Das rot-grüne Wien stehe für soziales Denken, alles Andere stehe für soziale Kälte, heisst es üblicherweise in der SPÖ- oder Grün-Wahlkampfrhetorik, die laut dem früheren SPÖ-Bürgermeister Häupl sowieso nur fokussierte Unintelligenz ist.

Jedenfalls wurde ich heute, sonntag polizeilich geweckt, weil im alten AKH ein paar Stunden in einem Schlafsack auf einer Parkbank nächtigte.

Und die Campierverordnung, die seit 1985 in Wien wie in zahlreichen anderen Bundesländern gilt, verbietet zum Beispiel das Verwenden von Schlafsäcken außerhalb von Campingplätzen und Privatwohnungen, also auch zum Beispiel auf Parkbänken.

Zur Erklärung für alle Nicht-Wiener: das alte AKH ist inzwischen der neue Uni-Campus, und an der Uni ist am Sonntag kein Betrieb, sodass es am Sonntag in der Universitäts auch keine Anrainer gibt.

Ich sage das deswegen, weil bei zahlreichen Anwendungen der Campierverordnung ins Treffen geführt wurde, die Anrainer hätten sich beschwert. Da´s Sonntag ist und Uni-Gelände, kann mit Anrainerbeschwerden nicht viel los gewesen sein.

Gut, es waren ein paar Elternteile oder Großelternteile da, die mit ihren Kindern bzw. Enkeln den Kinderspielplatz verwendeten, aber auch das konnten keine unmittelbaren Anrainer sein, die sich durch mein "wüstes und lautes Schlafen" gestört fühlen, sondern nur "Fernanrainer", die ein paar Blocks weiter wohnen.

Aber ansonsten war alles zu: Buchhandlung, Universitätsinstitute, Bibliotheken, Gastronomiebetriebe, etc.

Ein Gastronomiebetrieb war mit Aufbau für den Nachmittag und Abend beschäftigt, aber auch den habe durch mein "aggressives Schlafen" nicht gestört.

Die Campierverordnung verbietet eigentlich nur dauerhaften Aufenthalt, aber nur zweimal in der Woche ein paar Stunden auf einer Parkbank schlafen, als ca. 8 von 168 Stunden, klingt nicht sehr nach dauerhaftem Aufenthalt.

Laut einem Übertragungsgesetz müssen Polizeieinheiten auch Landes- und Gemeinderecht anwenden und die Campierverordnung ist solches. Es stellt sich schon die Frage, ob die Polizei nicht bessere und wichtigere Dinge zu tun hat, als Obdachlose zu vertreiben, von Plätzen, bei denen es per definitionem keine Anrainerbeschwerden geben kann.

Bei einer ähnlichen Anwendung der Campierverordnung im Jahr 2013 im ersten Bezirk hiess es, die Bezirksvorsteherin des ersten Bezirks, Ursula Stenzel (die heute FPÖ-Abgeordnete ist), sei schuld an dieser Anwendung des Campierverbots, aber ich war im Alten AKH, also im neunten Bezirks, der schon seit längerem SPÖ-Bezirksvorsteher und -innen hat, seit 2018 Saya Ahmad, iene gebürtige Kurdin und keine Kopftuchfrau, was ich positiv finde.

Die einfachste Art und Weise, das zu verhindern, wäre gewesen, dass der Landtag/Gemeinderat die Campingverordnung aufhebt oder movelliert. Aber die rot-grüne Mehrheit wollte offensichtlich nicht, vermutlich, weil man ja doch irgendwie ein Handhabe wollte, damit irgendwas aus dem Ruder läuft, und dafür nimmt man derartige Anwendungen offensichtlich in Kauf, um aber gleichzeitig das bürgerlichere Innsbruck wegen des Altstadtnächtigungsverbots soziale Kälte vorzuwerfen.

https://www.wien.gv.at/bezirke/alsergrund/politik/bezirksvorsteherin-ahmad.html

https://www.derstandard.at/story/1381369000872/polizei-vertreibt-obdachlose-aus-dem-wiener-stadtpark

Also, wenn immer die Bezirksvorsteherin verantwortlich sei für Obdachlosenvertreibungsaktionen, so wie damals Stenzel (damals ÖVP, heute FPÖ), dann müsse es eben heute Ahmad (SPÖ) sein.

Auf den Rathausbänken im ersten Bezirk zu schlafen, ist zwar möglich, aber das ist meiner Erfahrung nach eine Hochburg des Diebstahls an Obdachlosen, oft vermutlich durch Obdachlose.

Wo auch immer Obdachlose geballt zusammenleben (auch in Obdachlosenheimen), steigen Diebstahl, Betrug und "aggressives Borgen" (in Anlehnung an aggressives Betteln) signifikant an.

Die Diebstahlneigung mag mit den Sprachbarrieren, mit der Anonymität, mit der Kurzfristigkeit des Zusammenlebens, mit dem Fehlen einer gemeinsamen Klammer (zum Beispiel gemeinsame Interessen, gemeinsame Ausbildung, gemeinsamer Beruf, etc.), mit der eigenen sozialen Lage zusammenhängen, aber darüber zu spekulieren, ist nun auch müßig.

Hier eine hinter einer Bretterwand versteckte Obdachlosenunterkunft im 12. Wiener Bezirk, um nicht polizeilich wegen Campingverordnung verfolgt zu werden.

Keinen Schlafsack, sondern nur Decken zu verwenden, ist keine Schlafsackverwendung außerhalb von Campingplätzen und somit laut Campingverordnung legal.

Hier meine Tatwaffe: der Schlafsack

(Alle Fotos: Copyright: D. Knoflach)

Siehe auch:

https://www.fischundfleisch.com/dieter-knoflach/paradigmenwechsel-vom-obdachlosenheim-zur-eigenen-wohnung-57413

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