Auch wenn der Zeitpunkt so kurz nach der Ermordung des slowakischen Journalisten Kuciak der denkbar schlechteste Zeitpunkt sein könnte, im Streit zwischen Vizekanzler Strache und dem ORF (egal, ob nun ZIB-2-Anchorman Armin Wolf oder ORF-Generaldirektor Wrabetz oder dem ORF-Redakteursrat), der durch die Klagen neue Intensität gewinnt, derartig Stellung zu beziehen, tue ich genau das:

es gibt schwerwiegende Gründe, die dafür sprechen, dass Straches Behauptung, im ORF und insbesondere durch Armin Wolf würden FakeNews und Lügen zu Wahrheiten, zumindest einen Tatsachenkern hat und dass Wolfs und Wrabetz´ Klagen gegen Strache ungerechtfertigt sind:

Armin Wolf ist ein einseitiger und unobjektiver Journalist, der rot-grüne Politiker und -innen mit Samthandschuhen anfasst, hingegen schwarz-blaue mit der Guillotine.

Armin Wolfs Satz ziemlich am Anfang (Sekunde 52 von mehr als 22 Minuten) beim Interview vom 27.3.2017 mit dem damals scheidenden niederösterreichischen Landeshauptmann Erwin Pröll "Jetzt weiss aber jeder, dass gegen Sie in den letzten Jahren und Jahrzehnten gar nichts gegangen ist", konnte zu gar nichts anderem mehr führen als zu einer völlig verpfuschten Sendung ohne Informationsgehalt, in dem es nur mehr um Hickhack ging und um nichts mehr sonst.

Erwin Pröll antwortete "Na, ich wundere mich, was so viele wissen, was in Wahrheit gar nicht Realität ist ...."

Dieses Interview ist im ORF nicht mehr abrufbar (fast so, als wollten Wolf und ORF es vertuschen), sondern nur mehr über Youtube:

unter https://www.youtube.com/watch?v=tVTfBd6SZ0U

In Wirklichkeit sollte dieser völlig verunglückte Intervieweingang von Armin Wolf als Lehrbeispiel im Publizistikstudium verwendet werden, wie man ein Interview und eine Sendung verpfuscht, und zwar auch und insbesondere aufgrund des Hintergrunds. Das Wolf-Pröll-Interview (falls man es überhaupt als solches bezeichnen kann, und nicht als Hinrichtungsversuch) war, nachdem in der ÖVP ein Aufstand der anderen Bundesländer, insbesondere Oberösterreichs und Pühringers (mit den Worten: "Dieses Herumgrundeln der ÖVP bei 20% ist unerträglich" ) gegen den Pröll-Mann Spindelegger stattgefunden und nachdem Pröll nicht einmal mehr versucht hatte, Spindelegger zu halten.

Die ÖVP ist insofern die demokratischere der beiden Großparteien, als sie drei starke Landesparteiorganisationen in den Millionenländern (NÖ, OÖ, Stmk) hat, die sich sozusagen gegenseitig in Schach halten: wann immer einer der drei Landeshauptleute zu mächtig wird, tun sich die anderen Zwei zusammen, oft mit Unterstützung der kleinen Landesparteien in Tirol und Vorarlberg. Und die ÖVP ist auch insofern die demokratischere der beiden (ehemaligen) Großparteien, als die Medienhauptstadt Wien fest in roter Hand ist und sich keiner der ÖVP-Landeshauptleute so auf die Unterstützung zahlreicher Wiener Journalisten und -innen verlassen kann wie eben der Wiener Bürgermeister.

ÖVP-Dikatoren sehen anders aus; und Armin Wolf musste das eigentlich gewußt haben, vertuschte es aber offensichtlich aus SPÖ-Parteiloyalität und aus Loyalität dem damaligen SPÖ-Kanzler Kern gegenüber, der Erwin Pröll einmal als "Paten von Sankt Pölten" bezeichnet hatte, wozu Wolfs Kampagnenjournalismus hundertprozentig passte.

Dass Wolf hier den ÖVP-internen Aufstand insbesondere von Pühringer gegen Pröll vertuschte, kann in der Tat mit dem Begriff "FakeNews" beschrieben werden.

In Wirklichkeit hätte Armin Wolf schon längst wegen Verletzung des ORF-Gesetzes und des darin enthaltenen Objektivitätsgebots als Anchorman der ZIB 2 abgesetzt werden müssen, aber SPÖ-Parteimann und ORF-Generaldirektor Wrabetz wollte es halt offensichtlich anders. Jeder gelernte Österreicher weiss, dass die Gesetze allzuoft nicht gelten.

