Wie unehrlich und antislawisch ist Österreichs Anti-AKW-Politik, insbes. zu Krsko ?

Eine Entscheidung des slowenischen Parlaments, sich den Ausbau bzw. die Beibehaltung des einen einzigen Atomkraftwerks (AKW) Krsko offen zu halten, bzw. einseitige Anti-AKW-Krsko-"Gutachten" von österreichischen Umweltorganisationen lassen nun wieder die Emotionen hochgehen und gefährden die nachbarschaftlichen Beziehungen zwischen Österreich und Slowenien, insbesondere zwischen Steiermark/Kärnten und Slowenien.

Österreiche Medien und Politiker behaupten Einseitiges, Falsches, Doppelmoralisches zu Slowenien und dem AKW Krsko, und verschweigen dabei zahlreiche Faktoren, auch die Rhetorik ist kriegerisch, von "Sturmlauf" und "Sturmangriff" gegen das AKW Krsko ist nun die Rede.

Hier eine Liste der Punkte, die österreichs Medien und Politik unerwähnt lassen, und die in Zusammenhang mit diesem AKW oder allgemein mit der Atomenergiefrage von Belang wären:

1.) Die führende Atomkraftwerksmacht in der EU ist Frankreich mit 57 in Betrieb befindlichen Atomkraftwerken, verglichen mit nur einem einzigen in Slowenien.

Die Tatsache, dass Frankreich etwas weiter entfernt ist von der Österreichischen Grenze (200 km Entfernung von Vorarlberg) als Krsko (80 km Entfernung von der Steiermark), ist kein Argument:

Wolken atomaren Fallouts können viele Tausende Kilometer überqueren, wie der AKW-Unfall in Tschernobyl 1986, also vor 35 Jahren bewies. Damals waren stark erhöhte Messwerte auch in ganz Westeuropa messbar. Österreich hat übrigens durch die Atomstromlieferverträge mit der Ukraine aus der damaligen Zeit möglicherweise Mitschuld am Reaktorunfall in Tschernobyl, was bis heute weitgehend unerwähnt blieb.

2.) Die Ökonomie: das Bruttonationalprodukt-pro-Kopf von Slowenien ist deutlich geringer als das von Österreich, Deutschland oder Frankreich. Daher können Staaten wie Deutschland oder Frankreich viel leichter aus der Atomkraft aussteigen als das ärmere Slowenien. Und Ausstiegshilfen werden von niemandem angeboten oder angedacht, nicht einmal in Höhe von einem einzigen Euro. Und dass niemand in Österreich Ausstiegshilfen anbietet, kann man auch als Argument dafür betrachten, dass diese AKW-Ausstiegs-Forderung unernst sei. Wenn man nicht einmal bereit ist, einen einzigen Euro oder sonst irgendeine Unterstützung (Zeit, z.B.) für ein Ziel zu opfern, dann heisst das wohl, dass man es gar nicht ernst nimmt.

3.) Doppelmoral: indem Österreich kleine, arme und ohnemächtige Staaten wie Slowenien wegen einem AKW scharf kritisiert, aber die EU-Führungsmacht Frankreich trotz 57 AKWs unkritisiert lässt, betreibt Österreich genau die doppelmoralische "Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen"-Politik, die es oftmals selbst kritisierte.

Als zum Beispiel im Jahr 2000 die Regierung Schüssel-Haider im kleinen Österreich gebildet wurde, gab es Sanktionen, etc. Als wenige Monate später im großen Italien die Regierung Berlusconi-Bossi-Fini gebildet wurde, die in vielerlei Hinsicht problematischer war, gab es keine Sanktionen, etc. Was viele Österreicher und andere Kleinstaatler als Doppelmoral betrachteten, als Beweis dafür, dass die Kleinen eben die Prügelknaben in der Politik sind, oft zu Unrecht und unter Anwendung von Doppelmoral.

4.) Österreich importiert selbst billigen Nacht-Atomstrom, bzw. billigen Nacht-Atomersatzstrom aus Frankreich, Slowenien, etc., pumpt damit seine Pump- und Speicherkraftwerke voll, und lässt diese Energie am nächsten Tag als teuren Spitzenstrom morgens und mittags wieder ab.

(Als Atomersatzstrom bezeichne ich Nicht-Atom-Strom, der nur deswegen exportiert werden kann, weil das betreffende Land soviel Atomstrom hat)

Wenn Österreich konsequent wäre, dann müsste es jeden Stromimport aus einem Atomenergieland verbieten, und nicht nur den Atomstrom, eben wegen der Problematik des Atomersatzstroms, der in vielerlei Hinsicht ein halber Atomstrom ist, weil er nicht exportiert werden kann ohne Atomenergie.

5.) Das von Österreich nie kritisierte Frankreich ist romanisch, die von Österreich oft und massiv wegen eines einzigen AKWs kritisierten Länder Tschechien und Slowenien sind nicht nur viel kleiner, ohnmächtiger und bevölkerungsärmer als Frankreich, sondern sie sind auch slawisch, sodass sich Österreich mit dieser Doppelmoral, Tschechien ud Slowenien zu kritisieren, aber Frankreich nicht, den Eindruck einhandelt, antislawisch und rassistisch zu sein.

