Ärzte und Ärztinnen, die Götter in Weiß, sie retten Leben und machen uns wieder gesund. Genau deswegen sind Ärzte und -innen in der politischen Praxis wohl unkritisierbar. In allen etablierten Parteien haben Ärzte bzw. Ärztinnen wegen ihrer Popularität beste Aufstiegschancen, weshalb keine etablierte Partei Ärzte kritisieren wird und weshalb alle Parteien eine Art von mehr oder weniger blödsinnigem Gesundheitssystem-Populismus betreiben.

Aber die wirklichen Fakten sprechen eine andere Sprache als die offensichtlich von Populismus getriebenen etablierten Parteien und die Medien. Anläßlich der kürzlichen Veröffentlichung des Statistischen Jahrbuchs der Stadt Wien kann man einen Blick auf die Entwicklung des Spitalswesens in Wien werfen:

Von 1981 bis 2015 sank die Zahl der Krankenanstalten um 12%. Im selben Zeitraum sank die Zahl der systematisierten Betten um 30.14%. Von 1989 bis 2015 sank die Zahl der tatsächlich aufgestellten Betten um 29.71%.

Im krassen Gegensatz dazu stieg die Anzahl der Spitals-Ärzte von 1981 bis 2015 um 105.4%; und des sonstigen Spitalspersonals um 114.16%.

Von 1981 bis 2015 sank die Zahl der PatientInnentage (als Produkt der Behandelten und der durchschnittlichen Belagsdauer) von 5.619 Millionen auf 4.293 Millionen; also um 23.6%.

Wenn man das gesamte Spitalspersonal im Verhältnis zu den PatientInnentagen betrachtet, so stieg das Personal pro Million PatientInnentage im Zeitraum von 1981 bis 2015 von 2478 auf 6878; was einen Zuwachs von 178% bedeutet.

D.h. pro PatientInnentag sind heute fast dreimalsoviele Personen in Wiener Spitälern beschäftigt wie im Jahr 1981.

Und die Personalkosten sind ein Hauptkostenfaktor im Gesundheitssystem.

Da aber über das System der Krankenkassen ("kranken Kassen" ?) niemand direkt diese Kosten spürt, besteht kein Kostenbewusstsein unter den allermeisten Versicherten.

Es gibt übrigens keine Statistik über die nichtversicherten Behandelten in Wiener Spitälern, die insofern eine interessante Gruppe sind, als sie Selbstzahler sind bzw. sein müssen und daher Kostenbewußtsein haben.

Allerdings beschränkt sich die Problematik keineswegs auf Wien: das ORF-Interview mit NÖ-LH Mikl-Leitner liess die Kostenfrage völlig unthematisiert, so als würden die Ärzte durch Manna, das vom Himmel fällt wie in der Bibel, finanziert, oder durch Füllhornsozialismus (in Anlehnung an das sich selbst füllende Horn aus der altgriechischen Mythologie).

Die von Mikl-Leitner angedachte Verlagerung von Spitalsärzten zu Landärzten, wo angeblich ein Mangel besteht, kann ich derzeit nicht genau beurteilen, da ich mit niederösterreichischen Verhältnissen zuwenig vertraut bin. Aber die Forderung nach mehr Studienplätzen für Medizinstudenten, die Mikl-Leitner erhob, erscheint mir aufgrund der Tatsache, dass Österreich im internationalen Vergleich ohnehin ärztlich überversorgt ist, möglicherweise unangebracht und kostentreibend. Aber bitteschön, die Ärzte sind wohl eine unglaublich mächtige Gruppe innerhalb der ÖVP, gegen die Politik, auch vernünftige Politik, vielleicht gar nicht möglich ist.

Das einzige EU-Land, das eine noch höhere Ärztedichte hat als Österreich, ist übrigens Griechenland, das auch durch die Ärztekosten verursacht, in eine schwere Finanz- und Schuldenkrise schlitterte, die auch etablierte griechische Parteien wie ND und PASOK in eine schwere Krise stürzte und es der Syriza ermöglichte, wie ein Phönix aus dem Nichts aufzusteigen.

