Nachdem der frühere Bundespräsident Heinz Fischer im König-Abdullah-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog eine Rede gehalten hatte, in der er die Todesstrafe kritisierte, aber ansonsten recht zurückhaltend agierte, hatte ich das Gefühl, dass er einiges außer Acht läßt.
Dazu habe ich die weltweiten Daten betreffend Religion, Todesstrafe und Fertilitätsrate durch den Computer laufen lassen:
Von den 188 Staaten (ein paar klitzekleine Inselstaaten habe ich ausgelassen) sind 56 Vollmitglieder der Organisation für islamische Kooperation (im folgenden kurz "islamisch" bzw. "islamische Länder" genannt), 132 sind es nicht (im folgenden "nichtislamisch" etc. genannt); 79 haben die Todesstrafe, 109 keine Todesstrafe.
Von den islamischen Ländern haben 69.6% die Todesstrafe, während von den nicht-islamischen Ländern 50.6% die Todesstrafe haben, also erheblich weniger.
Die islamischen Länder haben eine Fertilitätsrate von 3.44 Kindern pro Frau im ungewichteten Durchschnitt, die nichtislamischen Länder haben 2.32 Kinder pro Frau im Durchschnitt. Auch hier wieder liegen wie bei der Todesstrafe die islamischen Länder um fast genau die Hälfte höher als die nicht-islamischen Länder.
Auch bei Fruchtbarkeit und Todesstrafe gibt es einen erheblichen Unterschied:
Die Todesstrafenländer haben 3.081 Kinder pro Frau, hingegen die Nicht-Todesstrafenländer 2.347 Kinder pro Frau.
So gesehen scheint es einen Zusammenhang in die eine oder andere Richtung zu geben: die Paare (bzw. der Mann) könnte(n) sagen: "Wir leben in einem unsicheren Land, und die Todesstrafe ist Teil und Ausdruck davon, also planen wir sicherheitshalber 5 Kinder, damit drei überleben"; genauso wie die Regierungen sagen könnten: "Die Leute bekommen eh zuviele Kinder, da können wir ruhig die Todesstrafe einführen, dann haben wir weniger Probleme mit Arbeitsplatzbeschaffung und/oder Hungersnöten, etc."
Noch stärker als bei der Todesstrafe ist der Unterschied in der Fertilität aber beim Islam:
die hohe Kinderzahl im Islam hängt zusammen mit der untergeordneten Stellung der Frau im Islam und ihrer Rolle als Gebärmaschine gemäß der Sure "Die Frauen seien Euch ein Acker, geht zu ihnen, so oft ihr wollt".
Obwohl Mohammed so manches aus dem Christentum oder dem Judentum übernahm, die Mehrungsbegrenzung aus der Genesis übernahm er nicht; dort heisst es "Seid fruchtbar und mehret Euch, bis die Erde voll ist".
Eine derartige Begrenzung ist im Koran nicht vorgesehen.
Trotzdem gibt es islamische Länder, in denen bei hohen Bevölkerungsdichte die Geburtenzahl stark zurückgeht, z.B. Bangla Desh, das am dichtesten besiedelte Land Asiens (wenn man einmal von Stadtstaaten absieht). Allerdings besteht der Verdacht, dass das dicht besiedelte Bangla Desh Teile der eigenen Bevölkerung in die Provinz Rakkine im benachbarten Myanmar exportiert, was in Myanmar auf alles andere als Gegenliebe stösst: hier neigt das burmesische Militär ähnlich wie das bosnisch-serbische in den 1990er Jahren dazu, die hohen muslimischen Geburtenraten durch Massaker und/oder Kriegsverbrechen zu "korrigieren".
Die hohe Geburtenrate im Islam dient(e) einerseits der islamischen Expansion, oft militärischer Natur. In langanhaltenden Kriegszuständen spielt der Soldatennachschub (und das ist die Geburtenrate) eine wichtige Rolle.
Allerdings gibt es auch einen Zusammenhang zwischen Dschihad nach aussen und Dschihad nach innen: Gesellschaft, die gewalttätiger in der Aussenpolitik sind, sind dies auch in der Innenpolitik.
Die islamischen Staaten mit den niedrigsten Geburtenraten sind Albanien mit 1.705, Bahrain mit 1.998, Brunei mit 1.848, Iran mit 1.621, Kuwait mit 1.967, Libanon mit 1.704, Qatar mit 1.881, Vereinte arabische Emirate mit 1.725. (Gerade der Iran ist insofern ein interessanter Fall, als er das höchste Bevölkerungswachstum im sehr heftigen Iran-Irakkrieg der 1980er Jahre hatte, ein Grund ist wohl die Kombination aus staatlicher Kriegspropaganda und Islamischer Fundierung).
So gesehen kann man sagen, dass die reichen und ölreichen Golfstaaten trotz Islam niedrige Geburtenraten haben.
Das widerspricht bis zu einem gewissen Grad einer These der Bevölkerungswissenschaft, dass die Geburtenrate mit wachsender Bildung zurückgehe, nicht mit wachsendem Wohlstand, aber man kann ja auch vermuten, dass ein Zusammenhang zwischen Wohlstand und Bildung besteht, wobei andererseits die arabischen Ölstaaten keine besondere Bildung brauchen, um Öl zu fördern oder fördern zu lassen. (Aber vielleicht betreibt die Bildungswissenschaft auch Universitätslobbyismus und überbetont daher die angebliche Bedeutung der Bildung bei der Reduktion der Geburtenrate).
Die Gegenthese wäre, dass in vielen Kulturen Kinder (und der Töchterverkauf) eine Art Pensionsversicherungssystem seien, und die ölreichen Golfstaaten eben wegen des Ölreichtums ein solches kinderbasiertes Pensionssystem nicht brauchen und daher niedrige Geburtenraten haben "können".
CC / Krekeler https://de.wikipedia.org/wiki/Organisation_f%C3%BCr_Islamische_Zusammenarbeit#/media/Datei:OIC_countries_map.png
Die Länder der Organisation für islamische Kooperation (Vollmitglieder in Dunkelgrün)
CC / Lcmortensen https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Death_Penalty_World_Map.svg
Todesstrafe weltweit: Blau-Völlig abgeschafft; Grün-Nur in Sonderfällen (Kriegsrecht); Dunkelrot-Legal und Angewandt; Orange:Legal, aber ausgesetzt.
CC / Dwrcan https://de.wikipedia.org/wiki/Geburtenziffer#/media/Datei:Birth_rate_figures_for_countries_2008.png
Geburtenrate: bezogen auf 1000 Bürger, etwas veraltet (Daten von 2008), hingegen Daten für obige Durchschnittswerte von 2019 gemäß
http://worldpopulationreview.com/countries/total-fertility-rate/.
Und zum Abschluss noch einmal zurück zum König-Abdullah-Zentrum: es spricht in der Tat einiges dafür, dieses Zentrum aufrechtzuerhalten; denn es zu eröffnen und kurz darauf wieder zu schliessen könnte den Ruf von Österreich als stabilem und berechenbarem Partner (gerade in Hinsicht auf UNO- und OPEC-Sitz wichtig) beschädigen.
Allerdings überzeugt das Konzept nicht wirklich: ich bin selbst katholisch, aber kritisch-katholisch und möchte gar nicht, dass irgendein katholischer Würdenträger in meinem Namen spricht.
So gesehen scheint eine KACIICD-Reform, die weniger die Amtskriche und mehr das Kirchenvolk berücksichtigt, angesagt.