6.) Störung der nachbarschaftlichen Beziehungen und Entfremdungsgefahr bei Slowenien: fundamentalistischen und radikalen Ökoorganisationen mag es gefallen, nur die Umweltfrage zu betrachten und alle anderen Fragen auszublenden und zu ignorieren, aber die Gesamtpolitik sollte das eben nicht tun. Abseits des Atomkraft-Themas gibt es zahlreiche Themen, in denen gemeinsames Handeln nötig ist, und die Kooperationsfähigkeit in diesen Nicht-AKW-Themen wird durch diese AKW-Hysterie stark gefährdet. Und es besteht auch die Gefahr, dass Slowenien sich dadurch von der EU bzw. von Westeuropa entfremdet und sich anderen Mächten annähert, z.B. Russland (der Panslawismus würde in diesem Fall sogar für Russland sprechen) oder China.

7.) Der Eindruck eines Links-Rechts-Konflikts: dadurch, dass die Linke (also SPÖ und Grüne) besonders intensiv derzeit gegen Slowenien unter dem "rechten" Ministerpräsidenten Jansa Stimmung macht, kann der Eindruck entstehen, es gehe gar nicht um Atomkraft, sondern nur um die Rechts-Links-Frage, darum, dass die Vereinte Linke einen Rechtspolitiker aus dem Amt vertreiben will. Das wiederum bestätigt genau Jansa´s These, insbesondere die West-EU sei "kulturmarxistisch", und das kann Jansa sogar nützen, und damit auch die AKW-Beibehaltungspolitik in Slowenien verfestigen.

8.) Es gibt in der EU keinen Beschluss für einen verbindlichen Ausstieg aller EU-Mitglieder aus der Atomkraft, so gesehen handelt Slowenien korrekt. Der oft erwähnte beabsichtigte Atomenergieausstieg Deutschlands ist kein Argument: dieser erfolgt sehr wesentlich deswegen, bzw. ist sehr wesentlich deswegen beabsichtigt, um Deutschland zu einem attraktiven Standort für E-Auto-Produktion zu machen, ein Aspekt, der im Falle von Slowenien keine Rolle spielt.

9.) Es muss auch daran erinnert werden, dass die Anti-AKW-Zwentendorf-Entscheidung in Österreich im Jahr 1979 sehr problematisch war: damals gab es die sehr knappe Mehrheit scheinbar nur deswegen, weil Kanzler Kreisky (SPÖ) seinen Rücktritt abgekündigt hatte, wenn die Abstimmung gegen das AKW Zwentendorf ausgeht, und weil deswegen zahlreiche ÖVP-ler gegen das AKW Zwentendorf gestimmt hatten, um Kreisky loszuwerden, obwohl sie eigentlich für Atomkraft waren oder neutral. Der auch vom BP Van der Bellen behauptete Konsens ist daher ein äußerst brüchiger.

10.) Auch die Ikone der Fridays-for-Future-Kampagne, Greta Thunberg, hatte sich einmal unter Zitierung eines IPCC-Berichts gleichsam für Atomkraft, zumindest als Brückentechnologie ausgesprochen, weil Atomkraft CO2-Neutral ist, und nicht wie Kohlekraftwerke oder Gaskraftwerke oder Ölkraftwerke mit einem hohen CO2-Ausstoss verbunden. Wenn Slowenien aus der Atomkraft aussteigen würde, und in die Fossilenergie einsteigen würde, dann hätte das möglicherweise eine negative Ökobilanz.

11.) Wegen all dieser Mängel erhebt sich auch der Eindruck, es gehe bei der Anti-AKW-Krsko-Stimmungsmache gar nicht um Atomkraft, sondern nur um Stimmungsmache für den Wahlkampf, frei nach der Devise des früheren SPÖ-Bürgermeisters von Wien, Häupl: "Wahlkampf ist die Zeit der fokussierten Unintelligenz".

Wenn Medien und Politik weiter derart einseitige Unintelligenz verbreiten, besteht die ernsthafte Gefahr der Unterinformiertheit der Bevölkerung und der Beschädigung des europäischen Geistes und des europäischen Gedankens. Die Anti-AKW-Krsko-Stimmungsmache gibt zahlreichen Politikerinnen und Politikern die Möglichkeit, sich empört zu zeigen und maximalistische österreichische Forderungen zu präsentieren. Es ergibt sich der Eindruck, es gehe nur darum, einigen Politikern und -innen Medienpräsenz zu verschaffen, mit einer unobjektiven Sicht auf das Thema.

12.) Österreich ist als Alpenland eines der wenigen Länder mit den größten Wasserkraft- und Wasserkraftausbau-Möglichkeiten. Dennoch hat Österreich diese Möglichkeiten (wie z.B. das geplante, aber dann durch die sogenannte "Ökobewegung" 1984 verhinderte Wasserkraftwerk Hainburg) nicht ausgenutzt. Wenn Österreich das WKW Hainburg gebaut hätte, und Slowenien Hainburg-Strom zu Sondernkonditionen angeboten, dann wäre Slowenien vielleicht schon längst aus der Atomenergie ausgestiegen. Und als mit Wasserkraftmöglichkeiten gesegnetes Alpenland sollte Österreich nicht zu vorwurfsvoll gegenüber Ländern sein, die diese privilegierte Position der zahlreichen Wasserkraftmöglichkeiten nicht haben.

Hier ein Artikel in der "Kleinen Zeitung", der von einem angeblichen "Sturmlauf Aller" spricht, und dabei die Andersdenkenden vertuscht.

Hier eine Liste der erweiterten "Kleine"-"Berichterstattung" zum Thema.

https://www.kleinezeitung.at/user/search.do?searchText=Krsko&action=1&resetForm=1&resultsPage=0&type=4196%2C4193%2C4206

Weiters:

https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Nuklearanlagen_in_Frankreich

https://de.wikipedia.org/wiki/Kernkraftwerk_Zwentendorf

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