Aber der Gesundheitspopulismus mit seiner "Gesundheit und Menschenleben können gar nicht zuviel kosten und müssen uns beliebig viel wert sein"-Einstellung gehen in die andere Richtung: wegen eines einzigen Gangbetts müssen die Spitäler besser finanziert werden, um Gangbetten in Spitälern abzuschaffen.

Dass dadurch auch die Kosten steigen, weshalb Selbstzahler gar nicht mehr ins Spital gehen können oder nach einem Spitalsaufenthalt Privatkonkurs anmelden müssen, muss die städtische Propaganda offensichtlich verschweigen. Nichts darf die Propaganda von der "perfekt verwalteten Stadt" stören (so eine städtische Kampagne vor ca. 5 Jahren, die deutsche Touristen zum herzhaften Lachen, aber g´standene Wiener zur Verzweiflung oder zum Achselzucken trieb).

"Jedes Gangbett ist eines zuviel", sagte die offensichtlich überforderte Gesundheitsstadträtin Frauenberger.

Gerade bei Häufungen, bei Krankheitsepidemien erscheinen mir Gangbetten unvermeidlich. Die Alternative zu Gangbetten wäre eine Kostenexplosion, weil man ca. zehn zusätzliche Krankenhäuser bräuchte, um gelegentliche Gangbetten bei Epidemien zu verhindern.

Nur für eine einmal in fünf Jahren auftretende Häufung teure Kapazitäten zu schaffen, die sonst völlig ungenutzt sind und nur Kosten verursachen und Steuererhöhungen verlangen, ist eine Unsinnigkeit, und weil im ziemlich verrückten österreichischen Pseudo-Föderalismus die Länder über den Finanzausgleich Kosten auf den Bund abschieben können, besteht unter den Landespolitikern und -innen oft überhaupt kein oder ein zu geringes Kostenbewußtsein.

Im Falle von Frauenberger kommt wahrscheinlich noch das Mütterlichkeitspathos dazu, das Frauen in der österreichischen Politik bzw. in der österreichischen Linkspolitik offensichtlich immer zeigen müssen.

Die praktisch erste österreichische Politikerin in Regierungsfunktion, die mit diesem Mütterlichkeitspathos brach und wenigstens politisch ein bißchen in Richtung "Eiserne Lady" Margaret Thatcher ging, war Mikl-Leitner mit ihrer Traiskirchen-Politik. Umso mehr verwundert es, dass der Spitzenkandidat der FPÖ-NÖ ("faktenfreiheitliche Partei Österreichs" ?), Udo Landbauer, eben der Frau Mutti-Attitüde vorwarf, auf die sie am allerwenigsten zutrifft.

Allerdings muss man an Mikl-Leitner kritisieren, dass sie zuwenig Kritik an Pröll´s Verschuldungspolitik äußerte, ebenso, wie sie als Innenministerin die Problematik der "Täuschung bei einer Wahl" (Art. 263 StGB) übersah: die manipulativen Umfragen vor dem ersten Wahlgang der Bundespräsidentschaftswahl und die dadurch irregeführten taktischen Wähler waren wahrscheinlich der Grund, warum sie das Innenministerium verliess, weil ein Bleiben eine Befangenheit in dieser Sache bedeutet hätte.

Mikl-Leitner hat auch nicht die Problematik des verfassungswidrigen früheren Wahlkreises Wien-Umgebung kritisiert. Allerdings treffen alle diese Mängel, die man ihr hier vorwerfen kann, auch (vielleicht sogar mehr) auf die betreffenden Beamten (zum Beispiel in der Abteilung Wahlen) zu, oder auf andere Parteien, die diesen Fehlern auch fast völlig kritiklos gegenüberstanden.

