Der FeTAp, #Unteilbar, #Aufstehen und das Märchen von der Digitalen Herausforderung im Zeitalter der freien Märkte sowie der letzte Datenskandal

Es war einmal... vor langer Zeit, als der Großvater des Großvaters deines Großvaters noch jung war, da war die Welt voller spinnerter Erfinder. Was sagst du? das ist sie auch heute noch? Da hast du zwar recht, aber doch nicht so. Ich hab das Märchen wohl auch falsch begonnen, denn der Anfang muß lauten:

Es wird einmal sein, in ferner Zukunft, in der die SPD, die sich vor langer Zeit (also heute) die Digitalisierung auf die Fahnen schrieb, schon längst vergessen gewesen sein wird... aber dazu später.

Digitale Herausforderung

Vorbemerkung: die Digitale Herausforderung der Gesellschaft ist ein anderes Thema, aber die ist genauso banal, nur auf einem anderen Feld.

Nicht ganz so weit zurück damals, da bekam unsere Familie ein Telefon, genauer gesagt einen FeTAp 611-2, von einer Bundesbehörde per Boten überbracht. Der Bote nagelte eine dünne Leitung von irgendwoher die Wände entlang um Türen und sonstiges herum bis zum Standort des FetAp, befestigte am Endpunkt des Kabels eine Dose und verband den FetAp mit dieser. Nach vielem unverständlichen Brimborium ertönte aus der Hörmuschel (die hieß damals wirklich so) ein so hinreichend weit verfehltes A um das Gerät als unmusikalisch abzutun. Aber Musik war ja auch nicht sein Zweck. Vielmehr konnte man, nach Wählen einer ganz bestimmten Nummer, z.B. mit dem Opa in Ganzweitfort sprechen. Wir bekamen auch eine Nummer, die war 5931 (die Vorwahl verschweige ich aus Datenschutzgründen). Wenn jetzt jemand darin die Nummer seiner EC-Karte erkennt: bitte nicht erschrecken, diese Nummer gibt es schon ganz lange. Daß diese Nummer auch zu deiner EC-Karte gehört, weiß aber hoffentlich keiner außer dir, und andere Dinge soll auch keiner wissen, der nicht sollen darf oder dürfen will. Die bekannten Telefon-Nummern indes, die bekamen wir in einem auf Bibel-Papier gedruckten Katalog ausgehändigt, dem Telefonbuch. Aber nicht nach Nummern, sondern nach Namen. Ja, unsere Namen und Adresse wurden in an jedermann gratis verteilten offiziellen Wälzern veröffentlicht, mit unserer Nummer 5931 hinten dran! Wenn das der deutsche Bundes-Datenschutzbeauftragte wüßte!

Ja und? ich hab jetzt eine Minute lang bis hierher lesend verschwendet, sagst du, worauf willst du hinaus? wo bleibt das Märchen?

Jaja, gleich. Wir haben die telefonische Herausforderung damals spielend gemeistert, und mit wenigen Nachfragen wußten wir, wie das ganze Ding grundsätzlich funktioniert. Aber frag mal heute einen Smartphone-Nutzer, wie die bunten Bildchen auf sein Gerät kommen, wie das technisch geht, und wie die Leitungen geschaltet werden, damit seine Nachricht bei seinen FreundInnen ankommt. Vielleicht wird dir einer aus zwanzig darüber erschöpfend Auskunft geben können, und wenn er es kann und sein Smartphone nicht schon längst weggeworfen hat, dann ist er ein Narr, per Firma zwangsverpflichtet, oder resignierter Zyniker oder sonstwas, für das ich keinen Begriff finde momentan. Die digitale Herausforderung ist keine. Die ist zwar ein Märchen, aber meins ist ein anderes.

