Nach ihrem peinlichen Schweigen bei der Sofagate-Affäre lieferte die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen neuerlichen Fehler, der die EU schwer beschädigt, und das Verhältnis zwischen den EU-Kleinstaaten und den EU-Großmächten (sie entstammt dem dominanten Deutschland) langfristig schwer beeinträchtigen wird.
Sie sprach in Zusammenhang mit einem ungarischen Anti-LGBT-Propaganda-Gesetz von einer "Schande", und das nur ca. vier Stunden vor einem Fussball-EM-Spiel zwischen Deutschland und Ungarn, das noch dazu in Deutschland stattfand. (Dasselbe Statement vier Stunden nach dem besagten Fussballspiel wäre viel unproblematischer gewesen)
Sie beeinflusste damit auch das deutsche Fussballpublikum und die deutschen Fussballer, die durch diese Quasi-Gutheissung durch die EU-Spitze sich veranlasst sahen, den an und für sich unpolitischen Sport zu politisieren und dadurch zu korrumpieren und zu beschädigen: sowohl deutsche Fussballer wie auch deutsche LGBT-"Fans" verletzen das UEFA-Dogma des unpolitisch sein sollenden Sports. Dieses Spiel ging übrigens mit einem 2:2-Unentschieden aus, was in Anbetracht des Tabellenstands den Deutschen nutzt und den Ungarn schadet - die Deutschen steigen auf, die Ungarn scheiden aus - eine sehr problematische Optik, so als hätte die politische Einmischung das Ergebnis möglicherweise beeinflusst, zum Schaden von Ungarn und zum Nutzen von Deutschland, eben durch die Intervention einer deutschen EU-Spitzenpolitikerin.
Die Art und Weise, wie hier deutsche EU-Spitzenpolitikerinnen den Sport für Politik mißbrauchen, erinnert an Adolf Hitler und die Art und Weise, wie er die Olympiade 1936 für seine (nationalsozialistischen) Ziele mißbrauchte, bzw. zu mißbrauchen versuchte. Dass ihm das nicht gelang, lag auch und sehr wesentlich z.B. am Afroamerikaner Jesse Owens, der in einer Laufdisziplin die Goldmedaille gewann und damit die Nazithese von der Überlegenheit der "arischen Rasse" widerlegte.
Und sie erinnert an die traditionelle Großmächtearroganz, mit der die EU-Großmächte mit den EU-Kleinstaaten umgehen. In diesem Zusammenhang sei auch erinnert an die insbesondere von der deutschen und französischen Regierung betriebenen Sanktionen der EU-14 gegen Österreich, bzw. gegen die schwarz-blaue österreichische Regierung im Jahr 2000, mit der eine demokratisch gewählte Regierung, nur deswegen, weil sie sich nach einem Wahlerfolg gebildet hatte, sanktioniert wurde, ohne dass sie irgendwas gemacht hätte.
Ursula Von der Leyen ist nicht irgendeine bedeutungslose Journalistin oder Parlamentarierin, die geschützt durch die Narrenfreiheit - pardon - Meinungsfreiheit, Medienfreiheit oder parlamentarische Immunität jeden Blödsinn behaupten darf, der ihr gerade in den Sinn kommt, sondern sie ist EU-Kommissionspräsidentin und soll daher eine Identifikationsfigur für alle Europäer und Europäerinnen sein, und nicht nur für die Deutschen und Deutschinnen, wie man in Zeiten des Gendern wohl sagen muss.
Aber diesen Rollenwechsel von der deutschen Politikerin zu europäischen hat sie augenscheinlich nicht geschafft.
Dass es auch und wesentlich besser geht, auch als Frau, aber als Kleinstaatenfrau, bewies die österreichische Europaministerin Edtstadler, die angesichts des ungarischen Gesetzes von einer "besorgniserregenden Situation" sprach, aber nicht von einer Schande.
Einen schweren Schaden nahm durch diese "Schande!"-Rhetorik von seiten der politischen Spitze auch der gesamte europäische Diskurs, in dem andere Positionen als die der EU-Kommissionspräsidentin nun als "schändlich" gesehen werden müssen, und nicht mehr diskutiert werden dürfen.
Diese Zuspitzung durch den "Schande!"-Vorwurf neigt nämlich auch dazu, dritte Mittepositionen zu unterdrücken und zu verbieten und die demokratische Debatte zu zerstören.
So können zum Beispiel Positionen der zeitweiligen, durch momentane Umstände gerechtfertigte Diskriminierung, die in Richtung Schlechterstellung der weiblichen Homosexualität in Zeiten des Männerüberschusses und des Frauenmangels gehen, wahrscheinlich nicht mehr geäußert werden, wodurch die EU diktatorischer und hitleristischer wird. So gesehen scheint nicht nur Merkel, sondern auch Von der Leyen Züge von Hitlerismus zu haben.
Immer nur gegen die Diskrimierung homosexueller Frauen zu sein, aber für die Diskriminierung (nämlich Schlechterstellung) derjenigen heterosexuellen Männer zu sein, die in Zeiten des Männerüberschusses und des Frauenmangels ihre sexuelle Neigung alleine schon wegen des Frauenmangels nicht ausleben können, kann oder muss man auch als "Schande!" und gesetzeswidrige Diskriminierung verstehen, und zwar geäußert und betrieben von Urschel Von der Leyen und "Wir größenwahnsinnigen deutschen Frauen schaffen das !"-Merkel, die auch die Probleme und Risken der geschlechterpolitisch asymmetrischen Flüchtlingspolitik seit 2015 (es kamen absolut überwiegend Männer) vertuschten und verschwiegen und mit einem übertriebenen "Wir schaffen das !"-Optimismus alle kritischen Stimmen zum Schweigen brachten.
