stil geredet wird, es wird auch verschwiegen, ob der neue Stil besser oder schlechter sein soll als der alte, was natürlich niemand kritisierte, schon gar nicht andere Parteien, weil die alle mit Kurz koalieren wollten, abgesehen von der Liste Pilz, der das aber auch nicht auffiel, weil für Peter Pilz der Vorwurf "nichtssagend" zu harmlos für die ÖVP ist; wenn Pilz eine ÖVP-kritische Presseaussendung macht, dann müssen die Vorwürfe schon "militaristisch", "ausbeuterisch", "neoliberal" sein, "nichtssagend" würde da aus Sicht von Pilz nur ablenken.
Genau das ist, was der britische Politologe Colin Crouch mit dem Begriff "Postdemokratie" beschrieb.
https://de.wikipedia.org/wiki/Colin_Crouch
CC / z.g. Caranti https://de.wikipedia.org/wiki/Colin_Crouch#/media/File:Colin_Crouch_-_Festival_Economia_2013.JPG
Colin Crouch, Autor des Buchs "Postdemokratie", in dem er die modernen Wahlkämpfe als inhaltsleere Spektakel beschrieb, in der entpolitisiert Scheinwahlkämpfe stattfänden, in denen beide Seiten mit denselben hohlen Phrasen arbeiten.