Das Märchen, das ich nicht erzählen will ist, daß die Systeme immer komplizierter würden, die Bedrohungen immer komplexer, die Durchdringung des Ganzen immer schwieriger und die Auswirkungen, hm, ja, ganz schwer abzuwägen und zu durchschauen seien, die Gefahren ganz ganz groß und dergleichen mehr. Das ist nicht der Fall. Das ganze IT-Gedöns ist so unterkomplex wie das große Einmaleins, und die behauptete Komplexität ergibt sich aus der Notwendigkeit der Verschleierung einfacher Sachverhalte. In grauer Vorzeit konnte man schon Mails lesen, Bilder betrachten, Dateien auf und zu machen, mit anderen teilen, Texte verfassen und so weiter. Das ganze auf einem Atari mit gerade mal 1MB Hauptspeicher, aber boah ey, das Ding war schon damals wahnsinnig komplex. Oder nicht? Nein, sage ich, das Ding war ein aufgeblasener FeTAP mit einem Rechenwerk drin, und wenn man die grundsätzlichen Funktionsweisen des FetAp und des Rechenwerks verstanden hatte, dann konnte man sich Experte und sogar Programmierer schimpfen, wenn man über einen gewissen Spieltrieb verfügte. Aber ich laß mal die überaus komplizierten und unterkomplexen Endgeräte weg, das ist ein anderes Märchen, und wende mich wieder der Kommunikationstechnik zu, Enkel spricht mit Opa, und dem schlimmen Internet, das so voller Gefahren steckt.

Die zugrundeliegende Technik hat sich seit damals in den Grundlagen nicht verändert. Die Schaltstelle für 5931 ist die der Vorwahl, diese Stelle belegt eine Leitung zur Übergeordneten, Relais klickern, die leitet weiter an die Vorwahl-Schaltstelle des Ziels, die leitet das Signal an das Telefon vom Opa, dessen Telefon klingelt. Damit war die Ende-zu-Ende-Verbindung hergestellt, fertig. Klar konnte sich jemand irgendwo mit einem Kopfhörer draufklemmen. Ist das heute anders? Ja! früher stellte sich die Frage: wozu. Man mußte entweder direkt mithören oder so ein umständliches Tonband am Start haben, das gerne auch mal Bandsalat macht. Bandsalat. Das wär doch mal ein Rezept für italienische Retro-Restaurants. Aber ich schweife ab.

An Stelle der Nummern haben wir heutzutage IP-Adressen und die Schaltung erfolgt elektronisch, mit winzigen Transistoren in etwelchen Chips. Die IP-Adressen sind auch Zahlen.

Das Internet funktioniert im Grunde heute genauso wie früher der FeTAp. Und doch hat sich bis heute viel geändert, und nicht zum Guten. Oben sprach ich vom Telefonbuch. Es gab damals zwei, das mit weißen und das mit gelben Seiten. Die Weißen führten die Privatnummern, die Gelben die Firmen-Nummern.. aber wieso "gab"? Die Telefonbücher werden für Festnetzanschlüsse immer noch ausgeliefert, wegen den noch immer nicht wech-gesterbsten Anachronisten (den Alten), dem Überlebenswillen des Telefonbuch-Verlages und etwaigen Staatsverträgen Letzterer. Als ob sich die Festnetznummern grundsätzlich von Mobilfunknummer unterscheiden würden... auch nur arabische Ziffern.

Aber im Internet, da hast du nur die Gelben Seiten, also die von Firmen. Die Privatanschlüsse sind nicht verzeichnet, und um dich mit einer Weißen deiner FreundIn, OpaIn, sonstwem zu verbinden, mußt du über eine gelbe Nummer gehen. Die zugehörige Firma hat einen Katalog der Weißen und vermittelt dich dorthin, wenn sie können will. Die allermeisten wollen nicht können. Sie müssen aber, wenn es um Telefonie geht (Staatsvertrag und so), sonst nicht, aber die Nummern mußt du ganz ohne Verzeichnis genau wissen. Der Katalog ist nicht einsehbar, wissenschon, Datenschutz etc. Weil aber alle deine Verbindungen über die Gelbe Nummer gehen, deswegen gehen alle deine Verbindungen eben über die Firma mit der Gelben Nummer, Telefonie oder nicht, und ob und wie die für sich selbst oder andere mithören, das weißt du natürlich nicht. Das war beim FetAp nicht anders.