Hingegen nie berichtet hat - meiner Beobachtung nach - Armin Wolf, der angeblich kritische Journalist, dass offensichtlich der SPÖ-Wien-Obmann Häupl praktisch im Alleingang den SPÖ-Bundesparteitagsbeschluss, auf keiner Ebene mit der FPÖ zu koalieren, durchgezogen hat und dass es für den SPÖ-Burgenland-Obmann Niessl sehr mühsam und imageschädigend war, trotz der Kleinheit seines Bundeslandes, die auch Widerstand am Bundesparteitag aussichtslos machte, die von ihm wegen der Bescheidenheit der FPÖ-Forderungen bevorzugte SPÖ-FPÖ-Koalition zu bilden.

Armin Wolf hat übrigens angeblich Politikwissenschaft studiert und hätte daher das politikwissenschaftliche Standardwerk von William H. Riker aus dem Jahr 1962 "A Theory of Political Coalitions" kennen müssen, in dem Riker prognostizierte, dass minimum winning coalitions sehr wahrscheinlich sind, d.h. dass eine Großpartei (wie die SPÖ-Bgld) immer eher mit einer bescheidenen Kleinpartei (wie der FPÖ-Bgld) koalieren wird als mit einer fordernden anderen Großpartei (wie der ÖVP-Bgld), und das völlig unabhängig von Ideologie und Bundesparteitagsbeschlüssen. Rikers Theory der kleinen Koalitionen (55 Jahre vor der burgenländischen rot-blauen Regierungsbildung) stellt auch auf die Minister- bzw. Landesräteverteilung ab: wenn die SPÖ im Burgenland mit der ÖVP koaliert hätte (und nicht mit der FPÖ), dann hätte sie einen Landesrat mehr abgeben müssen (und welche Partei tut das schon gerne ?).

Die rot-blaue bzw. blau-rote Koalitionsbildung hat im Burgenland übrigens eine gewisse Tradition und war insofern kein Tabubruch und keine Erstmaligkeit (wie viele Medien behaupteten): bereits in der Ersten Republik unterstützte Ludwig Leser als SPÖ-Bgld-Parteiobmann die Wahl des Großdeutschen Walheim zum Landeshauptmann. Damals spielte wie dieses Mal eine Rolle, unabhängig von den Christlich-Sozialen bzw. der ÖVP zu werden und sich eine weitere Option zu öffnen und nicht zu sehr erpressbar durch CS/VP zu werden (eine klassische Anwendung der second-source aus der Wirtschaftstheorie: man soll sich nicht zu abhängig von einem Lieferanten machen, sondern immer danach trachten, einen zweiten bereits bei der Hand zu haben, falls der erste Probleme macht).

Es gibt dafür mehrere Erklärungen, warum Wolf nicht darüber berichtete: 1.) Armin Wolf hat in Wirklichkeit gar nicht Politikwissenschaft studiert, sondern zahlreiche Vorlesungen geschwänzt. 2.) Er kannte das Buch von Riker, hat dieses Wissen aber vertuscht und gegen sein Studienwissen berichtet. Strache hat auf jeden Fall ernstzunehmende Gründe, zu glauben, dass Armin Wolf gegen sein Wissen Unwahrheiten verbreitete, bzw. wichtige Wahrheiten vertuschte.

Dasselbe gilt für Wolfs Behauptung, Pröll sei der wichtigste Förderer von Sebastian Kurz. Viel eher halte ich es für plausibel, anzunehmen, dass Pröll auch geistig schon im Abgang war und das Alles der nächsten Politgeneration überlassen hatte.

Pröll reagierte auch cool und amüsiert mit einem "Na, was Sie alles wissen, ... , ist ja unglaublich ...." und einem Lachen. Er brachte es damit auf den Punkt: die FakeNews von Wolf sind wirklich oft nur lachhaft (wenn man ein abgehender Politiker ist). Paradoxerweise oder logischerweise kam diese Frage von Wolf, nachdem Pröll glaubwürdig gesagt hatte: "Das ist nicht mehr meine Aufgabe" (bei Minute 6:32 dieses Interviews). Und Pröll konnte auch lachen, weil es ihm egal sein konnte, welchen Unsinn Wolf verbreitet, weil er eben schon im Abgang war.

Auch Armin Wolfs Schützenhofer-GameOfThrones-Vergleich ist völlig absurd, weil er (Wolf) den Hintergrund eines Streits zwischen SPÖ Wien und SPÖ Steiermark (zwischen Häupl und Voves), der dabei eine Rolle spielte, dass Schützenhofer steirischer Landeshauptmann wurde, vertuschte.

Armin Wolf ist so gesehen ein Lehrbeispiel für Medienmachtmissbrauch und FakeNews. Die Medien heissen nicht umsonst "die vierte Gewalt"; und als gewalttätig und medienmachtmißbrauchend kann man ihre Tätigkeiten durchaus in manchen Fällen beschreiben.

Armin Wolf erhielt übrigens sehr viele Journalismus- und Medienpreise und er wird auch international gefeiert und mit Lobeshymnen überschüttet von Journalistenkollegen und -innen.

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Dieter Knoflach

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