Die Wiener Mariahilferstrasse darf ja nun keine Strasse mehr sein, sondern muss laut rot-grünem Willen ein Begegnungszone sein. Und begegnen tut man in dieser Begegnungszone des öfteren Demonstrationen (was die Geschäftsleute der Mariahilferstrasse ziemlich stört, weil sie dadurch Einnahmen verlieren).

Und heute war eine Demonstration von Schiiten, die bzw. deren Vorfahren aus Irak, Iran und Afghanistan kommen/kamen, und die Imam Hussein und die Schlacht von Kerbala 680 "würdigten". Imam Hussein war ein Enkel des Religionsgründers Mohammed und ergab sich mit seinen 72 Streitgenossen nicht, was in Anbetracht der feindlichen Übermacht von 30.000 Kämpfer ziemlich unvernünftig gewesen zu sein scheint. Das ändert aber nichts daran, dass Hussein deswegen als großer schiitischer Held und als Inbegriff der Vernunft und des Friedens gilt. Jesus hat in einer ähnlichen Situation lediglich sich selbst geopfert, aber darauf bestanden, dass seine Mitstreiter sich mit dem Römern arrangieren, eine Vorgangsweise, die dem wahren dschihadistischen Selbstmordattentäter nur ein empörtes Stöhnen entlockt.

Die Schlacht von Kerbala würde sich eigentlich am 10. Oktober jähren, aber diesmal wurde Hussein bereits am 15. September "gewürdigt" vermutlich wegen eines bevorstehenden Ereignisses im Syrienkrieg, dem Sturm auf Idlib durch alawitisch-iranisch-russische Truppen. Die Alawiten, der auch die in Syrien seit vielen Jahrzehnte herrschende Assad-Familie angehört, sind Glaubensbrüder der iranischen Schiiten.

Die Schlacht von Kerbala war eigentlich eine gegen einen vorislamischen Gegner, aber die schiitische Geschichtsverdrehung hat es mit sich gebracht, dass die Schlacht von Kerbala verwendet wird, um die schiitische Kampfmoral im innerislamischen Konflikt, also gegen Sunniten, anzuheizen, mit dem Segen der schiitischen Geistlichkeit, die wegen der Identität von politisch Mächtigen und Religiösen Würdenträgern ganz und gar nicht der Darstellung des Islam als einer "Religion des Friedens" entspricht.

Wie man Liebe und Menschlichkeit zum Ausdruck bringt, wenn man mit nur 72 Mitstreitern Krieg gegen einen übermächtigen Gegner führt, weiss wohl nur ein schiitischer Gott, falls es einen solchen gibt.

In derartiger Unterlegenheit Krieg zu führen wie Hussein, ist zwar Widerstand, aber es ist zweifelhaft, ob normale Menschen das als vorbildlich einstufen würden. Wenn es das Ziel ist, zu sterben, und im Jenseits mit einem Dutzend Jungfrauen belohnt zu werden, was nach Ansicht mancher islamischer Geistlicher die Belohnung für das Märtyrertum ist, dann kann man das vielleicht als vorbildlich betrachten.

(Copyright aller Fotos: D. Knoflach)

Die Demo hatte einen hohen Durchorganisationsgrad, die Plakate hatten ein einheitliches Schriftbild, so als hätte eine kleine Gruppe die Demo organisiert und die Anderen wären (sklavisch?) gefolgt. Das Normale bei anderen Demos ist eigentlich, dass viele verschiedene Gruppen viele verschiedenen Plakate und Fahnen in vielen verschiedenen Stilen mit sich tragen. Aber der Islam ist eben ein stark hierarchische System mit Führerstrukturen: auch Mohammed, der Religionsgründer des Islam war politischer, militärischer und religiöser Führer in Personalunion, so wie Adolf Hitler Kanzler und Präsident gleichzeitig war.

Allerdings war bei dieser Demo wesentlich weniger Teilnehmer als beim Erdogan-Besuch in der Eishalle vor einigen Jahren..

Aschura-Feiern, die auch dem Gedenken an die Schlacht von Kerbala dienen, werden oft mit Selbstgeisselungen oder Kindergeisselungen begangen, ein Brauch, der den Kriegszustand der Schiiten mit dem Rest der Welt aufrechtzuerhalten imstande ist. In verschiedenen österreichischen Gesetzen werden Aschura-Feiern, die auch der Kriegspropaganda dienen können, gewürdigt, bzw. vorgeschrieben. Es ist fraglich, ob das überhaupt neutralitätskonform ist, oder ob Österreich deswegen als Kriegsalliierter aller Schiiten, egal, wo sie gerade Krieg führen, betrachtet werden müsste.

Doch nun zur Politik des Iran in den letzten Jahrzehnten: seit Beginn der "iranischen Revolution" von 1979 war diese verbunden mit Kriegen oder mit Ausschaltung von politischen Gegnern. Die Machtkämpfe und "Säuberungsaktion", die der Schiitenführer Ajatollah Khomeini angeordnet hatte, waren insofern zieführend, als sie alle nicht-schiitschen Schah-gegner eliminierten, aber diese "Säuberungsaktionen" hatten auch den Nachteil, dass sie die iranische Armee schwächten und so Saddam Hussein, den Präsidenten des benachbarten Irak, zum Krieg provozierten.

Im Iran-Irak-Krieg brauchte die islamische Republik Iran einen hohen Nachschub an Soldaten, weshald die iranischen Frauen mehr Kinder gebären mussten: die Schwangerschaft wurde zu einer Art der patriotisch-religösen Pflicht. Nach dem Iran-Irak-Krieg, der mit einem Unentschieden ohne Grenzänderungen endete, vollführte der Iran in den 1990er Jahren eine Kehrtwende in Sachen Gebärzwang und setzte für ein islamisches Land eine erstaunlich schnelle Verringerung der Geburtenrate durch, mit ebenden despotischen Mitteln, die dieser Theokratie eben zur Verfügung stehen. Heute sprechen zahlreiche schiitische Geistliche von der Notwendigkeit, dass der Iran bevölkerungsreicher werden müsse und seine Bevölkerung auf 150 Millionen verdoppeln müsste, was vielleicht ein Ausdruck einer Angst vor einem Regime Change ist.

Das Bildungssystem, das von manchen westlichen Kommentatoren für den Geburtenrückgang in den 1990er Jahren verantwortlich gemacht wird, dürfte keine so große Rolle gespielt haben: weil die Ausbildung sehr berufsorientiert war, weil ein großer Teil der Bildungsausgaben in die Religionsschulen floss und weil dieses Geld im normalen Bildungssystem fehlte.

Auch die Verhütungskampagnen waren keine wirklich tiefgehende Bildung. Wenn es im Iran eine neuerliche Wende hin zum Geburtendschihad (also hohen Geburtenraten und Bevölkerungswachstumraten) geben sollte, was in Anbetracht des Regimes und der gefühlten Bedrohung möglich erscheint, dann wäre der Iran sogar ein Widerleger der Irreversibilitätsthese: in der Bevölkerungswissenschaft herrscht die Meinung vor, dass die Geburtenraten nicht mehr steigen, wenn sie einmal stark gesunken sind. Allerdings ist der Iran in vielerlei Hinsicht ganz anders als die klassischen Beispielsfälle für die Irreversibilitätsthese.

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