Warum und wie Österreich Gaza-BewohnerInnen aufnehmen sollte

Ich weiß schon, gerade in Zeiten von FPÖ-Wahlsiegen und großer – sagen wir mal – Skepsis gegenüber Ausländern mag das klingen wie eine verrückte Idee.

Aber die Idee von US-Präsident Donald Trump, den Gaza-Streifen zu übernehmen, und die Bewohner umzusiedeln nach Jordanien oder Ägypten, ist nicht ganz durchdacht.

Beides sind Länder mit einem geringen Pro-Kopf-Einkommen und so gesehen einer geringen Aufnahmefähigkeit. Und beides sind Länder, die an Israel angrenzen.

Auch wenn man Häuser neu bauen kann, der Schmerz um die toten Verwandten, der Zorn darüber, schwer verletzt worden zu sein, durch oftmals grausame israelische Offensiven, wird nicht verschwinden.

Gerade die Nähe Jordaniens und Ägyptens zu Israel wird daher wahrscheinlich neue Terroranschläge begünstigen. Und im Fall von Ägypten können derartige Terroranschläge von Gaza-Flüchtlingen bzw. Gaza-Vertriebenen den Camp-David-Frieden aus den späten 1970-er Jahren gefährden, was in weiterer Folge zu einem neuen israelisch-ägyptischen Krieg führen kann. Dass die USA oder arabische Staaten den Aufnahmeländern etwas zahlen sollen für die Flüchtlingsaufnahme, macht die Sache zwar etwas besser. Aber man kann Familienangehörige, die durch die israelische Armee getötet wurden, nicht durch Geld wiederbeleben.

Viel eher realistisch war da die Idee des neuen israelischen Verteidigungsminister Katz (der übrigens vorher Außenminister war), USA und arabische Staaten sollten jedem aufnahmebereiten Staat einen finanziellen Beitrag leisten.

Der Ansatz der früheren deutschen Kanzlerin Merkel, bzw. der CDU-SPD-Koalition, 2015 die Sunniten aufzunehmen, die sich entweder militärisch oder rhetorisch als Gegner des Assad-Regimes entpuppt hatten, war quasi die Idee, einen Konflikt beizulegen, indem man eine ganze Kriegspartei auf einen völlig anderen Kontinent verpflanzt. Und wegen der großen Entfernung von Deutschland nach Syrien konnten die Leute nicht so schnell auf einen Terroranschlag nach Syrien fahren, wie sie das gekonnt hätten, wenn der ohnehin schon mit Flüchtlingen überfüllte Libanon das Aufnahmeland gewesen wäre.

Und dasselbe gilt auch für Österreich und den Gaza-Streifen: Österreich ist so weit vom Gaza-Streifen entfernt, dass es praktisch unmöglich ist, so auf die Schnelle einen Terroranschlag in Israel zu machen – ganz im Unterschied zu Ägypten und Jordanien. Es geht nicht darum, alle Gaza-BewohnerInnen aufzunehmen, sondern darum, einen Teil derer aufzunehmen. Die Größe könnte in einer Volksbefragung geklärt werden, wobei vielleicht 50.000 die Untergrenzen sein müsste.

Natürlich gibt es zahlreiche Dinge zu beachten, es braucht (neben den Zahlungen von USA oder arabischen Staaten) eine Art Aufnahmevertrag für Gaza-Flüchtlinge, bzw. Gaza-Vertriebene.

Dieser sollte umfassen:

1.) eine Geburtenkontrollregelung, z.B. eine Verpflichtung, in Österreich maximal zwei zusätzliche Kinder zu zeugen.

