Folgende Gesichte ist zwar etwas überspitzt dargestellt, jedoch tatsächlich so passiert. Das ist kein Scherz. Ich wünschte dem wäre so.
Nach langem Suchen hatten wir es endlich geschafft. Wir hatten eine Wohnung gefunden. Erstbezug, in bester Lage mit malerischer Aussicht auf eine, leicht abfallende Wiese voller Obstbäume, die dem Vermieter gehörte.
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Die Maklerin am Telefon, leicht verwirrt aber trotzdem freundlich, sicherte uns zu, dass diese schmucke Maisonetten Wohnung für uns reserviert sei und sobald man hineinschauen könne, die Wohnanlage war noch im Bau, könnten wir auch einen Besichtigungstermin ausmachen.
Nach einigen Wochen war es dann soweit: Wir hatten den Termin mit der Maklerin und betraten zum ersten Mal unsere Wohnung. Gut, es war nicht die, die wir reserviert hatten, denn wie sich herausgestellt hatte, durfte sie die Wohnung gar nicht reservieren. Sie beteuerte, davon selbst nichts gewusst zu haben und ich glaubte ihr.
Aber egal. Die Wohnung, die wir besichtigten, war direkt neben der, die wir eben doch nicht reserviert hatten und sie war fast gleich. Nur kleiner. Aber dafür auch um fast zehn Euro billiger im Monat. Da die Arbeiten noch in vollem Gange waren, konnten wir zwar die Räume anschauen, die Einrichtungen, wie Badezimmer oder Küche waren jedoch noch nicht eingebaut. Die Maklerin versicherte uns, dass es genauso hergestellt würde, wie es auf dem Plan zu sehen war. Also mit Badewanne, einer hübschen Glastür beim Vorraum und Verdunkelungsrollos bei allen Dachflächenfenstern. Sogar eine Fußbodenheizung sollte installiert werden.
Unserem Glück stand nichts mehr im Weg. Wir reservierten die Wohnung, diesmal wirklich, und fieberten dem Übergabetermin entgegen. Nach mehreren Wochen, in denen wir die Wohnung in unserer Vorstellung schon hundertmal eingerichtet hatten, kam dann endlich der Anruf der Maklerin. Sie teilte uns mit, dass die Wohnung gar nicht für uns reserviert sei, weil wir den Erlagschein mit der Anzahlung auf die Kaution, den sie uns geschickt hatte, noch nicht einbezahlt wäre. Ich beteuerte, dass ich nie einen Erlagschein erhalten habe, was auch stimmte, und sie wiederum beteuerte, dass sie davon nichts gewusst habe. Ich glaubte ihr.
Aber egal. Man lebt ja schließlich im einundzwanzigsten Jahrhundert. Schnell die Kontodaten aufgeschrieben und die Wohnung war reserviert. Diesmal wirklich. Dann war endlich der große Tag gekommen. Als wir zu unserer neuen Wohnung kamen, begrüßte uns unsere verwirrte Maklerin, die mir inzwischen irgendwie ans Herz gewachsen war, überschwänglich und führte uns in unser neues zuhause.
Dieses, so stellte sich heraus, war dann doch ein wenig anders als gedacht. Statt der Badewanne war eine Dusche, die Verdunkelungsrollos waren durch so genannte Hitzeschutzrollos ersetzt worden und die hübsche Glastür war einer billigen Röhrenspantür gewichen.
Aber egal. Wir hatten endlich die Schlüssel für die Wohnung und wir waren glücklich. Die Maklerin erklärte uns noch, dass wir das Backblech im Ofen am besten nicht benützen sollten, damit es nicht beschädigt oder verdreckt wird, dass wir die Schlüssel bei den Innentüren nicht abziehen dürfen und, dass es nicht erlaubt sei, Nägel in die Wände zu schlagen. Auf meine Frage hin, ob es uns erlaubt sei, Möbel in die Wohnung zu stellen und ob wir überhaupt hier nächtigen dürfen, wägte sie kurz die Vor- und Nachteile ab, kam aber schließlich zu dem Schluss, dass das in Ordnung geht. Nur noch den Mietvertrag unterschrieben und dann konnte unser neues Leben beginnen. Allerdings standen auf dem Mietvertrag die falschen Namen. Die Maklerin beteuerte, dass sie nichts davon gewusst hätte. Ich glaubte ihr.
