Auch beim Streiken – Wenn zwei das Gleiche tun ….

… ist es noch lange nicht dasselbe.

Das bestätigt sich z.Zt mal wieder.Beide streiken sie in Deutschland: zum einen die ErzieherInnen mit der Gewerkschaft Verdi, zum anderendie LokführerInnen mit ihrer Gewerkschaft Gdl.

Beide Gewerkschaften führen in diesen Tagen Streikaktionen durch. Beide bestreiken wichtige Dienstleistungen, in dem einen Fall der Verkehr auf der Schiene, in dem anderen Fall die Betreuung von Kindern. Von beiden Streiks sind viele Menschen in Deutschland stark betroffen. Beides sorgt für größte Beeinträchtigungen des persönlichen Lebens im Alltag vieler Menschen. Beides sorgt auch für erhebliche volkswirtschaftliche Kosten. Beide berufen sich auf verfassungsmäßig verbriefte Rechte.

Trotzdem: die öffentliche Wahrnehmung der Streiks unterscheidet sich doch völlig voneinander.

Die streikenden LokführerInnen sind öffentlich diskreditiert). Sie gelten als beschränkt, dumm, ignorant, übergeschnappt und unverantwortlich. „Bahnsinn“ (Bild) und ähnliche Äußerungen werden da gemacht. Die Politik mischt sich ein (zumindest verbal), es kommt zu massiver Kritik von führenden Politikern. Wirtschaftsverbände reagieren negativ (was zu erwarten war).

Aber Vertreter anderer Gewerkschaften (insbesondere von DGB-Gewerkschaften) springen der Politik auch noch bei. Bsp.: Michael Vassiliadis, Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE):

http://www.rp-online.de/wirtschaft/unternehmen/gewerkschaft-deutscher-lokomotivfuehrer-ig-bce-kritisiert-den-streik-aid-1.5065446

Den Chef der streikenden LokfüherInnenschaft pickt man sich dabei noch einmal persönlich besonders heraus. Kritik wird zusätzlich auf den Gewerkschaftschef selbst gezielt. Die Frage, ob das noch sachorientiert ist, darf man sich da schon stellen. Etwa hier:

http://www.ksta.de/wirtschaft/gdl-chef-der-unversoehnliche-claus-weselsky,15187248,30623364.html

Oder hier:

http://www.hna.de/politik/bahnstreik-gdl-brief-claus-weselsky-4977474.html

Über die Kommentare in den sozialen Medien schweigen wir mal lieber von vornherein.

Man kann sagen: Deutschland ist einträchtig mit Schaum vor dem Mund in der Opposition gegen die Gdl vereint.

Ganz anders dagegen die öffentliche Betrachtung des Streiks der Kita-ErzieherInnen. Ich zumindest kann in den Medien momentan keine besondere Kritik und keine besondere Wut gegenüber den streikenden Erzieherinnen und Erziehern erkennen, obwohl dieser Streik sogar unbefristet geführt wird und die Gehaltsforderung nach einem Plus von 10% überhaupt nicht von Pappe ist.

Ebenfalls arbeitet sich niemand an der Person des Verdi-Vorstzenden Frank Bsirske ab. Psychogramme und Persönlichkeitsanalysen fehlen ganz.

Ich finde das doch bemerkenswert. Warum ist die Wahrnehmung vergleichbarer Vorgänge so unterschiedlich?

Es liegt sicherlich am unterschiedlichen Image der Berufsgruppen und deren Gewerkschaftschefs. Oder plakativ gesagt: es ist halt leichter Lokführer und einen Ossi mit Schnauzbart (Weselsky) anzugreifen als ErzieherInnen und einen Wessi mit Schnauzbart (Bsirske). Das eine macht sich in der öffentlichen Wahrnehmung eben viel besser als das andere.

Aber woher kommen die unterschiedlichen Images ?

Oder liegt es daran, dass der Kita-Streik hauptsächlich „nur“ Kinder und Frauen betrifft (die ja nach wie vor die Hauptverantwortung für die Betreuung übernehmen und bei Streik gucken können, wo sie bleiben) ?Der Kita-Streik betrifft meiner Ansicht nach die nicht so privilegierte Teile der Bevölkerung mit einer schwachen Lobby: eben Kinder und vor allem Mütter.Deswegen juckt es vielleicht nicht so sehr ?

Dagegen der Bahnstreik: der betrifft auch die Wirtschaft und große Unternehmen und deren Führungskräfte. Bissig gesprochen: wenn der Nachschub für die Großkonzerne und deren just-in-time-Produktion stockt und die Gewinne der Aktionäre geschmälert werden könnten, ist der Ofen aus. Ebenso wenn der Vorstand mit Laptop und 1. Klasse-Ticket in der Hand vergeblich auf seinen ICE wartet.

Ich mag mich ja täuschen.  Dies soll einstweilen nur ein Denkanstoss sein. Bin da selber noch nicht fertig mit meinen Überlegungen. Genauso wie diese Arbeitskämpfe auch noch nicht beendet sind.

Viele Grüße

Dirk

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Silvia Jelincic

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