Wenn jetzt aber deine Firma mit der Gelben Nummer eine Form der Kommunikation nicht abwickeln will, dann gibt's andere, die das tun. Damit das in Echtzeit funktioniert, müssen beide Partner die Wählscheibe drehen und die Firma anrufen, und das Fräulein vom Amt ist der Computer der Firma, der die Verbindung herstellt. Zeitversetzt geht natürlich auch, dann bleibt die Nachricht auf dem Computer der Zentrale, bis der andere Teilnehmer sie abholt - nur als Kopie der Kopie, versteht sich. Die Kopie bleibt auf dem vermittelnden System oder auch nicht, wer weiß. Diese Firmen werden "Plattformen" genannt, "soziale Netzwerke" (Twitter, Facebook) oder "Multimedia Brokers" oder sonstwie (Teamviewer, Teamspeak etc), oder auch, für ganz obskure Zwecke, FuF.

Wir haben heute statt einem FeTAp einen Computer, gleichgültig ob Handy, Laptop oder Desktop. Der hat nicht eine Klingelstrippe nur für Sprache, sondern über eine Leitung ganz viele Anschlüsse, sogenannte Ports, mit denen ein- und ausgehende Verbindungen gelegt werden können, für Sprache, Bilder, Mail, Kurznachrichten, Zeitansage (das war damals 11833 glaub ich), sonstwas. Jedes popelige Handy kann tausende Verbindungen gleichzeitig abwickeln (und tut es auch, aber die wenigsten wissen, welche das sind) und ist leistungsfähiger als zwei große Schränke mit den drei blauen Buchstaben drauf (IBM Middleframe) aus den 90ern, und die hatten - jeder einzelne - schon damals tausende Terminal-Verbindungen abgewickeln können, gleichzeitig. Die Verarbeitungsgeschwindigkeit von Computersystemen hat sich in einer damals noch unvollstellbaren Weise entwickelt und beschleunigt.

Aber es gibt keine Bundesbehörde mehr, welche die Verbindungen neutral bereitstellt. Deine Nummer gehört nicht mehr der Allgemeinheit, sie ist Besitz eines Unternehmens. Und es gibt auch keinen Boten mehr, der alles mit Brimborium und im hoheitlichen Auftrag in Vertretung und Verwaltung der Angelegenheiten des Volkes (äh, Demokratie? da war doch was) einrichtet, sondern dich und die Warteschleife bei O2, Vodafone, Telekom etc.

#Unteilbar

Wo bleibt das Märchen? Ja, kommt gleich. Erstmal zu #Unteilbar:

Eines hat die Demo sicher gebracht: die Bilder sind im Kasten. Die "Sicherheitsbehörden" haben es sich wohl nicht entgehen lassen, das Geschehen von strategischen Punkten aus mit hochauflösenden Kameras zu filmen.

Wo hat man sonst die Gelegenheit, eine viertelmillion "potentieller Widerstandskämpfer" biometrisch zu erfassen? nur wegen Sicherheit, wissenschon.

Na gut, Aktion Südkreuz war jetzt nicht so ganz erfolgreich, die Systeme seien unausgereift. Na dann werden sie eben gereift, bis sie was taugen. Rohmaterial von unschätzbarem Wert hat man jedenfalls zum Training der Systeme, und bis daraus ein Analogon der "Rosa Liste" generiert wird, ist nur eine Frage der (Reife-)Zeit. Die vergeht in Computerdingen ziemlich schnell.

Wie, was, ich sei paranoid? Ähm, nein - Edward Snowden hat mich gelehrt, daß ich all die Jahre gar nicht paranoid genug war.

Bürgerrechtler im Parlament sollten nun die Regierung mindestens fragen:

1. - wurden während der Demo Filmaufnahmen seitens der Sicherheitsbehörden gemacht?

2. - wenn ja, zu welchem Zweck, mit welchen Systemen? Auf welcher Rechtsgrundlage?

3. - wie wird sichergestellt, daß die verfertigten Aufnahmen nach Erledigung oder Hinfälligkeit ihres Zweckes gelöscht werden und keine Kopien weiter existieren?

Frage 3 beantworte ich gleich selbst: geht nicht - auch mit nur einem 10 Jahre alten Computer und USB-2.0-Festplatten etwa vom Mediamarkt lassen sich 4 Terabyte in ein paar Tagen kopieren; das Medium paßt in jede Hemdtasche. Ob es illegale Kopien gibt, die an geheime Vertragspartner ausgeleitet werden, hängt nur von der in den Diensten vorhandenen kriminellen Energie ab. Aber die gibt es ja, zum Glück, dort bekanntlich nicht (Amri, NSU, etc).

