In Zusammenhang mit der Forderung von Kanzlerkandidat Kurz ist eine Debatte ausgebrochen, ob und in welchen Bereichen Generalprävention wirkt und in welchen nicht.
Kurz hatte höhere Strafen für Gewaltdelikte gefordert, der Präsident der Richtervereinigung hatte ihm widersprochen; er meinte, erstens sei das Strafrecht reformiert worden, zweitens sei die Generalprävention bei Gewaltdelikten gering.
Unter negativer Generalprävention versteht man den abschreckenden Effekt, den ein hartes Urteil auf Andere hat.
Unter positiver Generalprävention versteht man den Effekt des steigenden Vertrauens in das Rechtssystem, das durch den Unterschied zwischen hoher Strafe und Nicht-Strafe existiert.
Beim abschreckenden Effekt von Strafen kann man mehrere Aspekte beobachten:
1.) die Hoffnung, nicht erwischt zu werden, senkt den generalpräventiven Effekt. D.h. intensivere Überwachung könnte auch den generalpräventiven Effekt von Strafen verstärken.
2.) In verschiedenen Teilbereichen des Rechts können die generalpräventiven Effekte unterschiedlich groß sein: z.B. gibt es die Theorie, dass bei Sexualdelikten der generalpräventive Effekt von Strafen gering sei, weil das Strafen am Sexualtrieb eben nichts ändere. Der Präsident der Richtervereinigung vertritt die Theorie, dass bei Gewaltdelikten der generalpräventive Aspekt von Strafen gering sei, mit dem Argument der Affektdelikte, also der z.B. im Zorn begangenen Delikte. Im Zorn denkt man nicht an Verurteilungen in ähnlichen Fällen, von denen man einmal gehört oder gelesen hat. Allerdings scheint der Präsident der Richtervereinigung zu übersehen, dass es auch nicht-affektive Gewaltdelikte gibt, z.B. Raub mit Gewaltanwendung oder -androhung, insbesondere bei Gewerbsmäßigkeit.
https://kurier.at/politik/inland/richter-praesident-kritisiert-kurz/279.271.651
Nur teilweise in die Debatte passt die Forderung nach Erhöhung von Mindeststrafen bzw. des Minimums an unbedingten Strafanteilen, die ich in Zusammenhang mit dem Würgedominaprozess erhob. In dieselbe Richtung (Erhöhung der Mindeststrafen) geht auch die Forderung von Rainer Wendt, dem (Ex-)Vorsitzenden der deutschen Polizeigewerkschaft in seinem Buch "Deutschland in Gefahr".
Umstritten ist auch der generalpräventive Effekt im internationalen Recht, z.B. bei Kriegsverbrechen.
Auch untersuchenswürdig erscheint mir der Unterschied zwischen Geschworenenurteilen bzw. Schöffensenatsurteilen und Urteilen professioneller Richter.
Auf eine gewisse Weise kann man die Position der Präsidenten der Richtervereinigung auch als widersprüchlich betrachten: von Richtern und -innen kommt vielfach Kritik an der Geschworenen- und Schöffengerichtsbarkeit, vielfach zu Recht.
Und Geschworene und Schöffen neigen in machen Fällen in der Tat dazu, sehr niedrige Strafen zu verhängen, bzw. bedingte Strafen.