Offensichtlich, um das Japan-EU-Free-Trade-Agreement" (JEFTA) zu Fall zu bringen, behauptet Österreichs wohl zweitwichtigstes Medium, nämlich die "Kronenzeitung", in ihrer Sonntagsausgabe (2.7.2017) z.T. unter Berufung auf Greenpeace:

1.) "Japan ist einer der weltweit größten und skrupellosesten Holzimporteure". Im Prinzip vielleicht, aber auf der anderen Seite hat Japan eine relativ große Bevölkerung, relativ geringe eigene Waldbestände, und mit den japanischen Inseln relativ wenig Fläche, um Wälder anzulegen.

2.) Die Atomfrage: trotz des Unfalls im AKW Fukushima kehrte Japan zur Atomenergie zurück. Allerdings hat Japan, gerechnet auf die Bevölkerung, geringe Möglichkeiten, Wasserkraft zu nutzen, so wie Österreich das haben könnte, wenn es seine Möglichkeiten zur Wasserkraftnutzung nutzen würde. Atomkraft in Japan ersetzt Kohle und Erdöl als Energielieferanten.

3.) private Schiedsgerichte statt nationaler Gerichtsbarkeit in Sachen Investorenschutz. Das ist ein lange Debatte, die wohl auf eineer Krone-Seite nicht Platz hat, aber erstens wären bei nationaler Gerichtsbarkeit dann immer zwei nationale Gerichtsbarkeiten betroffen, so dass es zu Konflikten kommt: wäre EU-Gerichtsbarkeit entscheidend oder japanische Gerichtsbarkeit ?

Dürfen Parlamente alles, auch in Eigentumsrechte eingreifen, auch schnelle und unberechenbare Kehrtwenden machen, oder bedeutet Rechtsstaatlichkeit nicht ein gewisses Maß an Kontinuität, an Rechtssicherheit, das sich auch im Schutz von Eigentumsrechten ausdrücken kann ? (EU-Kommissionspräsident Jea-Claude Juncker sprach ja gerade heute die "Lächerlichkeit des Parlaments" an)

4.) Der Fischfang, und insbesondere der Walfang. Dieses Thema eignet sich natürlich immer, um gegen Japan Stimmung zu machen, denn Japan ist in der Tat eine Nation mit großer Fischereiflotte. Aber anders gesehen: welche Alternativen bestehen denn, 130 Millionen Menschen nur mit dem zu versorgen, was auf japanischen Feldern wächst ? In Japan wird Fisch wenigstens intensiv genutzt, es wird sogar der giftige Fugo-Fisch gegessen, an dem immer wieder Japaner sterben. Und die Japaner essen auch alle Arten von Meeresfrüchten, bis hin zu Vielfüsslern, die wir gar nicht essen würden, bzw. die bei uns nur ganz wenige Leute essen würden.

5.) Was die Krone völlig verschweigt, sind auch andere Themen. Japan hat im OECD-Vergleich einen relativ niedrigen Pro-Kopf-Energie-Verbrauch. Japan hat im OECD-Vergleich eine sehr niedrige Adipositas-Rate (3.7% Fettleibige im Vergleich zu ca. 20% USA). Japan hat einen niedrigen Energieverbrauch pro GDP, bzw. pro PPP-GDP (Das PPP-GDP ist das auf die Kaufkraft bezogene Brutto-national-Produkt).

Abschliessend betrachtet halte ich die Kritik in vielen österreichischen Medien an Japan für übertrieben.

Genausogut (oder -schlecht) könnte man gegen Südkorea Stimmung und Negativkampagnen machen, weil dort Hunde gegessen werden, aber gleichzeitig die Tatsache vertuschen, dass in Indien die bei uns intensiv gegessenen Rinder heilige Tiere sind, die nicht geschlachtet und schon gar nicht gegessen werden dürfen.

Weltinnenpolitik heisst auch, von einer Dämonisierung wegzukommen, die im Mittelalter problemlos war, weil damals kaum globale Kontakte bestanden, die aber heute nicht mehr gangbar ist.

http://www.oecd.org/berlin/44189334.pdf

Darin u.A. enthalten: Statistiken über CO2-Ausstoss per Wirtschaftsleistung.

Von den ca. 30 OECD-Staaten hat Japan den viertniedrigsten CO2-Ausstoss pro Wirtschaftsleistung.

Der japanische Premierminister Shinzo Abe; zu Unrecht bzw. zu massiv kritisiert von österreichischen Medien, um JEFTA, das Freihandelsabkommen der EU mit Japan, abzuschiessen ??? Bild-Copyright: D. Myles Cullen / Wikipedia / Gemeinfrei

https://de.wikipedia.org/wiki/Kugelfische

Zusätzlich: Japan hat seit 1978 Bevölkerungswachstumsraten von unter 1%. In den letzten Jahren hatte Japan sogar geringfügige Bevölkerungsschrumpfung, was aus neomalthusianischer Sicht vorbildlich ist. Anders gesagt: Japan ist das genaue Gegenteil eines Staats, der durch Bevölkerungsexplosion, Krieg und Flüchtlingswellenverursachung gekennzeichnet ist.

Österreich hat 105 Einwohner pro km2.

https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96sterreich

Japan hat mit über 337 Einwohnern pro km2 eine mehr als dreimal so hohe Bevölkerungsdichte wie Österreich.

Und noch dazu kaum Rohstoffe auf eigenem Gebiet.

https://de.wikipedia.org/wiki/Japan

Zum internationalen bzw. lokalen Freihandel:

schon immer gab es Austauschbeziehungen bzw. Handelsbeziehungen. Zum Beispiel zwischen Stadt und Land. Das Land produzierte landwirtschaftliche Güter, Obst, Getreide, Holz, etc. Die Stadt produzierte gewerbliche, industrielle, verarbeitete Güter: Pflüge, Töpfe, Krüge, etc.

Da es auch heute noch Stadtstaaten gibt (z.B. Macao, Singapur, Hongkong, Monaco, San Marino, der Vatikanstaat), ist Freihandel eine Überlebensfrage. Ohne Freihandel würden diese Stadtstaaten, die kaum landwirtschaftliche Produkte herstellen, bzw. herstellen können, verhungern.

1
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
6 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

Markus Andel

Markus Andel bewertete diesen Eintrag 04.07.2017 15:10:10

Noch keine Kommentare

Mehr von Dieter Knoflach