Aber egal. Es war Sommer und wir waren endlich in unserer Wohnung. Dass es Sommer war, weiß ich deshalb noch so genau, weil durch die Tatsache, dass das Wohnhaus auf einer Anhöhe stand, die Sonne bereits um fünf Uhr in der Früh direkt in unser Schlafzimmer schien und sich herausstellte, dass die Hitzeschutzrollos, die eigentlich nur aus einem dünnen Kunststoffnetz bestanden, rein gar keine Wirkung hatten. Ich fand auch heraus, dass Wände die zur Gänze aus Gipskarton bestehen und eine Dachgeschosswohnung die alle Fenster auf der Südseite hat, eine schlechte Mischung sind. So verbrachten wir den ersten Sommer in unserer Wohnung, die mehr einer Sauna glich als einem zuhause.
Aber egal. Der Sommer ging vorbei der Herbst kam übers Land. Für unseren Vermieter bedeutete das, er war ja Hauptberuflich Obstbauer, Erntezeit. Und für uns bedeutete das, dass wir bei der Einfahrt zu den Parkplätzen des Hauses täglich darum kämpfen mussten, an den Traktoren, Kleinbussen und PKWs vorbeizukommen, die Schlange standen um die Fruchtsäfte des Vermieters zu erstehen. Die ländlichen Steirer, zu denen auch ich mich zähle, sind ja bekanntlich eher Gewohnheitstiere und so erhielt ich auf meine Frage ob man sich nicht wo anders hinstellen könnte, stets die Antwort: „I hob mi scho imma do hingstöt. Schleich di“. Zumindest erfüllte der Duft von frisch gepressten Apfelsaft das ganze Haus, was ja auch etwas für sich hatte. Doch mit dem Duft kam auch etwas anderes. Die gemeine Obstfliege, die sich natürlich hier sehr wohl fühlte und sich dann auch in unserer Wohnung niederlies. Der verwendete Singular ist an dieser Stelle eine Verniedlichung, denn es müssen Millionen von Fliegen gewesen, die auf jedem Lebensmittel in unserer Wohnung Platz nahmen und sich auch strikt weigerten diese wieder zu verlassen.
Aber egal. Der Herbst ging schließlich auch vorbei und der Winter kam. Zu dieser Zeit stellte ich fest, dass ein Landwirt ein ganz anderes Verständnis von kälte hat, als ich. Als sich der Vermieter dann doch dazu entschlossen hatte, die Hackschnitzelheizung anzuwerfen, kam unsere topmoderne Fußbodenheizung endlich zum Einsatz. Da ich in den darauffolgenden Wochen im WC fast vor Hitze umkam und beim Fernsehen auf der Couch beinahe erfror, wurde mir bewusst wie wichtig es ist den Thermostat an einer geeigneten Stelle anzubringen. Dieser befand sich nämlich im größten Raum der Wohnung, im Wohn- und Esszimmer mit offener Küche. Wenn es also in diesem, doch recht großen Raum warm genug war und das Thermostat entschied, dass es die Heizung ausschalten sollte, konnte man am Boden im Badezimmer oder in WC bereits einen Aufguss machen. Ein weiteres Feature unserer Wohnung war die Lüftung im WC, die mangels eines Fensters eingebaut worden war. Aus dieser tropfe nämlich an besonders kalten Tagen Kondenswasser direkt auf den darunterliegenden Klopapierhalter, bis die Klopapierrolle bis zur Unkenntlichkeit aufgedunsen war.