Die offensichtlich gefühlsduselige, aber realpolitikunfähige "Mutti" Frauenberger, die zur Verhinderung eines einzigen Gangbetts zu Spitzenzeiten offensichtlich Überkapazitäten aufbauen will, die zu Normalzeiten ungeheure Geldfresser sind, konnte wohl nicht anders, als in einer Art der offensichtlichen "Solidarität der gefühlsduseligen, aber realpolitikunfähigen Muttis" Ute Bock zu würdigen, mit den Worten:

"Ute Bock, eine der wichtigsten KämpferInnen für Flüchtlinge und Integration ist heute im Alter von 76 Jahren verstorben. Mit ihrem Verein Flüchtlingsprojekt Ute Bock hat sie nicht nur unzähligen Menschen geholfen, sondern auch den Umgang mit dem Thema in unserer Gesellschaft nachhaltig geprägt und verändert. Sie hat mit ihrem Team jeden Tag darum gekämpft, dass die Menschlichkeit in der Debatte um Flucht und Asyl nicht verloren geht. Ute Bock war eine wichtige Stimme für Zivilcourage und Solidarität - sie wird uns sehr fehlen!"

Als jemand, der am Westbahnhof Opfer von Kriminalität durch offensichtliche Zugewanderte wurde, die in Ute Bock´s Beuteschema passten, auch wenn ich nicht konkret sagen kann, ob sie von Bock betreut wurden, und der sich die Behandlung der daraus resultierenden Gesundsheitsschäden nicht leisten kann, kann ich diese "Ute Bock wird uns fehlen !"-Mentalität nicht teilen.

Auch die These von der Zivilcourage kann ich so nicht teilen: im - überspitzt gesagt - gefühlsduselei-diktatorischen Wien, das seine Bürger mit teuren "Gegen Unmenschlichkeit !"-Kampagnen zumüllt, wenn sie auch nur ein bißchen realpolitisch denken, erfordert es mehr Zivilcourage, dem Betroffenheitskult zu widersprechen, statt ihm zu folgen. Jeden Andersdenkenden als "Unmensch" und "Nazi" zu bezeichnen, nur weil er nicht 100%ig auf SPÖ-Linie ist, dürfte der SPÖ eher geschadet haben, und zur größten schwarz-blauen Mehrheit der Geschichte geführt haben.

CC BY SA 3.0 / zugänglich gemacht von Haeferl https://de.wikipedia.org/wiki/Sandra_Frauenberger#/media/File:Sandra_Frauenberger_II.jpg

Die Wiener Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ), die mit ihrer gleichsam "Lieber Milliarden Schulden als einmal in fünf Jahren ein Gangbett"-Ideologie geradezu Kreisky-Füllhornsozialismus-übersteigende Ausmaße erreicht.

Bruno Kreisky, der frühere SPÖ-Bundeskanzler, hatte einmal gesagt: "Und wenn mich einer frage, wie denn das ist mit den Schulden, so sage ich das, was ich immer sage, dass mir ein paar Milliarden Schulden weniger schlaflose Nächte bereiten als ein paar hunderttausend Arbeitslose mir bereiten würden".

Der Sager von Kreisky klingt aufs erste Hören gut, ist aber durchaus kritikwürdig, weil erstens eine derartige Politik darauf hinauslaufen kann, dass man nach einigen Jahren sowohl die Schulden als auch die Arbeitslosen haben kann, und weil zweitens die Geldgeber bei einem ohnehin schon stark verschuldeten Schuldner höhere Zinsen verlangen oder überhaupt die Vergabe neuer Kredite verweigern.

Der gestürzte Ex-Kanzler Faymann (ebenfalls SPÖ) war sicherlich kein politisches Genie, aber man muss ihm zugute halten, dass er so manche für Sozialdemokraten unübliche Dinge sagte, wie zum Beispiel: "Ich kann ja die Geldgeber nicht zwingen, dem Staat Geld zu borgen".

Die hohe Ärztedichte und die hohen Operationskosten haben in meinem Fall übrigens nicht verhindert, dass es Komplikationen gab, insofern, dass eine Verbindungsschraube brach, die eigentlich nach einem Schlüsselbeinbruch die Bänder hätte entlasten sollen.

