Ich habe gestern wieder mit einem angehenden Juristen die unendliche Geschichte der völlig verunglückten Präsidentschaftswahl 2016 besprochen, die meiner Meinung nach wegen des ersten Wahlgang, dem völlig falsche Meinungsumfragen vorausgingen, illegal war wegen Verletzung von §263 StGB, Täuschung bei einer Wahl.
Aber das ist es nicht alleine: auch die in den 1950er Jahren beschlossene Bundes-Verfassungsnovelle, die diese umstrittene Indikativ-Passage enthält "... wenn die behauptete Rechtswidrigkeit des Verfahrens erwiesen wurde und auf das Verfahrensergebnis von Einfluss war ..." ist problematisch, weil sie schon damals zur Judikatur aus den 1920er Jahren in Widerspruch stand.
Wie soll man denn nachweisen, dass etwas von Einfluss "war", wenn man dazu das zukünftige zweite Wahlergebnis bräuchte, das man eben nicht bekommen kann, weil man dazu nachweisen müßte, dass das zukünftige zweite Wahlergebnis völlig anders sein würde ? Erst muß man nachweisen, dass das zukünftige zweite Wahlergebnis der Wiederholungswahl anders sein wird, als das der ersten Wahl und dann bekommt man die Wiederholungswahl.
http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10000138
Das ist wie "Catch 22" aus dem Roman von Joseph Heller:
https://de.wikipedia.org/wiki/Catch-22
Indem ein Soldat den Antrag auf Entlassung aus dem Wehrdienst wegen Wehruntauglichkeit stellt, beweist er seine Wehrtauglichkeit, sodass nie irgendein Soldat wehruntauglich gemäß Verfahren sein kann, egal, wie wehruntauglich er gesundheitlich ist.
Es hat zahlreiche Fälle gegeben, in denen Parteien, die einen gültigen Wahlvorschlag eingebracht hatten, von den Wahlbehörden verfassungswidrig ausgeschlossen wurden.
Kleinparteien können natürlich nicht nachweisen, dass sie bei einer etwaigen zukünftigen zweiten Wiederholungswahl den Sprung über die Fünfprozenthürde geschafft hätten, wenn sie bei dieser zukünftigen Wahl auf dem Wahlzettel gestanden hätten. D.h. sie können gar nicht nachweisen, dass der Behördenfehler erwiesenermaßen für das Ergebnis von Bedeutung war, obwohl es für das Ergebnis von Bedeutung hätte sein können. Bei indikativischer Formuleriung kann es daher überhaupt gar nie eine erfolgreiche Wahlanfechtung geben, egal wie verfassungswidrig und gesetzeswidrig das Handeln der Whlbehörden ist.
Dieses Verfassungsgesetz, wenn man es tatsächlich so indikativisch interpretiert, bedeutet also in diesen Fällen die Rechtsmittellosigkeit der verfassungswidrig von der Wahl ausgeschlossenen Partei.
Der ehemalige Bundespräsident Heinz Fischer hat ja in der vergangenen Legislaturperiode einmal seine Rolle zur Beurkundung des verfassungsmäßigen Zustandekommens dazu "mißbraucht", ein Gesetz zu verhindern, dass zwar verfassungsmäßig zustandekam, aber inhaltlich verfassungswidrig war.
Dies war möglicherweise gleichsam als rückwirkender Präzedenzfall dafür gemeint, dass der Bundespräsident der 1950er Jahre, Adolf Schärf, dasselbe hätte machen sollen, nämlich die Verfassungsnovelle der 1950er Jahre, die judikaturwidrig war und die uns alle diese Streitereien rund um die Präsidentschaftswahlen eingebrockt hat, zu verhindern, indem er eben das verfassungsmäßige Zustandekommen nicht beurkundet. Von Adolf Schärf, der selbst Rechtsanwalt war, hätte man das erwarten können, aber gemacht hat er´s nicht. Kein Mensch weiß, wieso. Und Literatur zu dem Thema gibt´s auch nicht.
Der ehemalige Bundespräsident Dr. Adolf Schärf / SPÖ.
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