2.) Für Muslime und Muslimas eine Verpflichtung, den Islam, den Koran und die Hadithen liberal auszulegen, oder sich vom Islam abzuwenden. In diesem Zusammenhang sind auch Kurse vorzusehen. Ein Schwerpunkt dieser Kurse sollte liegen in der Erklärung, wie unterschiedlich man den Koran, bzw. die Hadithen auslegen kann

3.) Verpflichtung zum Spracherwerb (Erwerb der deutschen Sprache), sowie zur Steigerung der Arbeitsmarktfähigkeit

4.) Versprechen, keinerlei Revanchegedanken gegenüber Deutschen oder Deutschland wegen deutscher Waffenlieferungen bis Anfang 2024 an Israel zu haben. Nach Anfang 2024 verringerte Deutschland seine Waffenlieferungen an Israel beträchtlich, auch wegen der sehr grausamen israelischen Offensive.

5.) Verpflichtung für Männer, insbesondere muslimische Männer, zu erlauben, dass ihre Frauen sich scheiden lassen.

6.) Annullierung von Kinderehen, bzw. von polygamen Beziehungen

7.) Vermeidung von Männerüberschuss, für jeden Mann muss mindestens eine Frau mitkommen, damit einhergehend auch Einschränkung des Familiennachzugs, falls rechtlich möglich.

8.) Sanktionen bei Verletzungen dieses Vertrags, die je nach Schwere von Sozialleistungskürzungen bis hin zu Abschiebungen gehen können.

9.) Abschiebeabkommen mit Israel-Nachbarstaaten, die laut Trump die Gaza-Leute übernehmen müssten, sind in diesem Zusammenhang vorzusehen.

10.) Diese Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, es kann durchaus sein, dass mir noch Dinge einfallen.

Genauso, wie eine Armee nicht nur aus Kämpfern, sondern auch aus Sanitäter besteht, besteht ein Bündnis nicht nur aus Truppenstellern, sondern auch aus Teilen, die eher die Soft Power, also eher das Humanitäre übernehmen. Und dass Deutschland (eine CDU/CSU/FDP-Koalition) 2015 die syrischen Flüchtlinge aufnahm, war auch ein Beitrag im Rahmen der Bündnispflicht, denn sie löste damit diejenigen Probleme, die US-Präsident Obama (und einige andere westliche Politiker) durch Syrien-Regime-Change-Ansatz und -Rückzug ausgelöst hatten, nämlich den Glaubwürdigkeitsverlust des Westens, sowie die Tatsache, dass der Westen zahlreiche syrische Sunniten zum Aufstand gegen das Assad-Regime aufgestachelt und dann im Stich gelassen hatte. Für dieses Instichlassen gab es anscheinend gute Gründe, wie problematische Tendenzen innerhalb der sunnitische Streitkräfte, manche sprechen von Giftgasbesitz bei den sunnitischen Streitkräften, der damalige Vizepräsident und spätere Präsident Biden sprach damals von „Our problem is our allies“, und er sprach bei einem Vortrag an einer US-Uni davon, dass Geschäftsleute sich nicht am Krieg beteiligen, sondern dass die Widerständler radikale Tendenzen hätten.

Ein derartiger Rückzug von einem Regime-Change-Ansatz samt Kritik an Verbündeten ist zwar unüblich in der Geschichte, aber kann dennoch positive Effekte auf die zukünftige Geschichte haben.

Die Syrienflüchtlingsaufnahme durch die schwarz-rote Koalition in Deutschland hatte vermutlich auch den Hintergedanken des Versuches, Putin zu besänftigen und vom Ukrainekrieg abzuhalten, denn wären die sunnitischen Aktivisten/Kämpfer in Syrien verbleiben, hätte das sicher viele tote russische Soldaten bedeutet (die Putin-Russen hatten auf Seiten von Assad interveniert), was Putin beschädigt hätte, und seine Beliebtheitswerte gesenkt. Aber Putin hat sich im Unterschied zu Obama nicht bedankt bei Merkel, bzw. den Deutschen, vermutlich deswegen, weil er schon damals einen weitergehenden Ukrainekrieg plante.

