In der ZIB-2 sagte Bundespräsident Van der Bellen, dass er Herbert Kickl nicht mehr zum Innenminister machen würde.
Es gibt in der Tat einige plausible und schwerwiegende Gründe, die dafür sprechen, Kickl nicht zum Innenminister zu machen:
Innerhalb des Innenministeriums gibt es auch eine Abteilung Wahlen und direkte Demokratie (Volksbegehren, Volksbefragungen, Volksabstimmungen); wegen der in dieser Abteilung bestehenden Erfahrung und Expertise muss man annehmen, dass Herbert Kickl nach einer Einarbeitungszeit eine besondere Kenntnis von Wahlen und direktdemokratischen Instrumenten hätte haben müssen.
Daher hätte Kickl auch registrieren und sagen müssen, dass die Bundespräsidentenwahlen (insbesondere diejenigen von 2016) insofern problematisch waren, als im ersten Wahlgang manipulative und weit danebenliegende Umfragen die taktisch-Wählenden in die Irre führten und nahelegten, dass nur Van der Bellen Hofer besiegen könne, aber nicht Griss. Diese Umfragen hatten einen 10%-Vorsprung oder einen größeren von Van der Bellen gegenüber Griss ausgewiesen, während beid er Wahl dann Van der Bellen nur 2-3% vor Griss lag.
Man kann annehmen, dass die Freiheitlichen wegen des Kalküls, dass Hofer gegen Van der Bellen bessere Siegeschancen haben würde als gegen Griss, die Mängel des ersten Wahlgangs und der manipulativen Umfragen ignorierten und vertuschten.
Die Volksbefragung 2013 zur Berufsheer, Wehrpflicht, Sozialjahr und Zivilidienst war fragwürdig und wahrscheinlich verfassungswidrig, was den Spezialisten im Innenministerium bekannt gewesen sein müsste. Selbst, wenn Kickl von den Ministerialbeamten nicht über die Mängel dieser Befragung informiert worden sein sollte, so hätte ihm dies auffallen können oder sollen.
Ähnliches gilt für die Mängel des Volksbegehrengesetzes.
Kickls Kritik am EuGH wegen des Urteils in der Frage der Abschiebungen war insofern problematisch, als er die Möglichkeit des gelinderen Mittels laut §77 FPG (Fremdenpolizeigesetz) ignorierte und die Möglichkeit, dass Österreich zur Sicherung einer Kurdenzone im Nordirak beiträgt, wohin Kurden abgeschoben werden können, ohne wieder nach Österreich zu flüchten, bzw. flüchten zu müssen, wenn sie in die Türkei abgeschoben werden, wie der Dornbirn-Täter.
Auch Kickls Vorschlag, preventive Policing so anzuwenden, dass sie zumindest einen rassistischen Touch hat, erscheint problematisch.
Kickl hat auch nichts Wahrnehmbares getan, um die Obduktionsrate, die in Österreich niedrig ist und die zu einem mutmaßlich großen Graufeld bei Mord, also zu Morden, die nicht als solche erkannt werden, beiträgt, zu erhöhen. Bereits eine Erhöhung der Obduktionsrate auf den EU-Schnitt, der auch nicht gerade hoch ist, hätte aus meiner Sicht eine Verbesserung gebracht.
Man kann vermuten, dass Populismus der Grund ist: ein Innenminister, der eine niedrige Mordrate verkündet, mag hoffen können, beliebter zu sein als ein Innenminister, der die Obduktionen erhöht und damit auch die Anzahl der festgestellten Morde in seiner Amtszeit.
https://www.addendum.org/unentdeckte-morde/drei-todesfaelle-und-ein-problem/
Dass Kickl sich im Falle des ACAB-Urteil nicht vor "seine" Polizisten und Polizistinnen stellte, ist zwar kein Ausschliessungsgrund, aber dennoch ein Punkt, der eine geringe Eignung nahelegt.
Generell ist auffällig, dass Kickl sich in keinem einzigen Fall von seiner Partei emanzipierte und eher ein FPÖ-Mann im Konflikt mit dem Rechtsstaat war als ein Mann des Rechtsstaates im Konflikt mit seiner Partei.
Weil das Innenministerium ein erstens sehr bedeutendes Ministerium und ein zweitens sehr heikles Ministerium ist, erscheint die Position des Bundespräsidenten, Kickl nicht wieder zum Innenminister zu machen, so gesehen durchaus vertretbar.