Der ultraliberale Präsident hat dem Land harte Reformen verordnet. Tatsächlich ist es ihm gelungen, den Haushalt auszugleichen und die Inflation zu drücken. Das bleibt aber nicht ohne Nebenwirkungen.
Es ist noch nicht lange her, da war in den schicken Steak-Restaurants von Buenos Aires viel Portugiesisch zu hören. An den Wochenenden kamen die Brasilianer in Scharen in die argentinische Hauptstadt, um saftiges Grillfleisch und süffigen Rotwein zu Schnäppchenpreisen zu genießen. Jetzt essen sie ihr Churrasco lieber wieder daheim, denn Argentinien ist von einem der günstigsten zum teuersten Land Südamerikas geworden.
Eine Tasse Kaffee kostet in der Innenstadt von Buenos Aires umgerechnet 3,50 US-Dollar (aktuell 3,24 Euro), der Liter Milch 2,20 Dollar und das Tagesgericht in einem einfachen Restaurant 18 Dollar. Die Preise liegen deutlich höher als in den Nachbarländern Brasilien und Chile. Dabei beträgt der gesetzliche Mindestlohn in Argentinien gerade einmal rund 260 Dollar.
Argentiniens ultraliberaler Präsident Javier Milei hat dem hoch verschuldeten Land ein radikales Reformprogramm verordnet. Der Wirtschaftswissenschaftler entließ Tausende Staatsbedienstete, kürzte Subventionen und beendete die Finanzierung öffentlicher Ausgaben mit der Notenpresse.
Die neue Wirtschaftspolitik hat Nebenwirkungen: Argentinien ist gemessen in US-Dollar mittlerweile das teuerste Land Südamerikas. Nach der jüngsten Erhebung des sogenannten Big-Mac-Index der Zeitschrift "The Economist" vom Januar ist der argentinische Peso rund 20 Prozent überbewertet. Während der Burger von MacDonald's in den USA 5,79 Dollar kostet, werden in Argentinien nach dem offiziellen Wechselkurs 6,95 Dollar fällig. Nur im Hochlohnland Schweiz ist der Big Mac noch teurer.
Sinkende Reallöhne und hohe Preise schwächen Kaufkraft
Verantwortlich dafür ist, dass die monatliche Abwertung des Peso gegenüber dem US-Dollar unterhalb der Inflationsrate liegt. Nachdem Milei zu Beginn seiner Amtszeit den Peso auf einen Schlag um über 50 Prozent abgewertet hatte, wird die Landeswährung mittlerweile nur noch um ein Prozent pro Monat abgewertet, während die monatliche Inflationsrate noch immer über zwei Prozent liegt. Dadurch entsteht ein Missverhältnis zwischen dem Nominalwert des Peso und seiner realen Kaufkraft.
Vor allem die Ärmsten leiden unter dem Verlust an Kaufkraft. So sank laut einer Studie der Wirtschaftsfakultät der Universität von Buenos Aires (UBA) der Mindestlohn in Argentinien von umgerechnet 413 Dollar zu Beginn von Mileis Amtszeit auf jetzt 260 Dollar. Mittlerweile leben 52,9 Prozent der Argentinier unterhalb der Armutsgrenze. "Die sinkenden Löhne in Dollar und der Anstieg der Preise haben die Kaufkraft der argentinischen Haushalte erheblich geschwächt", schreiben die Autoren der UBA-Studie.
Wer hingegen gut in Pesos verdient, kann jetzt Schnäppchen im Ausland machen. Während der Sommerferien auf der Südhalbkugel strömten die wohlhabenden Argentinier an die Strände von Uruguay und Brasilien. Die Einkaufszentren in Chile waren lokalen Medienberichten zufolge voll mit Argentiniern, die sich kofferweise mit Kleidung und Elektroartikeln eindeckten.
Für die heimische Wirtschaft allerdings könnte der starke Peso langfristig zum Problem werden. Er macht die Produktion in Argentinien teurer und verschlechtert damit die ohnehin geringe Wettbewerbsfähigkeit der argentinischen Industrie.
"Die realen Auswirkungen der übertriebenen Aufwertung des Peso sind leicht vorauszusehen", schreibt der ehemalige argentinische Wirtschaftsminister Domingo Cavallo in seinem Blog. "Die Importe werden zunehmen, wodurch heimische Produzenten aus dem Wettbewerb gedrängt werden, und die Produktion von Exportgütern wird gebremst."