Österreich ist keine Demokratie, sondern eine Demoskopokratie, eine Staatsform, die von angeblichen "Meinungsforschern" diktatorisch beherrscht wird (polemisch gesagt).

Das jüngste Beispiel dafür, wie Meinungsumfragen Meinung manipulieren, ist folgende Umfrage in einem österreichischen Gratis-Medium, bei der die Fragestellung war:

"Die FPÖ fällt immer wieder durch extrem rechte Aussagen und Handlungen einzelner FPÖ-Politiker auf. Was meinen Sie, sollte die ÖVP deswegen die Regierungszusammenarbeit mit der FPÖ beenden ?"

Bei dieser Fragestellung sprechen sich 46% der Gesamtbevölkerung und 32% der ÖVP-Wähler für Beendigung der Koalition (bei ca. 10 bzw. 5% Unentschlossenen) aus.

Der springende Punkt ist: Angenommen, die Fragestellung hätte gelautet:

"Die FPÖ fällt hin und wieder dadurch auf, dass auf extreme Aussagen einzelner unbedeutender FPÖ-Funktionäre mit schnellen Rücktritten derselben reagiert wird. Sind Sie der Meinung, dass die ÖVP die Regierungszusammenarbeit mit der FPÖ deswegen beenden soll ?"

Dann hätten sich ca. 20% der Gesamtbevölkerung und 4% der ÖVP-Wähler für eine Beendigung der Koalition ausgesprochen. Und dieser Riesenunterschied (über 20%) bei den Antworten auf beide Umfragen, obwohl der Fragesatz am Ende der "Erklärung" in beiden Fällen praktisch derselbe ist! Der burgenländische Landeshauptmann Doskozil (SPÖ) hat - auch um seine Koalition mit der FPÖ entgegen dem SP-Bundesparteitagsbeschluss, der das verbietet, zu verteidigen - darauf aufmerksam gemacht, dass es im Falle des Marzer Nazi-Kellers ÖVP-Funktionäre waren, die mit Hitler-Verehrung in die Medien gekommen waren, ohne dass irgendwer deswegen die ÖVP als koalitionunfähig bezeichnen würde. Und Umfragen darüber, ob die ÖVP wegen Hitler-Verehrung einzelner ihrer Funktionäre oder Mitglieder als koalitionsunfähig einzustufen ist, gibt es überhaupt keine! D.h. die Meinungsumfrageinstitute manipulieren auch durch Thematisieren oder Nicht-Thematisieren von Missständen in verschiedenen Parteien. Die ÖVP ist die mächtigere und umworbenere Partei der politischen Mitte, mit der keine andere Partei (außer vielleicht der Liste Pilz, die schlechte Chancen auf Parlamentswiedereinzug hat) eine Koalition ausschliesst. Und daher werden Meinungsumfragen, ob die ÖVP wegen Nazinähe einzelner ihrer Mitglieder oder Funktionäre nicht koalitionsfähig sei, gar nicht gemacht.

Die Meinungsumfragen erheben nicht Meinung, sondern sie schaffen auch durch oft absichtliche falsche Meinungsumfragen Meinung und suggerieren Entscheidungsgrundlagen, auf die Politiker und Wähler dann wieder reagieren. Wählende, indem sie anders wählen, als sie ohne Umfragen gewählt hätten und Politiker bzw. Politikerinnen, indem sie im blinden Vertrauen auf Meinungsumfragen andere Politik betreiben, als sie ohne Umfragen betrieben hätten. Man kann davon ausgehen, dass Meinungsforscher und -innen, die auch Experten sind mit einem Wissenvorsprung, der Manipulation ermöglicht, wissen, wie ihre aktuelle Umfrage von Medien und Leserschaft zukünftig verdreht, verkürzt und "verstanden" werden wird.

Eines der Beispiele dafür ist der erste Wahlgang der Bundespräsidentenwahlen, bei denen die Meinungsumfragen nahelegten, dass nur Van der Bellen Hofer besiegen könne, aber nicht Griss, weswegen zahlreiche taktisch-Wählende, die am liebsten Griss gehabt hätten, dann doch Van der Bellen wählten, weil die Hofer-Verhinderung für sie absolute Priorität hatte, was nur in diesem fehlerhaften Wahlsystem möglich und als sinnvoll erscheinend ist. Beim ersten Wahlgang zur Bundespräsidentschaftswahl hatten die meisten Meinungsumfrageinstitute den Kandidaten Van der Bellen um 10 bis 15% überbewertet, beim wirklichen ersten Wahlgang erhielt Van der Bellen um bis zu 15% weniger als in vielen Umfragen: derartig große Abweichungen sind rein statistisch nicht zu erklären; die möglichen Begründungen liegt vielmehr in Überdeklarierung (weil Medien Van der Bellen so positiv darstellten, gaben viele Wähelr an, ihn wählen zu wollen, obwohl sie es dann nicht taten) oder Unterdeklarierung (weil Hofer einen so schlechten Ruf - auch in den Medien - hatte, bekannten viele derer, die ihn später wählten, in Umfragen NICHT zu ihm).

Ein zweites Beispiel ist der Machtwechsel von Mitterlehner zu Kurz als ÖVP-Obmann nur wegen der Meinungsumfragen, die Kurz bessere Chancen einräumten, aber ohne dass Mitterlehner jemals eine Wahl verloren hätte, was einmalig ist in der Geschichte der ÖVP.

https://www.bildmanipulation.at/

Dass ein Bild manipuliert ist, erkennt man oft erst, wenn man einen Schritt zurücktritt und das größere ganze Bild betrachtet.