Merkel hat übrigens bei zahlreichen anderen Gelegenheiten auch alles getan, was Putin wollte, so hat sie z.B. 2008 beim NATO-Gipfel in Bukarest zusammen mit dem französischen Präsidenten Sarkozy den NATO-Beitritt der Ukraine durch Veto verhindert, was erst Putins Angriffskriege auf die Ukraine (2014, 2022ff.) ermöglichte. So hat sie sehr zum Missfallen großer Kreise der US-Außenpolitik das „Minsk-Abkommen“ 2015 durchgezogen, das Putin einen Wiedereintritt in die diplomatische Bühne trotz Krim-Annexion und Ostukraineeroberung ermöglichte.

Die Syrienflüchtlingsaufnahme durch Deutschland mag auch die positive Folge gehabt haben, dass der Untergang des Assad-Regimes großteils friedlich war.

Ein Aspekt den nun schon 100 Jahre dauernden Nahostkonflikts/Israel-Palästina-Konflikts ist, so eine Art Erschöpfung, eine Art Hope-Fatigue: wenn über viele Jahrzehnte hinweg eine Friedenslösung nicht gelingt, dann kann das zu Glaubensverlust, zu schwer reparierbaren Vertrauensverlust, zu Rassismus führen, der hundertjährige Nahostkonflikt unterscheidet sich da nicht vom Bosnienkonflikt: auch der Balkan ist seit mehr als 100 Jahren, seit dem ersten Balkankrieg 1912 Kriegsgebiet/Konfliktgebiet, was zu tiefer Spaltung führen kann, die nur schwer zu managen ist.

Wäre so eine zumindest zeitweilige Umsiedlung der Gaza-BewohnerInnen eine Absage an eine Zweistaatenlösung oder eine Unterstützung einer Zweistaatenlösung ? Das ist eine schwierige Frage. Einerseits kann man sagen, durch eine solche Umsiedlung auf einen anderen Kontinent würden ethnische Säuberungen belohnt und vertieft, andererseits kann man sagen, durch eine solche Umsiedlung wird Vertrauen geschaffen, dass man Islamismus „ent-lernen“ oder „umlernen“ kann, durch die geographische Distanz wird Terrorismus verunmöglicht, es wird eine Nachdenk- und Abschließphase eingeführt, Leute werden der islamistischen Propaganda entzogen, und durch die Kurse, wie unterschiedlich man den Koran auslegen kann, wird dem islamistischen Fundamentalismus der Nährboden entzogen.

Generell kann man sagen, dass das viele jahrzehntelange Bekenntnis vieler europäischer Politiker zur Zweistaatenlösung irgendwie hohl sei, und reines Lippenbekenntnis („lip service“ ), dass die jahrzehntelange Untätigkeit vieler europäischer Politiker in Sachen der israelischen Siedlungsbauten in der West-Bank in Wirklichkeit die Zweistaatenlösung verunmöglichte, die man ständig im Munde führte. Man kann durchaus den Eindruck haben, die Betonung der Zweistaatenlösung sei so ein Erhard-Busek-sches „Man sucht den Kompromiss, bevor man überhaupt weiß, was der Konflikt ist“, das nicht viel mehr bedeutete als „Diese Israelis und diese Palästinenser sollen sich halt irgendwie auf eine Teilung einigen, mir ist das alles viel zu blöd, ich habe innenpolitisch sowieso so viel zu tun, dass ich mich um den Nahostkonflikt gar nicht kümmern kann“.

Knackpunkte in den israelisch-palästinensischen Verhandlungen der letzten 50 Jahre scheinen gewesen sein: Rückkehrrecht sowie die Frage der hohen islamischen Geburtenrate und der damit verbundene gefährdete jüdische Charakter des Staates Israel.

Generell hat der Nahostkonflikt eine hohe Ähnlichkeit mit dem Bosnienkonflikt. Im Dayton-Vertrag, dem angeblichen „Friedensvertrag“ bzgl. Bosnien-Herzegowina ist zwar ein theoretisches Rückkehrrecht enthalten, das aber Quellen zufolge kaum in Anspruch genommen wird: wer will schon in eine Nachbarschaft zurückkehren, die die eigenen Brüder und Väter ermordete und die eigenen Schwestern und Ehefrauen vergewaltigte ?

