Das Ibiza-Video rund um Strache und Gudenus hat eine neue, aber trotzdem sehr oberflächliche Debatte über das Parteiengesetz und das Parteienfinanzierungsgesetz ausgelöst.

Ins Gerede gekommen sind die sogenannten Umgehungskonstruktionen, also Mittel und Wege, wie man bestehende Gesetze so umgeht, dass am Ende auf legalem oder halblegalem Wege dasselbe Resultat herausgekommt, das auch auf illegalem Wege herausgekommen wäre.

Auch wenn die Befürworter und Befürworterinnen jetzt meinen, man brauche nur mehr Gesetze und mehr Judikatur, um Umgehungskonstruktionen als illegal einzustufen, so habe ich daran meine Zweifel.

Der frühere US-Verteidigungsminster Donald Rumsfeld meinte einmal "Planning is useless, because the enemy has got a brain and changes his strategies in response to our strategies" (Übersetzung: "Planung ist sinnlos, weil der Feind ein Hirn hat, und seine Strategien als reaktion auf unsere Strategien ändert" )

Das soll im konkreten Fall heissen: solange Geld - und zwar haufenweise Geld - eine derart zentrale Rolle spielt beim Wahlerfolg, werden Parteien immer entweder die gerade bestehende Legislatur und Judikatur so umgehen, dass die Geldbeschaffung aus ihrer Schätzung heraus gerade noch nicht illegal ist, bzw. sie werden, falls sie die Möglichkeit und Mehrheit dazu haben, die Gesetze so gestalten, dass ihre Korruption als legal, hingegen die Korruption der Anderen als illegal eingestuft wird.

Ein Unterschied zwischen Links und Rechts ist der im Medienzugang bzw. der im Geldzugang: rechte Parteien tun sich leichter, unterstützende Großspender zu finden, hingegen linke Parteien tun sich leichter, unterstützende Journalisten zu finden.

Linke Parteien skandalisieren die Großspender der rechten Parteien, hingegen rechte Parteien skandalisieren die medialen Connections der linken Parteien.

Und beide agieren dabei nach dem selben Motto: "Unmoralisch ist, was die Anderen tun".

Es steht zu erwarten, dass in Anbetracht des österreichischen Lagerkonflikts, der an den Bürgerkrieg bzw. die Bürgerkriege der ersten Republik erinnert, die Parteien keinen Konsens finden werden, was denn nun Korruption sei.

Wenn man den Begriff der Wahlkampffinanzierung etwas weiter fasst, dann ergeben sich zahlreiche potenziell-korrupte juristische "schwarze Löcher", die praktisch nicht geregelt werden können: von den Unterstützungskomittees von Leuten, die früher ein Naheverhältnis zur Politik hatten, von dem sie profitierten, bis hin zur Kunstförderung durch die Politik, die ein Abhängigkeitsverhältnis von Künsterlinnen und Künstlern erzeugen kann, das sie praktisch zwingt, Wahlkampf zu machen, wollen sie bestehende Förderungen und Publikationsmöglichkeiten o.Ä. aufrechterhalten und behalten. (Die sogenannten "Staatskünstler", wie Haider sie nannte, oder um es mit der Wortwahl des umgekehrten Lagers zu demonstrieren, nämlich Pasterk "Die Kunst ist ein Ideologieressort" )

Auch Staatsaufträge an Wirtschaftsunternehmen können ein solches korruptes Abhängigkeitsverhältnis darstellen. (Gerade die Baubranche ist wegen der staatlichen Bauaufträge sehr staats- ud Politiknah. Insofern hatte Strache nicht völlig unrecht, den sich sehr pointiert äußernden Haselsteiner zu erwähnen, der oft eher wahlkampfmäßig agiert wie ein Parteiapparatschik; Haselsteiner behauptete zwar in seiner Anti-Hofer-Kampagne "Hofer heisst Öxit", aber einen konkreten Beweis, wie ein etwaiger Präsident Hofer am Parlament vorbei einen Austritt Österreichs aus der EU bewirken hätte sollen, blieb Haselsteiner schuldig; das sieht schon sehr aus, wie outgesourctes dirty campaigning an einen Bauunternehmer, der immer wieder Bauaufträge von SPÖ-Ministern erhielt)

Auch in Debatte ist die sogenannten Politikerhaftung: auch hier ergeben sich einige problematische Aspekte:

.) die Reich-Arm-Unterschiede: wenn Politiker für Entscheidungen haften müssen, dann kann es passieren, dass nur mehr reiche Leute in die Politik gehen, die sich auch hohe Politikerhaftungszahlungen leisten können, während Arme Leute wegen des Fehlentscheidungs- und Haftungsrisikos praktisch ausgeschlossen sind von Politik. D.h. Politikerhaftung kann die Demokratie ausser Kraft setzen und eine Timokratie oder Plutokratie/Reichenherrschaft begründen.