Dasselbe gilt auch für die Meinungsumfragen, die oft in die Irre führen, wenn man nicht mitbedenkt, dass ganz andere Meinungsumfrageresultate herausgekommen wären, wenn die angeblichen oder wirklichen "Meinungsforscher" ein bisschen anders gefragt hätten.

Ein ähnlicher Effekt, dass die angebliche Beobachtung der Wirklichkeit die Wirklichkeit in Wirklichkeit verändert, ist in der Physik als Heisenberg´sche Unschärferelation bekannt: Bei Messung von Ort und Geschwindigkeit eines kleinen Teilchens muss es immer einen (für diese Dimensionen) ziemlich großen Messfehler geben, weil die Messung die Teilchen beeinflusst und ihren Ort bzw. ihre Geschwindigkeit ändert.

Siehe auch:

https://www.bildmanipulation.at/

Dass in Wirklichkeit die Wählenden entmündigt sind und die Spin-Doctoren und angeblichen Meinungsforscher die Politik bestimmen, erinnert an Colin Crouchs Konzept der Post-Demokratie, der Nach-Demokratie.

Oft greifen Linksparteien und Rechtsparteien auf dieselben Meinungsforschungsinstitute zurück, was diesen enorme Macht gibt.

Meinungsforscher sind eine kleine verschworene Gemeinschaft, in der oft Absprachen oder Herdentrieb-Phänomene existieren, dass der Eine vom Anderen abschreibt, die Unsicherheiten bei den Rohdaten auf eine Art und Weise hochrechnet, damit ein Ergebnis herauskommt, das zu den anderen Meinungsforschungsresultaten einigermassen zusammenpasst.

In vielerlei Hinisicht ist Meinungsforschung Pseudowissenschaft, was kein Problem wäre, wenn alle wüssten, dass es unpräzise Pseudowissenschaft ist, aber weil viele Medien den Eindruck erwecken, Meinungsumfragen, die sie publizieren, seien absolute Wahrheit, bekommen sie einen viel zu großen Einfluss.

CC / z.g. Caranti https://de.wikipedia.org/wiki/Colin_Crouch#/media/File:Colin_Crouch_-_Festival_Economia_2013.JPG

Colin Crouch, Buchautor des Buches "Post-Demokratie": hat er recht mit seiner These, dass Wahlkämpfe heute sinnlose, nachdemokratische und manipulative Spektakel wären, die an der Politik nichts ändern, weil die Ergebnisse wegen der Spin-Doctoren und Meinungsforscher schon vorher feststehen ?

In anderen, wirklich demokratischen Staaten sind entwerden Meinungsumfragepubliktionen drei Monate vor der Wahl verboten ( und zwar eben wegen des wahlverfälschenden Effekts) oder es werden Wahlmechanismen eingesetzt, die nicht anfällig sind für derartige Manipulationen: entweder Präsidentenwahl durch Parlament/Bundestag wie in Deutschland (und nicht durch das leicht zu manipulierende Volk) oder durch manipulationsresistente Verfahren, die taktischen Wählen und Anfälligkeit durch manipulative Umfragen aussschliessen oder auf ein Minimum reduzieren (wie zum Beispiel Reihungswahlrechtsverfahren wie Schulze oder Borda).

Die These , dass das Volk (im Unterschied zu den Politischen Eliten) so leicht zu belügen, bzw. zu manipulieren ist, hat auch der Professor für internationale Politik an der Universität Chicago, J.J. Mearsheimer, allerdings bezogen auf Aussenpolitik in seinem Buch "Why leaders lie" ("Warum politische Führungspersönlichkeiten lügen"; deutscher Buchtitel "Lüge-Vom Wert der Unwahrheit" ) vertreten. Bei Meinungsforschern stellt sich wie bei allen Herrschaftseliten die Frage, ob sie besser über die wirklichen Interessen des Volkes bescheid wissen als das Volk, das insbesondere in Österreich mit dem europaweit einzigartig niedrigen Wahlalter von 16 Jahren tendenziell unerfahren und ahnungslos ist.

Mearsheimer unterscheidet hier verschiedene Typen von Lügen "Selfish Lies" (Egoistische Lügen, die nur den persönlichen Interessen des Politikers dienen), "Strategic Lies" (Strategische Lügen), die den Interessen des Landes dienen. Er erwähnt hier auch den Unterschied zwischen der "Evil lie" (böser Lüge) und der "Noble Lie" (die ehrenwerte Lüge), die eine gewisse Nähe zur Notlüge hat, die aber noble Hintergedanken hinter der Lüge hat. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, inwieweit und in welchen Fällen Wahlmanipulationen durch Meinungsumfrageinstitute "noble Lügen" sind.

Eines der Probleme, auf die Mearsheimer nicht eingeht, ist, dass unterschiedliche Personen unterschiedliche Konzeptionen davon haben, was noble Hintergedanken für noble Lügen sind.

Mearsheimer erwähnt auch das Bluffen (Hohe Spieleinsätze bei schlechtem Blatt im Pokern; bzw. ähnliche Aspekte in der Politik) oder das Verschweigen als Aspekte der Lüge bzw. Lügennahe Phänomene.

Hier ein Artikel zur Frage, ob die Meinungsumfragen bei der letzten US-Presidentschaftswahl, die Hillary Clinton als sichere Siegerin sahen, bewirkten, dass viele ihrer Wähler zuhause blieben, und so Trump zum Wahlsieger machten.

https://www.cbsnews.com/news/the-problems-with-polls/

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Dieter Knoflach

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Claudia56

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