Auch in Afrika ist der Klimawandel aktiv.

Nicht nur Europa, auch große Teile West- und Zentralafrikas leiden unter verheerenden Überschwemmungen. Der Süden des Kontinents hat dagegen mit einer historischen Dürre zu kämpfen.

In Maiduguri, im Nordosten Nigerias, waren nicht einmal die Mauern des Gefängnisses stark genug, um dem Wasser standzuhalten. Das Gebäude wurde schwer beschädigt, als sich Anfang vergangener Woche die Flut ihren Weg durch die Stadt bahnte. 281 Häftlinge entkamen, wie die Gefängnisverwaltung am Wochenende mitteilte, erst sieben konnten bislang wieder aufgegriffen werden.

Und nicht nur Häftlinge entkamen: Auch der Zoo von Maiduguri wurde überschwemmt. Mit der Folge, dass im Wasser, das den Menschen in großen Teilen der Stadt noch immer bis zur Hüfte reicht, nun auch Krokodile und Giftschlangen schwimmen.

Auch Kämpfer der Terrormiliz Boko Haram sollen entkommen sein

Wie in Teilen Europas gibt es derzeit auch in West- und Zentralafrika heftige Überschwemmungen. Sie reichen von Liberia am Atlantik über Mali und Nigeria bis in den Tschad. Die Folgen sind bislang nur schwer zu überblicken. Vier Millionen Menschen sind in der Region laut Unicef betroffen, von mehr als 1000 Todesopfern ist die Rede. Doch es dürften noch weit mehr werden.

In der Millionenstadt Maiduguri, wo infolge starker Regenfälle ein Damm gebrochen war und so die Flut ausgelöst hatte, sind laut nigerianischen Medien 37 Menschen gestorben. Hunderttausende Bewohner der Stadt verloren ihr Zuhause. Nicht nur zahllose Wohnhäuser liegen in Trümmern, auch die beiden wichtigsten Krankenhäuser wurden teilweise zerstört. Der Gouverneur des Bundesstaates Borno, dessen Hauptstadt Maiduguri ist, bezeichnete das Ausmaß der Zerstörungen als „jenseits menschlicher Vorstellungskraft“.

Für die Menschen in und um Maiduguri sind die Fluten nur das jüngste in einer langen Reihe von Unglücken. In den vergangenen Jahren wurden sie immer wieder von bewaffneten Konflikten und islamistischem Terror heimgesucht. Wie die britische BBC berichtet, sollen unter den entflohenen Häftlingen auch Kämpfer der Terrormiliz Boko Haram sein.

Der Kontinent ist vom Klimawandel besonders stark betroffen

In der Stadt wurden 36 Auffanglager eingerichtet und eine Cholera-Warnung ausgegeben. Nigerias Regierung spricht von den schlimmsten Überschwemmungen seit Jahrzehnten. In Niger, Nigerias nördlichem Nachbarland, kamen bei den Fluten nicht nur Hunderte Menschen ums Leben. Die Wassermassen zerstörten auch die 200 Jahre alte Große Moschee von Zinder, das Wahrzeichen der Stadt.

Die Überschwemmungen sind eines von zahlreichen extremen Wettereignissen, unter denen Afrika seit Jahren in wachsendem Maße leidet. Die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) meldete Anfang September, dass der Kontinent vom Klimawandel besonders stark betroffen sei. In den vergangenen 60 Jahren habe sich die Temperatur hier schneller erhöht als in anderen Teilen der Welt. 2023 war laut WMO eines der drei wärmsten Jahre, die in Afrika seit Beginn der Aufzeichnungen vor mehr als 100 Jahren gemessen wurde.

Im Süden verdurstet das Vieh

Die Folge sind Überschwemmungen wie aktuell in West- und Zentralafrika. Auch die beiden Staaten Sudan und Südsudan sind betroffen, im April und Mai traf es Ostafrika. Der Süden des Kontinents leidet dagegen unter einer historischen Dürre. Fast 70 Millionen Menschen sind dort auf Hilfe angewiesen, weil die Ernten ausfallen und das Vieh verdurstet, warnte im August die Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika (SADC). Mehrere Staaten riefen den Notstand aus.

Die Regierungen von Namibia und Simbabwe kündigten an, aufgrund der Dürre zahlreiche Wildtiere erlegen zu lassen. Unter anderem soll das Fleisch der hungernden Bevölkerung zugutekommen. Unter den Tieren, die dafür gejagt werden sollen, sind auch viele Elefanten, 83 in Namibia und 200 in Simbabwe. Tierschützer kritisieren das Vorgehen.

Die Weltorganisation für Meteorologie schätzt, dass Subsahara-Afrika in den kommenden zehn Jahren 30 bis 50 Milliarden Dollar jährlich investieren muss, um sich auf den Klimawandel einzustellen. Benötigt würden etwa bessere Frühwarnsysteme. Viele afrikanische Staaten sind allerdings schwer verschuldet und daher kaum in der Lage, die Investitionen aufzubringen.

Von Paul Munzinger, Kapstadt

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