Das Ganze erinnert ein bisschen an Waldheim oder an Griechenland – mitunter auch an beides. Es ist seit Jahren öffentlich bekannt, dass Luxemburg ein Steuerschlupfloch ist und dass Jean-Claude Juncker die Politik des Mini-Staates seit Jahrzehnten wesentlich mitbestimmt hat. Daraus ergeben sich drei, nicht unwesentliche Fragen: 1) Warum poppt LuxLeaks gerade jetzt auf? 2) Welchen Interessen nützt diese Affäre? Und 3) Wie bzw. vom wem wurde die Affäre ins Rollen gebracht?
Man hätte keinen besseren Zeitpunkt wählen können, um der vor sich hin kriselnden europäischen Union einen weiteren Schlag zu versetzten. Jean-Claude Juncker ist definitiv ein starker, pro-europäisch ausgerichteter Politiker der die politischen Verbindungen und die Macht hat, die Europäische Integration entscheidend voranzutreiben. Die EU steht einmal mehr an einem kritischen Punkt. Entweder gelingt es Brüssel relativ zügig, Institutionen zu schaffen die funktionieren und die gleichzeitig von der europäischen Bevölkerung als demokratisch akzeptiert werden, oder die Union droht zu scheitern. LuxLeaks tritt exakt zu jenem Zeitpunkt an die Öffentlichkeit, an dem die Europäische Kommission nach sechs Monaten Herumverhandlerei endlich zu arbeiten beginnen könnte. Wohlgemerkt könnte. Die Folge der Enthüllungen sind - in der Sache durchaus gerechtfertigte - Angriffe gegen den EU-Kommissions-Präsidenten, welche die Kommission und damit die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union allerdings massiv schwächen.
Wem nützt LuxLeaks?
Eine schwache EU-Kommission nützt vor allem jenen politischen Kräften, die eine weitere europäische Integration verhindern wollen. Je länger in Brüssel wegen unwirksamer Institutionen dahingewurschtelt wird, desto eher droht der Zerfall der EU bzw. ihr Rückfall in eine lose Wirtschafsgemeinschaft. Skeptische Stimmen gegenüber einer Verstärkung der europäischen Zusammenarbeit – für die eben Juncker steht – kommen vor allem aus Großbritannien und den skandinavischen Ländern. Aber auch außerhalb von Europa wird eine starke und handlungsfähige EU mitunter sehr kritisch gesehen.
Was war der Ausgangspunk von LuxLeaks?
Den Stein ins Rollen brachte die unabhängige Recherche-Plattform International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) mit Sitz in Washington, welche bereits andere steuerschonende Offshore-Projekte von Konzernen und reichen Privatpersonen ans Licht brachte. Für Luxleaks hat das ICIJ laut dem Standard eine monatelange Recherche von weltweit mehr als 80 Reportern koordiniert, darunter Teams von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR, Guardian, New York Times und Le Monde.
Die Recherchen zu LuxLeaks haben also ungefähr zu dem Zeitpunkt begonnen als klar wurde, dass mit Jean-Claude Juncker ein starker pro-europäischer Politiker aus Luxemburg der nächste Präsident der EU-Kommission wird. Was mich wirklich interessiert ist, wer den Anstoß zu dieser nicht gerade unaufwändigen Recherche-Aktion gegeben hat und durch wessen Gelder die Recherchen zu LuxLeaks im Endeffekt finanziert wurden.
Davon abgesehen: LuxLeaks gehört ohne jeden Zweifel gründlich aufgearbeitet und Konzerne einer fairen Besteuerung unterzogen. Steueroasen wie Luxemburg gehören definitiv trockengelegt – und das ICJI trägt mit seiner Arbeit nicht zuletzt mit LuxLeaks aktiv dazu bei.
Dennoch muss auch die Frage erlaubt sein, warum LuxLeaks gerade jetzt stattfindet und wer den Anstoß dazu gegeben hat.Auf nachvollziehbaren Fakten basierende Antworten dazu höflich erbeten.