#Aufstehen

Und dann noch, vor dem Märchen, ganz lapidar zu #Aufstehen. Diese Bewegung setzt stark auf sogenannte "soziale Netzwerke" wie Facebook und Twitter, weitere "Rosa Listen" zu bauen ist trivial.

Was sind "Soziale Netzwerke"? - Soziale Nezwerke sind keine, sondern minutiös überwachte Chaträume, in der jedes Wort, jedes Bild, jede Verbindung zwischen den Teilnehmern aufgezeichnet, bewertet und auf Profitmöglichkeit hin - und zu anderen Zwecken - ausgewertet wird, nichts weiter, in der Firma mit der "Gelben Nummer".

Die Bezeichnung "Soziales Netzwerk" für Plattformen wie Facebook und Twitter ist eine bewußte Irreführung, denn sie lenkt vom eigentlichen Zweck der Plattformen ab. Die Interaktions-Möglichkeiten der Benutzer miteinander sind lediglich der Teaser (das Lockmittel) mit dem man sie auf die Plattformen bringt.

Sie sind autoritär und diktatorisch:

Du kommst zu unseren Bedingungen auf unsere Plattform, deine Bedingungen zählen nicht, da kannst du noch so viele Disclaimer und Klauseln schreiben.. Wir, die Plattform-Betreiber, bestimmen was möglich ist und was nicht, wie du dich zu verhalten hast, und können dich mit mehr- oder weniger fadenscheinigen Gründen wieder aussperren. Wir steuern, was du zu sehen bekommst und was nicht; was uns nicht gefällt, verläßt niemals die Blase, in der es entstanden ist oder verschwindet sogar ganz.

Wir haben die Technologie und das Wissen, wie so etwas wie ein "Netzwerk" auf unserer Plattform entsteht, und wir schalten und walten nach unseren Vorstellungen bis hart an die Grenze zur Unerträglichkeit, wenn es sein muß. Wann es sein muß, liegt in unserem Ermessen. Na gut, manchmal funkt "der Staat" dazwischen, aber zum Glück selten.

Was ist daran sozial?

Nein, soziale Netzwerke wären lose gekoppelte Vernetzungen direkt zwischen den Beteiligten, bei denen jeder Einzelne und das gemeinsame Selbstverständnis der Mitglieder des Netzes bestimmen können, wie sie untereinander kommunizieren wollen, und welche Inhalte das Netz verlassen dürfen, in ein größeres, ein anderes oder die Allgemeinheit. So wie damals mit dem FeTAp, nur erweitert mit Konferenzschaltungen und den vielfältigen Möglichkeiten, die uns unsere neuen FeTAps bieten.

Also gut, erstmal das Märchen, und danach erst die Schlußbemerkung zu den "Freien Märkten".

Das Märchen

Im folgenden sind die Zeitformen ein bissel undurchsichtig, weil sich ein paar elementare Zeitformen wie der Plusquamper-Spekulativfutur-II noch nicht durchgesetzt haben, aber um um dahin zu kommen, die Dinge richtig zu beschreiben, müssen wir sie erst einmal radebrechend andeuten.

Es wird also einmal sein, in ferner Zukunft, in der die SPD, die sich vor langer Zeit (also heute) die Digitalisierung auf die Fahnen schrieb, schon längst vergessen gewesen sein wird, wird man sich die Menschen gemerkt haben werden, daß sie schleichend von der digitalen Kommunikationstechnik in etwa so abhängig geworden werden sind wie von der Wasserversorgung. Aber die digitale Versorgung wird in Händen von sich strahlend gebenden, finsteren Raubrittern gewesen sein. Nicht nur wird man nur von ihnen digitales Frischwasser endlich nur mehr bekommen haben müssen, gewesen wird es sein, auch das Abwasser wird nach Fäkalien und in Hinblick auf die Knoblauch-Grenzwert-Verordnung akribisch untersucht gewesen worden sein, dann aber nie wieder.