Aber egal. Man ignoriert das Wasser aus der Lüftung, da seitens des Hausbesitzers zwar alles probiert wurde aber nichts funktioniert hatte, um das Tropfen zu stoppen und man hat ja schließlich keine zwei linken Hände und schraubt beim Heizungsverteiler so lange herum, bis die Temperatur einigermaßen passt. So vergingen fünf Jahre mit schweißdurchnässten Sommern, Obstfliegen verseuchten Herbsten und warm- kalten Wintern. Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte kam in Form neuer Nachbarn. Ein Paar der Extreme. Sie stritten sich extrem und liebten sich extrem. Beides bei offenem Fenster versteht sich. Näher sollte ich darauf besser nicht eingehen.
Also: Wohnung kündigen und was Neues suchen. Ich schickte das Kündigungsschreiben an die Maklerin und hoffte das Beste. Sie bestätigte die Kündigung prompt und bat darum, dass ich doch mit den Interessenten, während der Kündigungsfrist, die Besichtigungen machen möchte und, dass sie schon einen Termin ausgemacht habe. Ich sagte ihr, dass das schwer werden würde, da ich ja den ganzen Tag arbeite. Sie beteuerte, das nicht gewusst zu haben und ich glaubte ihr. Langer Rede kurzer Sinn: Ich lies mich überreden und machte eine Führung durch unsere Wohnung. Sie war verwundert, da die Wohnung ganz anders, als auf den Fotos auf Willhaben aussah. Um mich selbst zu überzeugen zückte ich mein Handy und sah mir das Inserat an. Die Fotos waren aus unserer Wohnung. Teilweise. Die Maklerin, überfordert bei Mietverträgen und Reservierungen, stellte sich als kriminelles Genie heraus. Die Bilder waren ein Mix aus drei Wohnungen in unserem Haus, auf denen das Datum auf den Fotos nachträglich geändert wurde um sie aktuell aussehen zu lassen.
Aber egal. Ich rief die Maklerin an und erzählte ihr von der Enttäuschung der potenziellen Mieterin. Sie beteuerte von den Fotos nichts gewusst zu haben. Ich glaubte ihr. Die Wochen vergingen und wir siedelten in unser neues zuhause. Ein älteres Haus, dass wir nur ein bisschen renovieren wollten (aber das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden). Als die Wohnung schließlich leer war, sich herausgestellt hatte, dass hinter einem Möbelstück ein Schimmelfleck war und wir, seitens des Hausbesitzes deshalb als Messies beschimpft wurden, bemühte ich mich die vielen Dübel, die ich als eine Art rebellischen Akt in den Wänden versetzt hatte, zu verspachteln und zu übermalen. Das Ergebnis konnte sich, meiner Meinung nach, wirklich sehen lassen. Dann kam der Tag der Übergabe.
Ich nahm mir eine Stunde frei, weil ich mir dachte, dass so eine Wohnungsübergabe doch nicht so lange dauern könne. Einen halben Tag später war ich klüger. Sie kamen zu dritt in die Wohnung. Die Maklerin, der neue Hausbesitzer (der Vater hatte inzwischen an den Sohn übergeben) und ein Maler der in diesem Fall wohl als Sachverständiger fungieren sollte. Wir gingen Raum für Raum durch und der Maklerin, sonst eine eher unbedarfte Person, verwandelte sich in eine erfahrene Kriminalisten, die jeden noch so kleinen Fehler sofort erkannte und dokumentierte. Mit zusammengekniffenen Augen standen wir am Fenster und suchten gemeinsam nach Farbspritzern, von denen wirklich zwei oder drei da waren, die ich noch zu entfernen hatte. Und zu guter Letzt natürlich das Backblech. Ich gestehe, wir haben es benutzt. In einem Akt der Barmherzigkeit erließ sie mir die Kosten dafür und schließlich hatte diese Odyssee ihr Ende.
Ich dachte, dass es mir schwerfallen würde, die Wohnung zu verlassen, da wir doch viele (ja, auch schöne) Erinnerungen damit teilen. Aber jetzt wo ich darüber schreibe, bin ich froh von dort weg zu sein.