So gesehen ist auch das heutige Bosnien mit seiner Siedlungsstruktur eine Zementierung und Festigung von ethnischen Säuberungen, allerdings verschleiert durch eine menschlichere Rhetorik, die aber sehr an der Oberfläche bleibt, und die man als hochgradig verlogen betrachten kann.

Bosnien-Herzegowina, in dem sich in den letzten 35 Jahren die Bevölkerungsverhältnisse zahlreichen Statistiken zufolge gedreht haben, von serbisch-kroatischer 55%-Mehrheit zu muslimischer bzw. bosnischer bzw. bosniakischer Mehrheit von 55%, ist ein Fall von Islamisierungsverdacht. Die zwei Hauptfaktoren dafür dürften erstens Abwanderung von bosnischen Serben und bosnischen Kroaten (hauptsächlich in ihre Stammländer, aber auch in die EU) gewesen sein, sowie zweitens so eine Art islamischer Geburtendschihad. Die Fixierung der Frau, bzw. der Ehefrau auf ihre Rolle als Mutter und Kindererzieherin, die Alleinverdienerstellung des Mannes, dürfte beigetragen haben zu Verarmung und Antagonisierung. In der Islamischen Deklaration aus den 1970er-Jahren, die dem früheren bosnischen Präsidenten Alija Izetbegovic zugeschrieben wird, wird eben diese Fixierung der Frau auf die Mutter/Erzieherin-Rolle festgeschrieben.

Während im Falle von Bosnien die de-facto-ethnische Säuberung durch humane Illusionen am Vertragspapier verschleiert wird, ist die trump´sche Rhetorik, Gaza in eine vermutlich jüdische Riviera verwandeln zu wollen, grausamer und direkter, aber vielleicht auch umso ehrlicher in mancherlei Hinsicht. Trump-Immobilien-Tycoon-Gerede kann unappetitlich wirken, speziell für Linke und Antikapitalisten, aber es sollte nicht davon ablenken, dass der Nahostkonflikt ein hundertjähriger Konflikt ist.

Laut Medien existieren Verträge des Trump-Schwiegersohns Jared Kushner, der im Falle einer Annexion des Gaza-Streifens durch Israel profitieren würde. Auch wenn diese Verträge nicht genau bekannt sind, zumindest mir nicht, könnte es durchaus sein, dass eine Art US-Kontrolle über den Gaza-Streifen zumindest einstweilig keine Annexion des Gaza durch Israel ist, und daher könnte Kushner laut den von Medien übermittelten Berichten nicht profitieren. So gesehen wäre vielleicht eine US-Kontrolle einer Annexion durch Israel vorzuziehen.

Es gilt in diesem Fall etwas ähnliches, wie im Falle der Gegendemos gegen Erdogan beim Wien-Besuch 2015: je größer die Distanz, umso friedlicher.

Damals hielten die KemalistInnen ihre Gegendemo 5 Kilometer entfernt von der Dusika-Halle ab, weil sie ahnten, dass die andere Gegendemo von PKK und linken Gruppen in unmittelbarer Nähe praktisch unvermeidlich auf Gewalt hinauslaufen will.

Auf jeden Fall bleibt potenziell ein großes Problem die Doppelmoral, dass möglicherweise die Israelis mit Grausamkeiten durchkommen, mit denen die Serben, bzw. die bosnischen Serben nicht durchkamen. Die etwaige Trump-Politik kann den Huntington´schen Konflikt zwischen Westchristen und Ostchristen (Christlich-Orthodoxen) verschärfen, was massive Probleme schaffen kann.

Gerade Österreich hat eine gewisse Tradition als palästinenser-freundliches Land. Es gibt in Österreich, bzw. in Wien bereits palästinensische Communities, die als Integrations-Katalysator dienen könnten.

Save_Palestine/pixabay https://pixabay.com/illustrations/ai-generated-man-war-palestine-8590335/

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