Ähnlich wie der Rezo-Vlog "Zerstörung der CDU" so knapp vor der EU-Wahl erschien, dass eine Auseinandersetzung damit und eine Widerlegung kaum möglich war, erscheinen nun auch in Österreich "Zerstörung der ÖVP"-Vlogs von jungen Männern, die ebenso leidenschaftlich wie fehlerhaft kommentieren, wieder nur ganz wenige Tage vor einer Wahl, diesmal der österreichischen Nationalratswahl.
Einige der Fehler, die den beiden unterlaufen:
1.) Anders als in den Videos behauptet, ist die ÖVP nicht diejenige Partei, die seit dem zweiten Weltkrieg am längsten regierte: die SPÖ regierte immer mit Ausnahme der Perioden 1966-1970, 2000-2006 und 2017-2019, also immer mit Ausnahme von 12 Jahren. Die SPÖ regierte also während 62 der 74 Jahre seit dem Weltkrieg.
Die ÖVP hingegen regierte immer mit Ausnahme der Periode 1970-1986, also immer mit Ausnahme von 16 Jahren. Also 58 der 74 Jahre seit 1945.
Und, anders als in den Videos suggeriert, regierte die ÖVP praktisch nie alleine, nur ein einziges mal: von 1966 bis 1970.
Zu fast allen anderen ÖVP-Regierungszeiten hatte die ÖVP Koalitionspartner, manchmal größere, manchmal kleinere. Beide Vlogger führen einen extremen Shitstorm gegen die ÖVP unter Berufung auch auf vergangene Jahrzehnte, lassen aber außer acht, dass die ÖVP oft als kleiner Koalitionspartner der SPÖ (und einmal als nominell-kleinerer Koalitionspartner der FPÖ) das Regierungsprogramm in geringerem Ausmaße bestimmte als der jeweils größere Koalitionspartner.
2.) Es wird in den Videos behauptet, die CO2-Ausstossreduktion, der sich ÖVP-Landwirtschaftsminister Köstinger rühmte, sei nicht nachhaltig und beruhe auf Einmaleffekten, der Klimawandel sei nachhaltig und die österreichische CO2-Ausstossreduktion beruhe darauf, dass wegen der Klimaerwärmung weniger geheizt werden müsse. Anders, als in den Vlogs suggeriert, unterscheidet sich Österreich nicht wesentlich von anderen europäischen Ländern, was die Schadstoffausstösse betrifft. Auch die These, dass eine einmalige Hochofenwartung verantwortlich sei für die Rückgänge im CO2-Ausstoss, könnte sich als Fake-News herausstellen, weil von den zahlreichen VÖEST- und anderen Hochofen im Rotationsprinzip jedes Jahr ein Hochofen gewartet wird, um kontinuierliche Produktion zu gewährleisten.
3.) Das frühere Wahlkampfkostenbegrenzungsgesetz sah eine quasi "strafweise" Zahlung bei Überschreitung der Obergrenze vor, die je nach Höhe von 10% auf 25% des Überschreitungsbetrages anstieg. Die ÖVP hat diese Strafen, die man auch als Gebühren betrachten kann (ähnlich wie Vielfahrer Strafzettel als ganz normale Berufsausgabe verbuchen und oft auf von der Steuer absetzen können), immer bezahlt, so gesehen kann man nicht von einem Gesetzesbruch sprechen (dieses Gesetz ist auch nicht Teil des Strafgesetzbuches, sondern ein Teil des Parteiengesetzes). Auch dass Heidi Horten, eine ÖVP-Spenderin, die monatliche Spendengrenze, damit nicht an den Rechnungshof gemeldet wird, um 1000 Euro unterschritten hat (49.000 statt der 50.000, ab denen gemeldet wird), ist - anders als behauptet - kein Gesetzesbruch, genausowenig wie es ein Gesetzesbruch ist, in einer 50 km/h-Zone 49 km/h zu fahren.
