"Torheit der Regierenden" lautet ein Buchtitel von Barbara Tuchman, die damit Fehler der Herrschenden im Laufe der Geschichte beschrieb.

Das war allerdings vor der "Infantilisierung der Demokratie", wie Gerd Bacher die Senkung des Wahlalters auf 16 und die damit verbundene Entwicklung zu unerfahrenen Politikern und -innen nannte.

"Ich werde es nicht zulassen, dass Wien oder Österreich zum Schauplatz türkischer Wahlkämpfe wird", sagt Kanzler Kurz (ÖVP) seit Jahren, was erstens zu seinem Wahlsieg und zweitens zu anti-türkischer Mentalität bzw. anti-Erdogan-Mentalität beitrug, an die sich von Kern(SPÖ) über Pilz (Ex-Grün / Liste Pilz) Alle anschlossen.

Damit begab sich Kindkanzler Kurz (und eigentlich die ganze Republik) in eine gefährliche Doppelmoral:

Jugoslawen durften in den 1990er Jahren ihre Wahlkämpfe und ihre Kriege und Konflikte nach Österreich mitbringen und in Österreich austragen bzw. wieder nach Jugoslawien tragen, vielleicht deswegen, weil eine Konfliktpartei, bzw. eine Kriegspartei (Slowenien / Kroatien) wie Sebastian Kurz selbst katholisch war.

Auch Nigerianer dürfen ihre Wahlkämpfe und ihre Konflikte mitbringen und hier in Wien austragen (auch hier ist ein beträchtlicher Teil bzw. eine Konfliktpartei christlich bzw. katholisch).

Auch deutsche und italienische Staatsbürger dürfen natürlich ihre Wahlkämpfe in Wien und in Österreich austragen.

Und es gibt in Wien bzw. in Österreich viele zigtausende türkisch-österreichische Doppel-Staatsbürger bzw. Zigtausende, die nur eine einzige Staatsbürgerschaft haben, nämlich die türkische.

Was will Kindkanzler Kurz denn machen, um sein Versprechen einzulösen, er werde nicht zulassen, dass es türkischen Wahlkampf in Wien und in Österreich gäbe ?

Alle türkischen Zeitungen, die in Wien bzw. Österreich verkauft werden, verbieten ?

Alle Satelliten, die türkischen Wahlkampf per Satelliten-TV nach Wien und Österreich bringen, mit extrem-weitreichenden Raketen abschiessen ?

Eine Gedankenpolizei einführen, wie in George Orwell´s Totalitarismus-Parabel "1984", die aufspüren soll, welche Gedanken in Österreich aufhältige türkische Staatsbürger haben und sie inhaftiert, falls sie an türkischen Wahlkampf denken ?

Allen in Wien bzw. Österreich aufhältigen türkischen Staatsbürgern verbieten, miteinander zu reden ?

Es war übrigens die ÖVP, die in den 1960er Jahren und 1970er Jahren darauf drängte, Zuwanderer mit türkischer Staatsbürgerschaft als Gastarbeiter aufzunehmen. Heute will dieselbe ÖVP davon nichts mehr wissen. In diesem Sager von Sebastian Kurz widerspiegelt sich auch ein Politik-Verständnis aus dem 19. Jahrhundert: es gab damals kaum Verkehr, kaum Völkervermischung und kaum ausländische Staatsbürger auf fremdem Territorium. Aber ein Zurück in das 19. Jahrhundert, wie Kurz und andere Parteien in Österreich es sich wünschen, wird es wohl eher nicht geben. Viel eher gibt es einen Trend zur Weltinnenpolitik: jeder Wahlkampf weltweit geht uns an und ist auch unsere Sache.

Aber der hoffnunglos weltfremde Populismus ist bei weitem keine ÖVP-Spezialität: auch von der SPÖ kommen unverwirklichbare Aussagen.

So meinte der Wiener Bürgermeister in spe, Michael Ludwig, er werde nicht zulassen, dass jemand Angst haben müsse, wenn er zur U-Bahn (einem städtischen und SPÖ-nahen Verkehrsmittel) gehe. Dass ihm die Angst beim Gehen zum nicht-städtischen Verkehrsmittel ziemlich egal und nicht erwähnenswert ist, erscheint interessant. So als würde er die Angst vor Kriminalität dazu mißbrauchen wollen, die Leute auf die städtische U-Bahn umzuleiten.