.) Wie will man Politikerhaftungsgesetze anwenden im Falle von Parlamenten, die in geheimer Abstimmung (das geheime Wahlrecht ist eine der Grundlagen der Demokratie) Entscheidungen treffen, die zu wirtschaftlichen Schäden führen ?

Ein Alternativvorschlag (der in der defizitären Demokratie Österreich nicht einmal diskutiert wird) wäre das völlige Verbot von Parteispenden: dem gemäß ist es einfach Aufgabe von Medien, Wahlberichterstattung im Rahmen der Mediengesetze zu machen.

Das Bestehende Parteiengesetz bzw. Parteienfinanzierungsgesetz ist insofern fragwürdig, als es Wahlkampfmittelobergrenzen einheitlich für alle Parteien, egal ob groß oder klein einzieht; und keine Wahlkampfmittel-pro-Kopf-Grenze.

Gäbe es eine Wahlkampfmittel-pro-Kopf-Grenze (pro die-betreffende-Partei-Wählenden), so würden die NEOS als die Gesetzesbrecher dastehen, die sich jetzt das Image der Saubermänner verpassen wollen, obwohl sie wegen ihrer Kleinheit die Obergrenze gar nicht erreichen können, aber im Vergleich hohe Pro-Kopf-Spenden und Pro-Kopf-Wahlkampfausgaben haben.

Man sieht: ob eine Partei korrupt ist oder nicht, hängt immer davon ab, wie man Korruption definiert.

Der Kampf gegen illegale Parteienfinanzierung ist irgendwie wie der Kampf gegen Doping im Spitzensport: ebenso wünschenswert wie sinnlos/endlos.

Wenn Geld der entscheidende Faktor für den Wahlerfolg ist, und nicht oder weniger die Qualität der Argumente, dann wird das sehr schnell zu einer endlosen Debatte, die Zeit und Geld bindet.

Eine weitere Alternative wäre die Allparteienregierung, wie es sie in machen Bundesländern oder in der Schweiz gibt: sie macht Wahlkämpfe weniger wichtig, weil es nicht mehr um das einunsfünfzigste Prozent geht, das mit aller Gewalt und allem Geld und allen Medialen Tricks erobert werden muss, weil es nicht mehr und die Frage totaler Macht (beim Erreichen der Absoluten) oder totaler Ohnmacht (beim Verfehlen derselben) geht, sondern um ein mehr oder weniger. Eine Partei, die dazugewinnt, gewinnt dann zu ihren bereits bestehenden Regierungssitzen einen weiteren dazu.

Auch diese Allparteienregierung macht einen Wahlkampf sachlicher und weniger volatil: wenn es nicht mehr um die Frage der totalen macht oder totalen Ohnmacht geht, sondern nur mehr um die Frage "Etwas mehr oder etwas weniger?", dann werden die Parteien von sich aus weniger Geld und mediale Tricks in die Wahlkampfschlammschlacht werfen, ganz einfach weil der "Returm on Investment" bei der maximalen Veränderung eines zusätzlichen oder verlorengehenden Regierungssitzes viel geringer ist als in der Frage der totalen Macht oder totalen Ohnmacht.

Pixabay-License / Georg 11 https://pixabay.com/photos/geld-mark-money-bills-bill-3794916/

Regiert Geld die Welt ? Das Problem ist vielleicht nicht die Wahlkampffinanzierung, sondern das Problem ist der Machtanspruch und die Konsensunfähigkeit aller Parteien.

CC / Scott Davis (US Army) https://de.wikipedia.org/wiki/Donald_Rumsfeld#/media/File:Donald_Rumsfeld.jpg

Früherer US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld: kann seine Anspielung auf die napoleonistisch-improvisatorische Kriegsführung auch übertragen werden auf den Kampf gegen Korruption, bei dem die Gesetze veraltet sind, sobald sie beschlossen werden, weil die Korruptionisten dann nur die Umgehungsmethode ändern ?

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