Zusätzliche Negativstimme Verletzung des gleichen Wahlrechts ?

Nachdem einige Vertreter der "Liste Pilz" (z.B. Zinggl) den Vorschlag gemacht haben, als Demokratiereform zusätzlich zur Stimme (zur Positivstimme) eine Negativstimme einzuführen, mit deren Hilfe man die "bestgehasste" Partei sozusagen "rauswählen" kann, hat sich ein weiterer Vertreter der "Liste Pilz" (nämlich Noll) zu Wort gemeldet mit der Behauptung, er würde eine Negativstimme ablehnen, weil sie eine Verletzung des gleichen Wahlrechts sei.

Zitat: "Vielleicht sind wir noch nicht ganz am Plafond intrarfraktioneller Zusammenarbeit und professioneller Medienarbeit, wenn unser Kultursprecher von der APA als alleinige Auskunftsquelle für Verfassungsfragen genützt wird. - Es gibt sicher die Notwendigkeit, unsere repräsentative Demokratie um weitere Möglichkeiten der Teilhabe zu ergänzen, "Minus-Stimmen" bei Wahlen zu allgemeinen Vertretungskörpern sind eine bloß theoretische und nur vordergründig nette Variante, tatsächlich aber beseitigen sie in der Konsequenz das gleiche Wahlrecht. Mit mir nicht."

Ehrlich gesagt, ich kann nicht erkennen, inwieweit das gleiche Wahlrecht verletzt sein soll, wenn alle Wahlberechtigten sowohl eine Positivstimme als auch eine Negativstimme erhalten sollten.

Vielleicht ist ja (entgegen dem üblichen Sprachgebrauch, der mit "Wahlrecht" das "aktive Wahlrecht" meint) das gleiche passive Wahlrecht gemeint, also das Recht, gewählt zu werden.

In der Tat bedeutet in einem klassisch-gedachten Links-Rechts-Schema eine Negativstimme eine Verschlechterung der Chancen politischer Extreme (links und rechts), gewählt zu werden, während es einen Vorteil für die Politische Mitte bedeuten würde, weil sie am allerwenigsten fürchten müßte, "rausgewählt" zu werden.

Eigentlich sollte man annehmen, dass Noll kompetent genug sein müßte, dies präzise zu formulieren.

Aber nachdem er meiner Meinung nach schon mit seiner Kritik am VfGH-Urteil zur Wiederholung der Bundespräsidentschaftswahl daneben gelegen ist, sollte das vielleicht auch nicht mehr verwundern ....

Falls "innerparteiliche Demokratie" und "Clubzwangabschaffung" für die "Liste Pilz" bedeuten sollte, dass es innerhalb der "Liste Pilz" mehrere, gleichermassen unhaltbare Positionen gibt, dann müßte man diese Form der angeblichen "innerparteilichen Demokratie" tatsächlich einmal überdenken ....

Eine andere These wäre, dass die Ablehnung des Minusstimmen-Konzepts, so wie Noll das hier vermutlich praktiziert, auf einem linearen Links-Rechts-Schema beruht.

Aber was wäre, wenn das Modell des linearen Links-Rechts-Schemas unangebracht wäre, und sich die Wähler und -innen im Form eines Kreises bilden würden ? In dem es dann auch Wählerwanderungen von Liknsextrem zu Rechtsextrem oder umgekehrt geben kann, die in einem linearen Links-Rechts-Schema eigentlich unmöglich sind ? Frei nach der Devise "Die Extreme berühren sich" ?

Dann gäbe es das gegenseitig-Hinauswählen von Linksextrem und Rechtsextrem nicht und könnte man auch nicht mit "Verlust oder Abschaffung des gleichen, passiven Wahlrechts" argumentieren ....

Oder vielleicht ging es Noll um überhaupt etwas ganz anderes: nicht darum, das "Minus-Stimmen"-Konzept zu kritisieren, sondern das aus seiner Sicht mangelnde aktive Wahlrecht von Nicht-EU-Staatsbürgern, die aber sozusagen "Wohnsitz-Bürger" seien, denen seiner Meinung nach das aktive Wahlrecht, zumindest auf kommunaler Ebene (siehe kommende Wien-Wahl, bei der ein solches Wahlrecht die Chancen der "Liste Pilz" vermutlich erhöhen würde) zu thematisieren ....

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