Angespornt von der in grauer Vorzeit erfolgten Re-Kommunalisierung der Wasserversorgung in Berlin und dem gegen hartnäckigen Widerstand von Konzernen wie Nestlé, Vittel und Konsorten durchgesetzten Verbots des Verkaufs von Trinkwasser in Plastikflaschen, werden sich zahlreiche Aktivisten, Programmierer etc, Professoren und Politiker dafür eingesetzt haben, daß die Netzwerkverwaltung in die öffentliche Hand übergegangen worden sein wird. Die schiere Möglichkeit dieser Entwicklung wird dereinest nur dadurch ermöglicht gewesen worden sein, daß die ICANN schon längst der UN angegliedert geworden sein wird, und die Adressen-Allozierung dereinst schon lange nicht mehr Konzernen gewährt worden sein wurde, sondern sich schon lange an den Bedürfnissen der Staaten, Länder, Regionen und Kommunen orientiert gehabt haben worden wird.

Viele nicht mehr gebrauchte Cobol-, ADA -, Forth-, Perl- und -sonstwas Programmierer, in erstrittener ausreichender Rente aber noch rüstig lebend, werden Programme und Konzepte für ihr fast unüberschaubares soziales Netzwerk aus Kindern, Kindeskindern, das sich über die Freunde bis der Freunde Urenkel hin erstrecket, entwickelt und etabliert haben, mit wohlwollenden Korrekturen der jüngeren Generationen; und auch für ihren Karnickelzückterverein im Austausch mit anderen Karnickelzüchtervereinen, anderen Vereinen, der Kommune, der Stadt, dem Land und dem Fluß. Und alle werden sagen: da weiß man was man hat, und was man wem herausgibt, und wozu. Die großen Konzerne aber, die werden mit der heutigen barbarischen Form des Kapitalismus längst untergegangen geworden sein gewesen.

Ja gut, wirst du sagen, als Märchen ziemlich doof. Das stimmt, denn Märchen sind in der Vergangenheit angelegt und erzählen dennoch etwas Zeitloses. Märchen aus der Zukunft nennt man gemeinhin Utopien, und sie sind mindestens blauäugig, um nicht zu sagen doof, schon recht. Erzähl was besseres.

Aber wenn es uns gelingt zu überleben und die Weichen der Entwicklungen richtig zu stellen, dann werden zukünftige Generationen mehr Frieden, Freiheit und Wohlstand genießen als wir es uns derzeit zu haben getrauen. Das ist zwar auch Humbug, aber zefix, laßt's mich doch mal ein Hoffnung aussprechen, die uns antreiben könnt.

Freie Märkte der Kommunikationstechnik

sind es nicht, sie sind nicht frei. Daran ändert auch die Versteigerung von Funkfrequenzbändern durch den Staat nichts, so eine Versteigerung ist kein freier Markt, sondern eine Versteigerung von Allgemeingut.

Stell dir vor, du willst, daß man dir ein Paket zustelle. Deine Adresse existiert aber nicht, bis sie nicht von einem der "freien Marktteilnehmer" - sprich Konzernen - aufgenommen worden ist. Schließt du einen Vertrag mit UPS ab, dann darf dich nur UPS beliefern, alle anderen müssen ihre Pakete in die Infrastruktur von UPS abliefern. Der Gipfel ist, daß auch die Wegweiser von vollkommen anderen "Gelben Nummern" verwaltet werden. Das ist wie wenn du über eine Bundesautobahn nach Hinterdingensbums fährst, und die Wegweiser an der Autobahn in Baiern gehörten bei einer Ausfahrt einer Firma in MeckPomm, die einer anderen Ausfahrt einer im Saarland, aber wenn du von woanderswo herkommst, dann sind ganz andere Firmen involviert. Bist du dann von der Autobahn herunter (als Datenpaket-Zusteller), dann kann es sein, daß die Wegweiser auf dem Bundesstraßenabschnitt von Alaska aus gewartet werden und die Kommunalstraßen des angesteuerten Bezirks von Irland aus. Welche Straße von wem gepachtet ist und wer da wo und wie Maut erheben darf, regeln die Raubritter unter sich. Das ist eine Struktur, auf die ich mich doch gerne verlasse, und es ist deine Freiheit im Markt, daß du dich drauf verlassen mußt. Hättste halt einen Vertrag mit DPD anbgeschlossen, allein, das hülfe auch nicht.

Adressen

Adressen hergebrachter Form im Netzwerk sind endlich, und die guten alten IPv4-Adressen (gebildet aus vier Bytes als Dezimalzahlen mit Punkt zwischendrin, wie z.B. FuF mit 192.36.38.90 eine hat) sind schon lange aufgebraucht.

