Wie korrupt und demokratiezerstörend ist Österreichs staatliche Medienfinanzierung ?

Eigentlich könnte man ja denken: wenn der Staat die Medienvielfalt und/oder Qualitätsjournalismus fördert, dann müsse das doch eine wunderbare Sache sein, gegen die niemand was haben könne.

Aber der Teufel steckt wie so oft im Detail, in dem, was wirklich passiert, und in dem, wohin sich das dann wirklich entwickelt.

Ein wichtiger Aspekt bei dieser staatlichen Medienfinanzierung ist die Verhaberung der Medien mit den politischen Mächtigen. Die Medien und Medienmacher verlieren dadurch die Kontrollfunktion und ihre Rolle als vierte Gewalt, die sie aufgrund der Gewaltentrennunglehre, abgeleitet von Montesquieue und Anderen haben sollten. Durch staatliche Medienfinanzierung werden Medien tendenziell zu korruptionsgeneigten Kumpanen der Regierung, bzw. der Großparteien. Statt kritischem Journalismus degenerieren Medien durch staatliche Medienfinanzierung zu kritiklosen Hofberichterstattern die nur mehr das "berichten" bzw. hochspielen, auch übertrieben hochspielen, was den politisch-Mächtigen gerade genehm ist, frei nach Fritz Grünbaums Schüttelreim "Man kann, wenn sie bericht-erstatten, genau, wer sie besticht, erraten".

Ein weiterer Aspekt dieser staatlichen Medienfinanzierung ist der fruchtlose ewige Streit, laut dem alle Medien ständig zu wenig haben und viel mehr gefördert gehören, als alle anderen Medien.

Die Dichands argumentieren regelmäßig und alljährlich, dass sie und ihre Medien (Krone und heute) viel zu wenig bekommen würden (insbesondere weil sie Kurz so brav schöngeschrieben haben, der dann hinterher in einem Umfragemanipulationsskandal versank), und das Fellner-Medium "Österreich" (das man vielleicht als FMÖ bezeichnen sollte, damit nicht die ständige Verwechselungsgefahr mit dem Staat Österreich besteht) viel zu viel, dass "Österreich", gemessen am Umsatz sehr viel bekommt, vielleicht mehr als jedes anderes Medium auf der Welt.

Fellner (Österreich) argumentiert regelmäßig, dass die Vormachtstellung der Dichand-Medien am Zeitungssektor gefährlich und demokratiebedrohend ist, und dass er daher viel mehr Mittel vom Staat verdienen würde.

Medien wie "Presse" und "Standard" argumentieren regelmäßig, dass die Boulevardmedien Krone, heute und FMÖ eigentlich aufgrund ihrer schlechten Qualität viel zu viel Medienfinanzierung bekommen würden und dass Standard und "Presse" als "Qualitätsmedien" eigentlich viel mehr gefördert gehören.

Und Bundesländermedien wie die "Kleine", die "Salzburger Nachrichten", etc. argumentieren regelmäßig, dass die Wiener Medien wie Krone, heute, FMÖ, Presse, Standard viel zu viel gefördert werden, und Bundesländermedien viel zu wenig.

Dieses Streitkarussell wiederholt sich alljährlich, aber ohne irgendeine Lösung, ohne irgendeine Verbesserung. Es kommt jedes Jahr in etwa dieselbe Mittelverteilunng heraus, die jedes Jahr wieder denselben Streit verursacht.

Und dieser Streit frisst zusätzlich einen großen Teil der Berichterstattung, des Sende- und Schreibeplatzes.

Ich habe Vorbehalte dagegen, die Medien in die völlige Unabhängigkeit vom Staat zu entlassen, weil das auch einen völlige Abhängigkeit von privaten Geldgebern bedeuten kann, aber irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass das so nicht weitergehen kann.

Dazu kommt ein weiterer Aspekt: Österreich ist nicht nur das Land mit der höchsten Parteienfinanzierung (Finanzierung für etablierte Parteien wohlgemerkt, was eine Erschwernis und Ungerechtigkeit gegenüber parteipolitischen Startups bedeuten kann und auch oft bedeutet) im Vergleich mit den etablierten Demokratien in Relation zum BIP, sondern Österreich hat auch die höchste staatliche Medienfinanzierung im selben Vergleich.

Und ähnlich wie die Parteienfinanzierung für die etablierten Parteien und zuungunsten der neuen Parteien erfolgt, bedeutet auch eine staatliche Medienfinanzierung für die etablierten Medien eine Diskriminierung und Benachteiligung der neuen Medien, der kleinen Medien, die genau die oben beschriebene Verhaberung der Medien mit den politisch-Mächtigen kritisieren. Und das ist eigentlich genau das Gegenteil dessen, was kritischer Journalismus und Medien als vierte Gewalt bedeuten sollte.

Als radikale Gegenlösung für eine Übergangszeit (z.B. drei Jahre) sollte daher ein völliges Verbot von staatlicher Finanzierung für Medien durch die Bundesregierung angedacht werden.

Eine weitere Möglichkeit, die Medienvielfalt innovativ zu fördern, wäre vielleicht ein Verbot von Medienfinanzierung durch die Bundesregierung bei gleichzeitiger Verschiebung der Medienfinanzierung hin zu den Ländern oder hin zu den Gemeinden (in den Bundesländern), bzw. zu den Bezirken (in Wien). Als Ausgleich dazu könnte man auch eine Verschiebung von Finanzausgleichsmittel weg von Bund weg zu Ländern oder Gemeinden, orientiert an der Bevölkerungszahl vorsehen.

Es gibt verschiedene Theorien darüber, warum das Vorzugsstimmensystem in Österreich so schlecht funktioniert. Und eine davon besagt, dass die Medienstruktur in Österreich dafür die völlig falsche ist.

Anders gesagt: wir bräuchten weniger bundesweite Medien und mehr wahlkreisorientierte Medien: wenn die Medien stärker wahlkreisorientiert wären, dann würden auch die Chancen für Wahlkreiskandidaten steigen, per Vorzugsstimmenwahlsystem gewählt zu werden. Das würde natürlich einen massiven Machtverlust für die Bundesparteizentralen, und damit für die Wiener SPÖ und für die niederösterreichische ÖVP bedeuten, und diesen Machtverlust würden die Bundesparteizentralen natürlich ungern hinnehmen.

Aber letztlich wäre genau das Demokratie: dass nicht die Wiener Zentrale alles bestimmt, sondern das Wahlvolk im Wahlkreis mithilfe von wahlkreisorientierten Medien.

(Mit "Medienfinanzierung" ist natürlich sowohl die sogenannte "Medienförderung" wie auch Inseratenvergabe gemeint; für Bundesdeutsche: im Wiener Sprachgebrauch bedeutet ein "Haberer" ein "Freund" und die "Verhaberung" ist die Entwicklung einer korruptionsgeneigten Freunderlwirtschaftsbeziehung, oder Crony-Capitalism-Beziehung)

0
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
0 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

26 Kommentare

Mehr von Dieter Knoflach