Was für ein Unsinn ist denn das ? Eine garantierte Nullkriminalitätsrate bei U-Bahnnutzung ? Nur weltfremde und verantwortungslose Populisten können hundertprozentige Sicherheit garantieren.

Dragan Tatic

Kindkanzler Kurz: er kann Pferde streicheln, aber kann er auch regieren ?

BKA / Dragan Tatic

Neben Pferdestreicheln ist auch Pandastreicheln ein ganz wichtiges Arbeitsgebiet für Kindkanzler Kurz, dem durch das viele Tierstreicheln für wirkliche Politik keine Zeit mehr bleibt, woraus sich offensichtlich auch die zahlreichen Fehler von Kindkanzler Kurz erklären.

Oder verkommt ganz Österreich (sowohl Linke als auch Rechte) in hoffnungslosem Populismus, in Verdummung und in "Infantilisierung der Demokratie", wie der ehemalige ORF-Generaldirektor Gerd Bacher das nannte ?

https://de.wikipedia.org/wiki/Gerd_Bacher

Gemeinfrei: zugänglich gemacht von United States Information Agency / ÖNB https://de.wikipedia.org/wiki/Gerd_Bacher#/media/File:USIS_-_Gerd_Bacher.jpg

Verstorbener ehemaliger ORF-Generaldirektor Gerd Bacher: hat er recht mit seiner Aussage, Demokratie, Politik und Medien seien infantilisiert und unfähig zu erwachsenem Denken, insbesondere durch die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre im Jahr 2007 ?

Die Nicht-Kritik an Kindkanzler Kurz und seinem "Welpeneffekt"-Erfolg zeigt auch ein völliges Medienversagen: um einen etwaigen Kanzler Strache zu verhindern, glauben die Medien, alle Fehler von Kurz (oder auch von Kern oder Ludwig) verschweigen und vertuschen zu müssen.

Es ist sehr zweifelhaft, ob diese Politik und Medienpraxis langfristig gut für Österreich ist.

In der Politikwissenschaft nennt man den Erfolg von Sebastian Kurz den "Welpen-Effekt": junge Hunde, die tolpatschig durch die Gegend stolpern und oft hinfallen, erwecken durch das Kindchenschema Mütterlichkeitsinstinkte und Väterlichkeitsinstinkte.

Und viele Leute denken über Kinderkanzler Sebastian Kurz: "Er ist ja noch sooo jung, er kann es ja gar nicht wissen ..."

Das heisst: was man über 50-jährigen als Mangel auslegen würde ("Er müsste es ja wissen, weil er so alt und erfahren ist" ), legt man 30-jährigen wie Sebastian Kurz ganz anders aus: "Er ist ja noch so jung, er kann es gar nicht wissen".

CC BY SA 2.0 / zug.gem. Josh+Michaela https://de.wikipedia.org/wiki/Kindchenschema#/media/File:Bambino_con_dito_in_bocca.jpg

Kindchenschema: junge Menschen wecken, auch wenn bzw. gerade weil sie tolpatschig und unfähig sind, Mütterlichkeits- und Väterlichkeitsinstinkte. Der Hauptgrund für den Erfolg von Kinderkanzler Kurz ?

CC BY SA 2.5 / zug.Gem. Bartz https://de.wikipedia.org/wiki/Welpe

Welpen: sie sind sehr beliebt, obwohl oder gerade weil sie so tolpatschig sind. Ist der "Welpen-Effekt" eine Erklärung für den Erfolg von Sebastian Kurz ?

Und es stellt sich auch die Frage, inwieweit Infantilisierung und Welpen-Effekt für den Wahl-Erfolg des viel mächtigeren französischen Präsidenten Macron ausschlaggebend waren, der nur wenig älter als Kurz ist.

P.S.: das österreichische Staatsbürgerschaftsgesetz ist eine lex imperfecta, d.h. bei einer im Prinzip verbotenen Doppelstaatsbürgerschaft gibt es keine Strafe, was man als Aufforderung zum Gesetzesbruch bewerten kann.

http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10005579

Um türkisch-österreichische Doppelstaatsbürgerschaften herauszufinden, wäre Einsicht in das türkische Staatsbürgerregister für Östererich günstig, aber wegen der schlechten Beziehungen zwischen Österreich und der Türkei wird es dazu wohl eher nicht kommen.

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