Die Merkel´schen Alternativlosigkeitsrhetorik (ihre Politik sei alternativlos; jemanden anderen zu wählen oder sich auch nur eine irgendwie andere Politik zu wünschen, sei sinnlos und dumm) entspricht in seiner antidemokratischen Grundhaltung und in seiner Totalitarismuskompatibilität auch die Von-Der-Leyen´sche Schande-Rhetorik. Andere Meinungen innerhalb der EU oder andere Ansätze seien keine Verkörperung des "Europa der Vielfalt", wie es bisher hiess, sondern eine "Schande", wodurch sich auch demokratische Debatten und andere Meinungen erübrigen. Es reiche einfach, den Führern oder Führerinnen absolut zu vertrauen und sie kontrollos machen zu lassen. Weil andere Meiungen einfach Schande seien, und blindes Vertrauen in die gegenwärtigen Führerinnen nach Nazilogik und Kadavergehorsam offensichtlich angesagt.
Genauso, wie die Merkel´sche Flüchtlingspolitik in den Jahren seit 2015 zum Brexit substanziell beitrug, genauso trägt Von der Leyens "Schande"-Rhetorik zur Entfremdung der Ungarn von der EU bei, und vielleicht zum Ungxit, zum Austritt Ungarns aus der EU.
Aber auch die UEFA ist zu rügen: denn korrekterweise hätte sie das durch die politische Intervention entwertete Spiel für ungültig erklären und wiederholen müssen. Mit einem deutschen Tor weniger oder einem ungarischen Tor mehr wäre Deutschland ausgeschieden und nicht aufgestiegen und stattdessen Ungarn weitergekommen und nicht ausgeschieden. Und man kann vermuten, dass die politische Intervention von der Leyens motivierend für die deutsche Mannschaft und demotivierend für die ungarische Mannschaft war. Sodass das Spiel bzw. der Aufstieg ins Achtelfinale politisch und nicht sportlich erfolgte, was von der UEFA als irregulär eingestuft werden müsste, aber wohl nur deswegen nicht wird, weil es den Gewinn der UEFA schmälern würde und weil die UEFA eine an Gewinn orientierte kapitaistische und monopolistische Organisation ist, in der Sportsgeist und Fairness eine geringe Rolle spielen. Nun sind im Fussball als Mannschaftssport die Großstaaten (wie Deutschland und Brasilien mit den meisten Weltmeistertiteln; die Großstaaten D, GB, I, Sp, F stellten 23 der 25 Champions-League-Sieger, obwohl sie nur rund ein Drittel der UEFA-Bevölkerung ausmachen) generell bevorzugt, weil Großstaaten bzw. ihre Teamchefs aus einem größeren Spielerpool auswählen können; umso problematischer, wenn zu dieser allgemeinen Bevorzugung der Großstaaten im Fussball noch eine weitere Bevorzugung der Großstaatenteams durch die Großstaatenpolitiker und -innen hinzukommt.
p.s.: der Begriff der "Schande". so wie Von der Leyen ihn verwendete, war integrativer Bestandteil der Nazipropaganda: von "Rassenschande" (Sex eines "Ariers" mit einer Jüdin z.B. oder eines Juden mit einer "Arierin" ) über die "Blutschande" bis zur Kinderschändung (für die sich heute der Begriff des "Kindesmißbrauchs" eingebürgert hat), umfasste die Nazipropaganda zahlreiche Schande-Begriffe.
Und der "Schande"-Begriff hat eine stark ächtende Wirkung gegenüber andersdenkenden oder andershandelnden Menschen.
Gerade von einer deutschen Politikerin hätte man sich mehr Sensibilität bei der Verwendung von historisch (in diesem Fall nazistisch) belasteten Begriffen erwartet, aber das war vielleicht falsch gedacht.
Der Geist des Nazismus sitzt vielleicht tiefer in deutschen Politikerinnen, als gedacht, frei nach Bert Brechts Sager "Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch".
Eine "Urschel" ist im Wienerischen Dialekt eine entweder grobschlächtige oder tollpatschige Frau. Der Name "Ursula", auf den "Urschel" sich bezieht, leitet sich von der Bärin ab, einem großen Tier, das oft Campingplätze zerstört, wenn es Honig riecht, und das sich oft verhält wie der Elefant im Porzellanladen, bzw. wie die Elefantin oder eben Bärin im Porzellanladen.
Dass im Sprachgebrauch immer nur vom männlichen Elefanten im Porzellanladen die Rede ist, nicht aber von der weiblichen Elefantin oder Bärin im Porzellanladen, weist auch auf einen tief sitzenden (männerfeindlichen) Sexismus in der Sprache hin, die das Denken und das Handeln prägt, frei nach dem Diktum des Sprachphilosophen Ludwig Wittgenstein "Die Grenzen der Sprache sind die Grenzen meiner Welt". Und weil im deutschen Sprachgebrauch bzw. in deutschen Sprichworten Elefantinnen und Bärinnen im Porzellanladen im Unterschied zu den männlichen nicht vorkommen, kommen sie scheinbar auch im Journalismus und in der Politik nicht vor.