Auch das mit dem "Wir wollen die Wahlkampfkostenobergrenze einhalten" der ÖVP ist ganz normale Politrhetorik: die grüne Vizebürgermeisterin Vassilakou machte vor ca. 10 Jahren einen Notariatsakt, der beinhielt, dass sie ein reines Verhältniswahlrecht (das es bis heute trotz grüner Regierungsbeteiligung nicht gibt) ANSTREBEN zu wollen, nicht umsetzen, nicht zur Koalitionsbedingung zu machen, sondern nur ANZUSTREBEN. Trotz zehnjähriger grüner Regierungsbeteiligung gibt es dieses vor 10 Jahren per Notariatsakt in Aussicht gestelltes reines Verhältniswahlrecht immer noch nicht. Ähnlicherweise hat Vassilakou die Ansage "Opposition bei Verlust" gemacht, die der ÖVP-Schüssel-Ansage "Opposition bei Platz 3" im Jahr 1999 stark ähnelte, und ähnlich wie Schüssel hat sich Vassilakou nicht an diese Ansage gehalten.
Was Vlogger wie Rezo und Konstantin & Co. machen: sie werfen der ÖVP, bzw. der CDU etwas vor, was andere Parteien ganz genauso machen, was Rezo, Konstantin & Co. aber verschweigen, und das ist natürlich keine Wissenschaft, sondern das genaue Gegenteil, nämlich einseitige Parteilichkeit.
4.) Was die PISA-Studie und die Bildungstests betrifft: Österreich hat im Großen und Ganzen dasselbe Bildungs-System wie ganz Europa. Und es gibt auch die These, dass Finnland bessere Werte bei Bildungstests hat, weil es weniger Migranten aus dem islamischen Raum hat als Österreich. Die Gesamtschule ist, anders als behauptet, kein Allheilmittel: die ostasiatischen Staaten erzielen hervorragende Erfolge bei den Bildungstests und bei den Nobelpreisen, aber nicht durch Gesamtschule, sondern durch Autoritarismus, durch Amy-Chua-Pädagogik. Dass in Zuwandererkulturen in Österreich schlechte Bildungschancen bestehen (insbesondere für Buben mit Migrationshintergrund, was eher mit der Pascha-Mentalität der Herkunftskultur zusammenhängt, nicht aber mit dem österreichischen Bildungssystem), lassen die Beiden unter den Tisch fallen, auch, dass die österreichischen Unis gratis sind, ohne Studiengebühren, also genau das, was eigentlich geeignet sein müsste, um der Vererbbarkeit von Bildung vorzubeugen. Wenn Österreich in den letzten Jahrzehnten eine restriktivere Zuwanderungspolitik betrieben hätte und nicht (mit Deutschland und Schweden) einer der größten Asylaufnehmer weltweit gewesen wäre, dann hätte es auch bessere Werte in Sachen Bildungstests und Vererbbarkeit der Bildung. Die Beiden Vlogger machen - möglicherweise irregeleitet durch Propagandisten und Faktenverdreher - falsche Analysen und sind ideologisch fixiert auf die Ursachen, die sie auf Wahlkampfgründen sehen wollen, während sie die wirklichen Gründe bzw. mögliche Gründe unter den Tisch fallen lassen. Diese beiden jungen Männer können sich natürlich - wenn ihre Behauptungen nach der Wahl auffliegen - darauf berufen, sie seien und so jung und man müsse ihnen das verzeihen. Umd mit dem Welpeneffekt, der Jungen alles durchgehen läßt, könnten sie damit Erfolg haben. Nicht die fehlende Gesamtschule, sondern die über viele Jahrzehnte extrem großzügige Asylpolitik Österreichs, die Parallelgesellschaften mit Sprachproblemen schuf, die in der Folge auch Bildungsprobleme werden, sind so gesehen schuld an den mittelmässigen Bildungstestergebnissen bei hohen Ausgaben in Österreich.
Es gibt übrigens ein gutes Buch zur Methodenkritik des PISA-Tests: "PISA & Co. Kritik eines Programms" von Jahnke/Meyerhöfer
5.) Gänzlich absurd wird´s, wenn die ÖVP schuldig gesprochen wird für das Weltklima. Na, aber sicher doch, weil Österreich so ca. 74% des Weltindustrieproduktion beherberge ;) Manche der Lügen in diesen Vlogs sind so krass, dass man wirklich nicht anders kann, als eine Satire zu schreiben.
6.) Die Kürzungen bei der Betreuung von Frauen, die Gewaltopfer wurden, zu erwähnen, hingegen die Erhöhung der Strafen für Vergewaltigung nicht, so wie bei den Videos, ist auch eine halbe Sache, die auch den Drall der früher betreuenden Organisationen unerwähnt lässt. Das Frauenministerium war fast immer ein SPÖ-Ministerium, daher sind die meisten Frauenorganisationen SPÖ-eingefärbt. So gesehen ist es kein Wunder, dass eine SPÖ-lose Regierung die Förderung für SPÖ-nahe Organisationen wieder zurückfährt.
