Zuerst möchte ich mit Begriffsdefinitionen beginnen, um bei einem so stark polarisierendem Thema nicht missverstanden zu werden.

Gutmensch: In meiner Wahrnehmung ist ein Gutmensch jemand, der "Political Correctness" zum Maxim seines Handelns macht. Tue Gutes und rede darüber - wobei hier der zweite Teil des Satzes enorm viel wichtiger ist. Die Ethik an sich spielt also eine untergeordnete Rolle - Gutmenschen geht es vor allem darum an sozialem Standing zu gewinnen.

Anlassgesetzgebung: Rechtsanwälte.at definiert den Begriff als "eine durch Hektik geprägte, überstürzte und damit meist unsystematische gesetzgeberische Reaktion unter dem Einfluss einer durch ein auslösendes Ereignis hervorgerufenen öffentlichen Diskussion und massiver Medienberichterstattung zu diesem Thema. Kritisch an solcher Gesetzgebung ist, dass sie oft undurchdacht ist oder nur der Befriedung öffentlicher Empörung dient, während man bei einer genaueren objektiv sachlichen Betrachtung zu einer negativen Beurteilung der Aenderung kommen würde."

Als die FMA diesen März per Bundesgesetz das Heta-Moratorium angeordnet hatte, hatte ich schon den leisen Verdacht, die SPöVP möchte sich mit diesem absurden Gesetz, welches mit Enteignung einiger Gläubiger gleichzusetzen ist, einfach nur bis über die nächste Nationalratswahl retten. Mittlerweile hat der Verfassungsgerichtshof meinen Verdacht erhärtet, und die Flut der eingereichten Klagen bestätigt ihn. Die Folgekosten von diesem legislativen Fauxpas werden enorm sein.

Noch schlimmer wird es, wenn Gutmenschen den letzten Ausweg in einer solchen Anlassgesetzgebung sehen, wie jetzt beim Durchgriffsrecht des Bundes zur Errichtung von Flüchtlingszentren. Da hoffe ich mal stark das dies ein rein symbolischer Akt ist - dann wiederrum wäre es rückwirkend doch zu befürworten. Bei einem emotional so heiklen Thema, es geht um reale Aengste unserer Bürger, sollte man die Menschen zusammenbringen, anstatt zu radikalisieren. Diese Solidarität kann niemals durch Zwang erreicht werden! Wenn die brutal hohe verbale Gewaltbereitschaft in sozialen Foren irgendwann zu Konflikten auf der Strasse führt, dann haben wir alle versagt!

Wir sollten Kriege beenden, anstatt auf Flüchtlinge zu schimpfen. Wir sollten uns überlegen wieso eine Region nach der anderen destabilisiert wird, und wer dann dort das Kommando übernimmt, um wirtschaftliche Interessen zu verfolgen. Dann würden wir irgendwann verstehen, dass beispielsweise die Wirtschaftssanktionen gegen Russland extrem kontraproduktiv sind und genau solche Kriege schüren. Vor vielen Monaten schon wollte die USA Syrien bombardieren, und nur Putin hatte sein Veto bei der UNO eingelegt, während wir Europäer brav mitgebombt hätten - genauso wie wir Erfüllungsgehilfen im Irak und in Afghanistan waren. Seit 25 Jahren herrscht dort Krieg und Terror!

Wir sollten uns überlegen welch globale Strategie hinter all diesen schrecklichen Kriegen steckt. Das Pentagon nennt ihre Strategie im Nahen Osten "Operation Inherent Resolve" - das Problem soll sich von innen her lösen. Also keine eigenen Bodentruppen mehr. Ein ehemaliger amerikanischer Chefstratege hat unlängst live auf CNN bestätigt, dass nicht nur die Kreation des IS, sondern auch deren Entwicklung bis zum heutigen Tag genau dieser Strategie entspricht.

Weltweit gibt es eigentlich nur mehr zwei Nationen, die einem absoluten Machtmonopol der amerikanischen Wirtschaftsmaffia im Wege stehen. Zuletzt wurde der Iran zugekauft, mit dem Atomdeal wird es den Freunden Russlands wieder möglich wirtschaftlich zu prosperieren. Und die Gegenleistung? Solidarität? So wie wir Europäer schon länger verkauft sind und brav nach Obamas Pfeife tanzen. Nordkorea würde ich als zu klein um ernstgenommen zu werden bezeichnen. Dann bleiben also nur noch China und Russland. Und denen rückt man Schritt für Schritt auf die Pelle, um sie irgendwann in die Knie zwingen zu können, wenn sie isoliert genug sind.

Anstatt in Traiskirchen Selfies zu produzieren, sollten wir lieber echte Bewusstseinsbildung betreiben. Den gesamten Weltschmerz werden wir nicht auf uns laden können - im Gegenteil, wenn wir das versuchen, wird es auch für uns eine schmerzhafte Erfahrung werden. Im Krisenfall kann und muss die Grenze der "sozialen Zumutbarkeit" schon mal überschritten werden, denn diese Grenze gibt es leider. Laut UNHCR.de gibt es weltweit 19,5 Mio "Refugees" (Kriegsflüchtlinge), weiters 38,2 Mio "Internally Displaced Persons" (im eigenen Land Vertriebene) und 1,8 Mio "Asylum Seekers" (Wirtschaftsflüchtlinge) - also insgesamt knapp 60 Mio Hilfsbedürftige.

Europa sollte riesige Asyl-Verteilerzentren in den Ländern Libyen, Aegypten, Türkei und Griechenland einrichten. Wir haben sowohl die finanziellen Mittel, als auch das politische Standing hierfür. Das wäre wirkliches Krisenmanagement, und wir könnten jene willkommen heissen und solidarisch versorgen, die es am nötigsten haben.

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