Im heutigen ORF-Mittagsjournal gab es einen Beitrag über Populismus, der darauf aufbaute, zu sagen, Populismus sei Verkürzung.

Als ein Beispiel genannt wurde die britische Premierministerin Theresa May und ihre Aussagen über "globale Eliten".

Die Originalaussage von Theresa May erscheint mir weniger problematisch:

"These people – often those on modest to low incomes living in rich countries like our own – see their jobs being outsourced and wages undercut. They see their communities changing around them and don’t remember agreeing to that change.

They see the emergence of a new global elite who sometimes seem to play by a different set of rules and whose lives are far removed from their everyday existence..."

https://www.indy100.com/article/theresa-may-just-attacked-the-global-elite-while-dining-with-men-in-white-tie-ermine-and-golden-7418111

"They see ..." ist eine durchaus interessante Formulierung: einerseits lautet sie nicht "They are right in believing ..." oder "They are absolutely right that ...". Und diese beiden Aussagen bzw. Formulierungen könnte man meiner Meinung nach viel eher als populistisch einstufen.

Außerdem lautet die Formulierung wieder nach dem "They see ..." "a new global elite who SOMETIMES (!) SEEM (!) to play by a different set of rules". Ein Populist würde viel eher von einer globalen Elite, die eindeutig nach anderen Regeln spielt, sprechen und nicht von einer globalen Elite, die manchmal nach anderen Regeln zu spielen scheint. Außerdem ist es ja - wenn man die Theresa-May-Aussage zugrundelegt, vielleicht gar keine wirkliche globale Elite, sondern eine irrtümlich gesehene globale Elite, bzw. irrtümlich angenommene Elite. Wahrnehmungsstörungen bzw. Irrtümer bzw. falsche Annahmen und Schätzungen und Vermutungen kann es natürlich geben. Also, ich finde die Formulierung "They see ..." durchaus interessant.

Ich würde diese Aussage eher nicht als populistisch und vereinfachend bezeichnen, aber vielleicht bin ich ja schon vom Populismus-Virus zu sehr "infiziert".

Generell haben die Medien eine gewisse Verkürzungstendenz und die Übersetzungsproblematik kann dazu noch beitragen.

Man kann schon den Eindruck haben, dass in unserer Medienlandschaft die Übertreibung und der Skandal manchmal mehr "newsworthy", also sendewürdig sei als die nüchterne und differenzierte Analyse.

Kalkulierte Ambivalenz hiesse, mit möglichst kontroversiellen, möglichst mißverständlichen Aussagen die Gesellschaft und die Journalisten-Community spalten und so eine Bekanntheit erlangen, die man mit einer differenzierten Analyse nicht erreichen kann.

(Theresa May, copyright: wikipedia if any)

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bianka.thon

bianka.thon bewertete diesen Eintrag 01.03.2017 14:52:37

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