Diese OP-Methode ist möglicherweise prinzipiell problematisch, weil diese einzige Schraube, die keine Scharnierschraube ist, extrem anfällig ist gegenüber Scher- und Querkräften.

Laut Auskunft kommen derartige Brüche von Schrauben öfters vor, ohne dass diese OP-Methode, die offensichtlich eher für das Sprungbein gedacht gewesen zu sein scheint, geändert worden wäre zu Scharnierschrauben, Mehr-Schrauben-Kombinationen oder flexibleren Materialien wie z.B. Schnüren.

D. Knoflach

6000 Euro für OP-Komplikationen in Wiener Spitälern ? Falsche OP-Methode ? "Systemwidrige", unversicherte Selbstzahler haben ohnehin genug Probleme mit dem Wiener Spitalsbetrieb, der für Versicherte maßgeschneidert ist ....

Laut IndexMundi hat Polen eine Ärztedichte von 2.27 auf 1000 Einwohner und damit eine geringsten der EU, hingegen Österreich 5.15 und Griechenland 6.26 (die höchste, wenn man von den Kleinstaaten Monaco und San Marino absieht, die teilweise den Charakter von Luxusstädten haben, die sich auch eine höhere Anzahl an Ärzten leisten können).

Als Gegenstandpunkt noch einen Bericht von Jagoda Pokrayska über die Situation in Polen:

https://www.treffpunkteuropa.de/der-sturz-der-gotter-in-weiss

Und ein Bericht über Ärztebezahlung von der MedUni Innsbruck, der allerdings nur 9 Länder umfasst und möglcierhweise einen Betriebsrats-Bias hat:

https://www.i-med.ac.at/betriebsrat1/info/Aerztegehaelter_im_Krankenhaus_im_europaeischen-Vergleich_Das-Krankenhaus_2011.pdf

https://derstandard.at/2000063239548/Gesundheitsausgaben-Oesterreich-liegt-in-EU-auf-dem-vierten-Platz

Der Standard-Artikel verschweigt, dass es sich bei den Prozentzahlen offensichtlich um Anteil am BIP dreht.

Zur Klarheit noch eine Eurostat-Statistik:

Hier sind Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Niederlande, Österreich und Schweiz die Spitzenreiter (unter 32 Staaten) in Sachen Gesundheitssystemausgaben am BIP (also gemessen am Bruttonationalprodukt), mit 10.3-11.4%.

Estland, Lettland, Litauen, Luxemburg, Polen, Rumänien haben laut dieser Statistik zwischen 5.1 und 6.3% Gesundheitssystemausgaben am BIP, wobei diese Staaten mit Ausnahme von Luxemburg ein erheblich niedrigeres BIP pro Kopf haben, sodass hier krasse Unterschiede bestehen.

Von europäischem Gesundsheitsmarkt kann so gesehen keine Rede sein. Diese Zahlen sollten vielleicht auch ein Argument sein, vorsichtig zu sein mit einer Einstellung der Zahlungen gegenüber Polen.

Berücksichtigt man, dass Österreich ein BIP-pro-Kopf von 128% des EU-Schnitts hat, hingegen Polen ein BIP-pro-Kopf von 68% des EU-Schnitts, so ergeben sich Unterschiedsfaktoren von 3.5; d.h. pro Kopf wird in Österreich (oder ähnlichen Staaten) rund dreieinhalb mal soviel für medizinische Versorgung ausgegeben wie in Polen (oder ähnlichen Staaten).

Es gibt eine klare Korrelation zwischen BIP-pro-Kopf und Gesundheitsausgaben-Pro-BIP, d.h. je reicher ein Staat, umso höher der Anteil der Gesundsheitsausgaben am BIP. Anders gesagt, die Gesundheitsausgaben wachsen ca. mit dem Quadrat des BIP-pro-Kopf.

Der einzige Ausreisser hier ist Luxemburg.

Zusätzlich noch eine Kritik von Jagoda Pokryszka des Buches "Demokratie ohne Wahlen" von David Van Reybrouck:

https://www.treffpunkteuropa.de/demokratie-ohne-wahlen

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