Der ORF (Österreichischer Rundfunk und Fernsehen, im rechten Halbvolkmund "Österreichischer Rot-Grün-Funk" ) ist ja eben aufgrund seiner relativen Bedeutung (ca. 30% Marktanteil) und seines staats- und gebührenverbundenen Charakters ja oft Gegenstand von Kontroversen, die sehr oft oberflächlich und unsachlich und polemisch sind.

Klassisch behauptet die FPÖ, sie sei das Hauptopfer böswilliger ORF-Berichterstattung, aber es gibt auch Anzeichen dafür, dass nicht die FPÖ , sondern ÖVP und NEOS die Hauptopfer unseriöser, falscher und manipulativer ORF-Berichterstattung sind.

So waren bei der ORF-Sendung "Im Zentrum" vom 22.9.2022 nur Politiker/-innen zweier Parteien geladen, nämlich erstens Ursula Plassnik (frühere Aussenministerin, anfangs parteilos, aber auf einem ÖVP-Ticket Aussenministerin geworden) und Róza Thun, liberale, polnische EU-Abgeordnete und als solche quasi den NEOS nahestehend, die wie die polnischen Liberalen Teil der europäischen Liberalen sind.

Einmal abgesehen davon, dass die Sendung zum Ukrainekrieg seltsamerweise mit der Deserteursfrage begann, was Thun schon in der ersten Phase in ein schlechtes Licht zu bringen geeignet war, war ihre Position dazu doch bekannt.

In Minute 34:58 wird eine angebliche Umfrage eingeblendet, laut der in Serbien eine 93%-ige Zustimmung zu den Wirtschaftssanktionen gegen Russland existieren soll, während es in Wirklichkeit wohl eher 9% oder 0.9% sein dürften.

(Screenshot der ersten der 2 krass falschen "Umfragen" )

In Minute 35:06 wird eine angebliche Umfrage gezeigt, laut der in Serbien eine 92%-ige Zustimmung zu Waffenlieferungen an die Ukraine existieren soll, während es in Wirklichkeit vermutlich eher 9% oder 0.9% sind.

Wenn Serbien korrekt gewertet worden wäre, dann wäre es in beiden Fällen unter den ablehnendsten drei Staaten gewesen und hätte damit Österreich aus den ablehnendsten 5 hinausgedrängt, womit Österreich im Mittelfeld gewesen wäre und nicht unter den ablehnendsten Fünf, wie von der "Moderatorin" Claudia Reiterer fälschlicherweise behauptet, die früher mit dem Grünen Wahlkampfstrategen Lothar Lockl verheiratet war und allgemein den Grünen zuzuordnen ist, und daher ein Motiv hat, ÖVP und NEOS möglichst schlecht aussehen zu lassen.

Hier eine völlig unterschiedliche deutsche Umfrage, die von 78.7% Russlandsanktionenablehnung in Serbien ausgeht, meiner Meinung nach viel glaubwürdiger und viel näher an der Wirklichkeit:

https://de.news-front.info/2023/02/07/fast-80-der-serbischen-burger-lehnen-antirussische-sanktionen-ab/

Zwischen diesen angeblich 93% Befürwortung und 79% Ablehnung liegt eine gewaltige Differenz von mindestens 72%, und das wäre das bei weitem krasseste Auseinanderklaffen zweier Umfragen zum selben Thema, das ich in meinem gesamten Leben erlebt habe, oder von dem ich jemals gehört oder gelesen habe.

Und schlecht sehen Plassnik (ÖVP) und Thun (Liberale-NEOS) in der Tat aus, weil sie nicht gegen diese offensichtlich krass falschen Zahlen protestieren. Mag sein, dass sie die Grafiken gar nicht sehen können, sondern nur den Text hören können, aber der Eindruck, den das auf viele Seher und Seherinnen machen muss, ist sicher ein grottenschlechter.

Apropos "Im Zentrum" und ORF und Umfrage:

kürzlich veröffentlichte der Kurier eine OGM-Umfrage zum ORF( https://www.ogm.at/2023/02/19/ogm-kurier-februar-2023/; Daten in der Print-Ausgabe sind detaillierter)

Ich habe die Daten dieser Umfrage (für die Rohdatenerhebung bin ich nicht verantwortlich, sondern OGM) so umgearbeitet, dass sie für jede einzelne Partei die Differenz des durchschnittlichen Vertrauens in die 4 anderen Sendungen (ZIB1, ZIB2, BL-heute, Report) mit dem Vertrauen in die Sendung "Im Zentrum" vergleichen.

Bei den NEOS ist der Vertrauensrückstand in die Sendung "In Zentrum" mit 35% mit Abstand am größten, und aufgrund der als schäbig einstufbaren Art und Weise, wie die Liberale Thun in dieser Sendung behandelt wurde, ist das auch sehr verständlich.

Bei der SPÖ gibt es mit 24% den zweitgrößten Vertrauensrückstand in die Sendung "Im Zentrum", vielleicht alleine deswegen, weil dort des öfteren FPÖ-Politiker eingeladen werden.

Bei ÖVP-Sympathisanten gibt es mit 20% auch einen erheblichen Vertrauensrückstand.

Den geringsten Vertrauensrückstand aller nicht-freiheitlichen Parteien in die Sendung "Im Zentrum" und ihre grün-nahe Moderatorin Reiterer gibt es naturgemäß bei den Grünen mit 17%.

Bei der FPÖ als Aussenseiterpartei gibt es sogar einen geringfügigen Überschuss an Vertrauen in die Sendung "Im Zentrum" (3%) und ihre Moderatorin Reiterer im Vergleich zu den 4 anderen Sendungen, vielleicht deswegen, weil dort gelegentlich der FPÖ-nahe Christian Wehrschütz auftreten darf. Während bei den FPÖ-Anhängern die ZIB2, vermutlich wegen Armin Wolf, die niedrigsten Vertrauenwerte aller abgefragten Sendungen mit 9% hat.