Vor 20 Jahren wurde ein mittlerweile alter Standard als damals neu verabschiedet - IPv6 - der den Adressraum im Internet beträchtlich erweitert, von 4294967296 verfügbaren Adressen auf schwindelerregende 340282366920938463463374607431768211456 Adressen. Der sprechende Staubsauger, die wimmernde Waschmaschine, die Wanze Alexa und der Kaviar kaufende Kühlschrank für jedermann ist darin enthalten - nur deine Adresse, die gibt es nicht. Technisch wäre es ein Leichtes, daß jeder Wohnung (und der darin enthaltenen "Idiotie der Dinge" - IoT), jedem Haus, jedem Stadtteil, jeder Stadt, Land und Staat ein Adressen-Block zugewiesen werden könnte, analog der Post-Adressen, und es blieben noch genügend Adressen übrig, um halböffentliche Netze etwa für Vereine oder Interessengruppen abzubilden. Verschlüsselung ist schon auf der Protokollebene angelegt.

Dieses mittlerweile auch schon betagte Protokoll ist aber nicht flächendeckend eingeführt. Warum?

Weil: dann könnte ja jeder mit jedem! und was auch immer direkt, ohne irgendwelche Plattformen! Und wenn Enkel und Opa über 5931 auf einer der untersten Protokollebenen schon verschlüsseln, wie soll man da noch mithören? Da zwingt man doch Leute, die keine Alternative haben, lieber auf eine Plattform (Twitter, Facebook usw) und gaukelt ihnen Verschlüsselung vor (WhatsApp und so), denn dort sind die Daten viel einfacher en masse abgreifbar.

Zudem gibt es immer noch die ICANN welche Adreß-Blöcke herausgibt. Die schimpft sich zwar "Non-Profit-Organisation", aber dieser Waschzettel beinhaltet weder Ausrichtung noch Agenda, Verflechtung oder Hörigkeit. Zitat aus Wikipedia: «Nach ihrem Selbstverständnis arbeitet die ICANN basisorientiert („bottom up“), konsensgesteuert („consensus-driven“) und unter Einbeziehung verschiedener Interessensgruppen („multi-stakeholder model“)». Aha. Na da kann ja nix schiefgehen, bei vielen Stakeholdern. Nun überleg mal, wer die Stakeholder im Netzbetrieb sind. Du und ich sicherlich nicht, nicht meine Familie, nicht mein Kiez, nicht meine Stadt, nicht mein Land. Sondern? Eben.

Die Gesellschaft und die Politik haben die Entwicklung schlicht verschlafen. Schleichend sind wir von der digitalen Kommunikationstechnik in etwa so abhängig geworden wie von der Wasserversorgung, aber alles oberhalb der 1. Osi-Protokollschicht ist in den Händen der "Provider", also mittlerweile fast nur noch großer Konzerne. Und jetzt kommen sie daher und jammern, daß ein paar ihrer Daten im Internet stehen, die vorher sowieso in den weißen Seiten des Telefonbuchs gestanden hätten, sowie dem Aushang des Karnickelzüchtervereins, der Mitteilung des SPD/CDU/blah-Ortsvereins oder der Danksagungsliste der Kirche und sonstwo. Die Nachbarin wußte es eh und brüllte es brühwarm übern Zaun.

Ha, ha, ha, ha, ha. Die Politiker, Künstler, Promis und sonstige VIPs sollte sich mal fragen, wo denn sonst ihre ach so privaten Daten rumliegen, die mutmaßlich ein 19-jähriger "gehackt" hat, viel wahrscheinlicher aber ganz legal irgendwo abgegriffen. Die Kollegen vom NSA, BND usw, die höchen sich eins, die kommen aus dem Kichern gar nimmer raus, manch einer mußte schon mit Morphium ruhiggestellt werden um den letzten Segen anständig zu erhalten. Weiß noch jemand, wer Edward Snowden ist?

TL;DR

Erst wenn die Verwaltung der digitalen Netzwerke in öffentliche Hand übergeht als Aufgabe der allgemeinen Daseinsvorsorge, erst dann werden Programmierer für die Allgemeinheit entwickeln, und nicht innerhalb von Konzernen für Konzerne, FOSS hin oder her.

Da sind Riesen auf den Wiesen, vor allem auf denen der Allmende.

Q.

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