In der Wirtschaftskammer ist ein Streit ausgebrochen rund um den in der Tat unausgewogenen Sozialpartner-Deal, der einerseits eine Mindestlohnerhöhung, andererseits aber keine Arbeitszeitflexibilisierung vorsah.
https://kurier.at/politik/inland/industrielle-haben-zorn-auf-wkoe-chef-leitl/274.774.036
Jetzt einmal abgesehen von der Tatsache, dass in der ganzen Mindestlohndebatte Verlagerungseffekte hin zu Scheinselbständigkeit ausgeblendet wurden:
Auch wenn Leitls genaue Motive unbekannt sind, so könnte man vermuten, dass er den Sozialpartnerdeal nicht isoliert betrachtete, sondern miteinberechnet haben könnte, welche Auswirken diese Einigung auf die kommenden Nationalratswahlen haben könnte.
Die Wahrscheinlichkeit ist meiner Einschätzung nach recht hoch, dass Leitl mit einem hypothetischen Hintergedanken recht haben könnte, dass eine als wirtschaftsfeindlich betrachtbare Sozialpartnereinigung es wahrscheinlicher macht, dass bei der kommenden Nationalratswahl ein wirtschaftsfreundliches Wahlresultat herauskommt.
Allerdings die Position Leitls könnte durch eine derartige in der Tat schwer verständliche Strategie ins Schussfeld kommen, sodass man auch von einer in der Politik bzw. der Politiknähe absolut nicht seltenen Selbstopferung oder Selbstopferungsgefahr sprechen könnte.
Andererseits ist Leitl schon lange im Amt, sodass ein normal-demokratischer Wechsel schon angesagt wäre.
Leitl ist seit 1999 Präsident des Wirtschaftsbund (ÖVP-Teilorganisation), seit 2000 Präsident der Wirtschaftskammer.
Was den russischen Präsidenten Putin bei einem Wien-Besuch mit Fischer und Leitl - nicht ganz zu Unrecht - dazu verleitete, Österreich als "Diktatur, aber gute Diktatur" zu bezeichnen.
Leitl hat dem Vernehmen nach ohnehin seinen Rücktritt 2017 angekündigt.
http://derstandard.at/2000024835842/WK-Boss-Leitl-kuendigt-Amtsuebergabe-an
Auf der anderen Seite hiesse das natürlich, dass die SPÖ-nahe ÖGB-Spitze (für unsere bundesdeutschen Lesenden: ÖGB ist der Österreichische Gewerkschaftsbund) gar nicht erkannte, dass sie mit der Einigung, die sie als Erfolg bezeichnete, ihrer eigenen Partei einen schweren Schaden bei der kommenden Nationalratswahl zugefügt haben könnte.
Sozialpartnerschaft funktioniert eben nicht, wenn einer der angeblichen Partner zu stur, zu populistisch oder zu dumm ist, um partnerschaftlich zu agieren.
Die Gewerkschaft hat alle nicht-populistischen Aspekte ( wie Auslagerungen, Verschiebungen in Scheinselbständigkeit, illegale Beschäftigung, etc.) außer Acht gelassen, nur um etwas zu präsentieren, was sie für einen "Erfolg" hält.