Aufgrund dieser ORF-Sendung, bei der gar kein FPÖ-Politiker einen schlechten Eindruck machen konnte, weil gar keiner teilnahm, während man die Liberale Thun scheinbar absichtlich sehr schlecht aussehen liess, kann die Behauptung, der ORF würde eine Anti-FPÖ-Agenda betreiben, in dieser Krassheit und Vereinfachung keineswegs mehr aufrechterhalten werden.

Umgekehrt scheint das mit 35% mit Abstand höchste Vertrauensdefizit der NEOS-Sympathisanten in die Sendung "Im Zentrum" und ihre zumindest grün-nahe Moderatorin Reiterer absolut faktenbasiert zu sein, wie die oben aufgezeigten Aspekte aufzeigen.

Gerade was die Militär- und Neutralitätsfrage betrifft, so sitzen SPÖ, Grüne und Freiheitliche in einem Boot, und die Pro-Neutralitätspropaganda der Grün-Anhänger und -innen (wie man gendern muss) im ORF nutzt natürlich auch den Freiheitlichen, schadet hingegen anderen Parteien, die neutralitätskritisch sind, wie den NEOS.

Zu guter Letzt oder schlechter Letzt provozierte Reiterer in dieser Sendung Thun dazu, die österreichische Neutralität in Frage zu stellen, allerdings auf eine Art und Weise, die den österreichischen Kontext dazu und österreichische Argumente dafür außer acht lässt (für Thun als Polin naheliegend).

Sodass die NEOS beschädigt wurden, ohne selbst in der Sendung vertreten zu sein und sich aus der österreichischen Warte heraus verteidigen zu können - einer der Aspekte der Komplexität der Europäisierung. Den gehässige Medienmacher oder Medienmacherinnen, wie man in diesem Fall gendern muss, für die eigene Partei und gegen andere Parteien ausschlachten können, haben doch Liberale und Grüne einigermaßen überlappende WählerInnen-Potenziale.

Das mit der Anti-NEOS-Kampagne im ORF ist übrigens nichts Neues: der frühere NEOS-"Obmann" Strolz wurde einmal im Rahmen einer angeblichen "Interview"-Serie, die alle Parteichefs umfassen sollte, kritisch bis überkritisch "gegrillt", während sich der damalige SPÖ-Chef und Kanzler Faymann angeblich krankheitsbedingt dem für ihn vorgesehenen Interviewtermin entsagte - damals war der SPÖ-Mann Wrabetz ORF-Generaldirektor, sodass ein Zusammenspiel zwischen Wrabetz und SPÖ-Bundespartei vermutet werden kann.

Derartige Vorgangsweisen sind/waren natürlich krasse Verstösse gegen das gesetzliche ORF-Objektivitätsgebot.

Der frühere Kanzler Sebastian Kurz musste wegen einer Umfragemanipulation seiner Clique zurücktreten.

Wo bleiben die Rücktritte im ORF oder der Rücktritt von Reiterer zum Beispiel wegen der Umfragemanipulation im ORF ?

Doppelmoral, wohin man sieht ....

Hier das ORF-Gesetz, das in §10 das sogenannte "Objektivitätsgebot" enthält:

https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10000785

Auszug aus §10 ORF-Gesetz: "(3) Das Gesamtangebot hat sich um Qualität, Innovation, Integration, Gleichberechtigung und Verständigung zu bemühen.

(4) Die umfassende Information soll zur freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung im Dienste des mündigen Bürgers und damit zum demokratischen Diskurs der Allgemeinheit beitragen.

(5) Die Information hat umfassend, unabhängig, unparteilich und objektiv zu sein. Alle Nachrichten und Berichte sind sorgfältig auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen, Nachricht und Kommentar deutlich voneinander zu trennen."

Es gibt im AMD-Gesetz (audiovisuelle Mediendienste-Gesetz) in §41 eine ähnliche Objektivitätsformulierung.

https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20001412

Zitat: "Programmgrundsätze

§ 41. (1) Fernsehprogramme, die Rundfunkprogramme im Sinne des Artikels I Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks, BGBl. Nr. 396/1974, sind, haben den Grundsätzen der Objektivität und Meinungsvielfalt zu entsprechen.

(2) Insbesondere soll in diesen in angemessener Weise das öffentliche, kulturelle und wirtschaftliche Leben im Verbreitungsgebiet dargestellt und den dort wesentlichen gesellschaftlichen Gruppen und Organisationen Gelegenheit zur Darstellung ihrer Meinungen geboten werden.

(3) Abs. 2 gilt nicht für Spartenprogramme und ausschließlich über Satellit verbreitete Programme.

(4) Bei Programmen mit überwiegend lokalem Bezug soll ein angemessener Anteil der Sendungen redaktionell vom Rundfunkveranstalter selbst gestaltet sein.

(5) Berichterstattung und Informationssendungen haben in allen Fernsehprogrammen den anerkannten journalistischen Grundsätzen zu entsprechen. Nachrichten sind vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen."

Das AMG-G kommt praktisch nur bei den Privatmedien zur Anwendung, weil die meisten Beschwerdeführer bei Beschwerden gegen den ORF das strengere ORF-G bevorzugen, obwohl sie auch das AMD-G verwenden könnten.

(Der frühere Chefredakteur der bürgerlichen Tageszeitung "Die Presse", Thomas Chorherr, sagte einmal in der katholischen Zeitung "Furche", der ORF sei ein zu 70% "rot-grünes Biotop" )

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