Das sind nur einige der Fehler, die mir auffielen, und die ich mir seit gestern merkte. Aber ich schätze, es gibt sicher noch haufenweise davon.
Jeder, der einen Fehler in einem der Videos findet, wird hiermit ersucht, ihn als Kommentar unten zu posten.
Ich will nun nicht sagen, dass die ÖVP fehlerlos sei, ganz im Gegenteil, ist sie nicht; aber so undifferenzierte und einseitige Kritik, die noch dazu mit dem Nimbus "Das haben manche Wissenschafter so gesagt" arbeitet und gleichzeitig verschweigt, dass andere Wissenschafter das Gegenteil sagen, scheint auf das hinauszulaufen, was der Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) mit dem Slogan "Wahlkampf ist die Zeit der fokussierten Unintelligenz" bezeichnete und der frühere ORF-Generaldirektor Gerd Bacher als die "Infantilisierung der Demokratie".
Bei so extrem kurzfristig vor den Wahlen publizierten und daher kaum oder zuwenig kritisierten Videos, die noch dazu eine hohe Reichweite haben, kann man durchaus von Wahlmanipulation sprechen.
"Wer mit 20 nicht links ist, hat kein Herz; und wer mit 40 noch immer links ist, hat kein Hirn" lautet ein alter Politikspruch, der wahlweise Churchill oder Clemenceau zugeschrieben wird.
Auf jeden Fall ist das Internet ein Jugendmedium mit dem dazu passenden politischen Eher-Links-Trend.
Der aber für die gesamte Wählerschaft nicht repräsentativ ist, genausowenig wie die rot-grüne Hegemonie im Journalismus für die Wählerschaft repräsentativ ist.
Während es bei den Meinungsumfragen und ihren Veröffentlichungen kurz vor den Wahlen eben wegen des manipulativen und wahlverfälschenden Effekts immer mehr Publikationsverbote gibt, oder auch Wahlsystemänderungen, um die Wahlsysteme immuner gegen taktisches Wählen zu machen, gibt es diesbezüglich bei den Hit-and-Run-Vlogs nichts. In diesen Vlogs, die regelmässig wenige Tage vor der Wahl erscheinen, sind soviele Fehler, dass man überlegen sollte, IHRE PUBLIKATION 6 WOCHEN VOR DER WAHL ZU VERBIETEN, damit sie noch vor der Wahl angesehen und kritisiert werden können.
Youtube-Videos sind auch deswegen demokratiezerstörerisch, weil anders als in der parlamentarischen Demokratie die Gegenrede fehlt: Rezo und Konstantin und Co. machen daher genau dasselbe wie Adolf Hitler: sie hämmern ihre einseitigen und oft falschen Thesen (ohne Gegenrede), die nur deswegen Anklang finden, weil sich innerhalb der kurzen Frist (nur wenige Tage vor der Wahl) niemand findet, der ihnen kompetent widerspricht. Darin, dass Vlogger wie Hitler die Gegenrede aussschalten und die Demokratie zerstören, zeigt sich das offen Faschistische der Neuen Medien. Gegenrede und Kritik ist in Youtube-Videos und Vlogs genauso unmöglich, wie sie es in einer nationalsozialistischen Diktatur ist. Die Vlogs von Rezo, Konstantin & Co. sind Einwegkommunikation; während bei Hitler Ordner (darunter die SA) dafür sorgten, dass niemand kritische Zwischenrufe machte, ist es bei Youtube die Technik als solches, die kritische und korrekte und angebrachte Zwischenrufe verhindert, sodass der Eindruck allgemeiner Zustimmung entstehen kann. Eine nazi-SA-nahe Funktion hat auch die Blockmöglichkeit auf Foren wie Twitter oder FUF: ähnlich wie die SA kritische Zwischenrufer einfach rausschmiss, unterdrückt die Blockfunktion die Äußerung demokratischer Kritik.
Eine weitere Parallele zwischen diesen pseudopolitischen Vlogs und dem Nationalsozialismus ist das Carl-Schmitt´sche "Freund-Feind-Schema": die Konstruktion einen tiefen Grabens zwischen politischem Freund und politischem Feind gehörte laut dem nazinahen Rechtstheoretiker Schmitt zur Essenz des Puren Politischen; allerdings hatte der nazinahe Schmitt im Unterschied zu Rezo, Konstantin & Co. den Vorteil, dass er das Freund-Feind-Schema erwähnte und analysierte, während man bei Rezo und Konstantin den Eindruck haben kann, dass sie es anwenden und gleichzeitig ihr Wissen darüber verschweigen.
