Zwei Falltypen in Zusammenhang mit Problemen der Beweisbarkeitsproblematik beschäftigten in den letzten Wochen Medien, Behörden, Juristen und Öffentlichkeit:
1.) Homosexualität als Asylgrund: gleich mehrere Behördenbescheide (zum Beispiel des Bundesamts für Aslywesen) wurden von Medien und zahlreichen Politikern und -innen und sogenannten Menschenrechtsorgansationen scharf kritisiert.
Der das Asylverfahren bearbeitende Beamte verlangte in einem Fall Beweise für Homosexualität, im zweiten Fall fand ein anderer Beamter die gezeigte Art "zu homosexuell".
Alle Beobachter haben dabei aber mehrere Aspekte übersehen:
selbst wenn man hier praktizierte Homosexualität nachweisen könnte, was in Zusammenhang mit Privatsphäre problematisch, aber unter Umständen vertretbar wäre, so wäre das völlig bedeutungslos für das Asylverfahren. Weil es zahlreiche Männer gibt, die z.B. im Herkunftsland nie homosexuell tätig waren, sondern Ehefrau und Kinder haben, aber hier sich als "Strichjungen" Einkommen schaffen, weil sie als Asylwerber vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind.
Ein Asylwerber, der hier erstmals in seinem Leben gleichgeschlechtlichen Sex hat, weil er nicht zum Arbeitsmarkt zugelassen ist, kann eher nicht Homosexualität als Fluchtgrund geltend machen, sondern eher Flucht vor Krieg, politischer Verfolgung und vielleicht gravierenden wirtschaftlichen Gründen.
2.) Der Prozess zwischen der ehemaligen Grün-Abgeordneten Sigrid Maurer und dem Lokalbesitzer, den sie beschuldigte, anzügliche bis sexistische Mails oder Messages geschrieben zu haben, wurde vertagt. Dabei bezog die Maurer-Anwältin Windhager sowie der Vertreter einer angeblichen Menschenrechtsorganisation Medien zufolge eine seltsame Position: wenn Zeugen fehlen, solle die Anschuldigung der Frau, sie sei sexistisch angesprochen worden, für eine Verurteilung des Mannes reichen.
Das wäre quasi eine Umkehrung der Unschuldsvermutung: ein Mann ist prinzipiell schuldig, es sei denn, er kann durch Zeugen oder Bodycams beweisen, dass er unschuldig ist.
Diese Einstellung passt auch zur Behauptung von Jörg Kachelmann, in unserer Gesellschaft hätten Frauen ein Opfer-Abo und gegen Männer bestünde ein prinzipieller Täterverdacht.
Jetzt aber zurück zu Sigrid Maurer und dem Prozess gegen sie wegen Rufschädigung: die Schlangen-Metapher für den Penis fällt oft in Zusammenhang mit der biblischen Adam-Und-Eva-Episode, bei der eine Schlange, die vielleicht den männlichen Penis symbolisiert, Eva zum "Sündenfall" verführt, die darauf Adam zum Sündenfall verführt.
Mit anderen Worten: wenn der Schreiber der von Maurer hochgespielten Botschaften tatsächlich auf die Freundianische Interpretation der Adam-Und-Eva-Szene anspielte, dann spielte er auf die frauenfreundliche Interpretation an, und es wird wohl schwer sein, ihn als Sexisten zu bezeichnen, wenn er mit der Schlange-Penis-Essen-Passage auf diejenige Bibelinterpretation anspielte, bei der Eva nicht die Ursache des Sündenfalls ist.
Mit anderen Worten: selbst wenn man nachweisen könnte, dass der Lokalinhaber die Botschaften selbst verschickte, selbst dann könnten sich Maurers Sexismus-Vorwürfe als unhaltbar erweisen.
Ich persönlich würde nicht ausschliessen, dass der Lokalinhaber absichtlich eine missverständliche Botschaft abschickte, um dann Sigrid Maurer, die in die Falle ging, was vorherzusehen war, auf Schadenersatz und Rufschädigung klagen zu können.
https://www.zeit.de/kultur/2013-01/unwort-2012-opfer-abo
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