Die "Zerstörungswut" junger Männer, die sich in diesen Videos äußert und die oft so faktenfrei ist, passt zur These, dass im Teenagerkino die Zerstörung fremden Eigentums unbedingt gezeigt werden muss, wenn man die Kinogeherzahlen maximieren will.
Diese Vlogs erinnern mich an eine These des Medientheoretikers Neil Postman: "Das Fernsehen ist nicht für Idioten geschaffen, sondern es erzeugt sie", sagte Neil Postman, der Autor von Büchern wie z.B. "Wir amüsieren uns zu Tode" und "Das Verschwinden der Kindheit". Und Ähnliches gilt auch für die Vlogs der Beiden. Schliesslich sind ja Vlogs wie das Fernsehen visuelle Medien, die eher emotionalisieren und den Verstand abtöten. Die Vlog (Video-Blogs) tragen das Visuelle, das sie mit dem Fernsehen gemeinsam haben, samt dem damit zusammenhängenden Trend zu Emotionalisierung und Derationalisierung bereits im Namen.
Hier das Original: die "Zerstörung der CDU".
Auch hier zahlreiche Fehler: am krassesten die Behauptung der Kriegsverbrechen im Zusammenhang mit dem Libyen-Krieg.
Der Libyen-Krieg bzw. die Flugverbotszone hatte ein UNO-Mandat und war so gesehen völkerrechtskonform, und Deutschland beteiligte sich an der Flugverbotszone, entsandte aber wie alle europäischen oder amerikanischen Staaten keine Bodentruppen, die Kriegsverbrechen hätten begehen können. Damals regierte übrigens eine CDU-SPD-Koalition, nicht eine CDU-Alleinregierung, wie man glauben müsste, wenn man Rezo zuhört.
Man kann davon ausgehen, dass bei einer Flugverbotszone Kriegsverbrechen unmöglich sind, erstens, weil zivile Fluglinien derartige Zonen meiden, und weil zweitens die Piloten von "feindlichen" Kriegsflugzeugen Kombattanten sind, die getötet werden dürfen, es sei denn sie sind entwaffnet und/oder signalisieren Aufgabe.
CC / Richard Bartz https://de.wikipedia.org/wiki/Welpe#/media/Datei:Keeshond_Sibirian_Husky_crossbreed_puppy.jpg
Wir verzeihen den blutjungen, angeblich-ahnungslosen und lügenverbreitenden "Welpen" wie Rezo und Konstantin und Co. alle ihre von Fehlern nur so strotzenden Fake-News-Blogs. Und zwar auch dann, wenn sie damit die Wahlen manipulieren und eine große Zahl an Wählerinnen und Wähler in die Irre führen mit Falschinformationen, die sich aber erst nach der Wahl als falsch herausstellen können, weil diese Vlogs so kurz vor der Wahl veröffentlicht werden.
Und wenn die Fehler und die angeblichen "Tolpatschigkeiten" ein so großes Ausmaß erreichen und die Demokratie, sollte der Gesetzgeber einspringen und Publikationsverbote für die letzte Phase vor der Wahl erlassen. Damit Waffengleichheit herrscht zwischen Angreifern und Verteidigern.
Diese unerfahrenen, angeblich "tolpatschigen" jungen Männer, deren Vlogs wenige Tage vor der Wahl auftauchen und deren Vloginhalte sich regelmässig wenige Tage nach der Wahl als weitgehend falsch erweisen, sind eine Gefahr für die Demokratie, und dementsprechend sollten sie auch behandelt werden. Die durch diese FakeNews verursachten Wählerwanderungen können Mehrheiten umdrehen und damit die Demokratie pervertieren.
P.S.: im eingeblendeten Video zum Thema "Wie wird man ein erfolgreicher Youtuber ?" wird empfohlen, leidenschaftlich zu sein; nicht hingegen wird empfohlen, aufrichtig zu sein oder wahrhaftig. Das ist sehr vielsagend über den kulturellen Verfall, in dem nur der Erfolg zählt, aber nicht, ob man ihn durch anständige oder unanständige Mittel erzielt.