„Ich frage nicht, was er untertags tut. Würde ich es tun, dann wäre er weg", flüstert mir N. im tansanischen Arusha zu,  „ich will auch gar nicht wissen, was er macht" ergänzt sie im Tonfall einer, die weiß, dass „er" - Lebensgefährte seit einem Jahr - vielleicht doch etwas zu verheimlichen hat und in den Stunden, in denen er angeblich sein Safari-Auto beim Mechaniker in Schuss hält, etwas Anderes unternimmt. Etwas, das ihr nicht egal wäre. Etwas, das sie verletzen würde.

F. HAT gefragt. Ihren Mann J., als der nach einer mehrmonatigen Reise statt nach Hause nach Mwanza zu fliegen einen Umweg über die tansanische Hauptstadt Daressalaam gemacht hat. Um seinen Bruder zu besuchen, so die Erklärung. Dumm bloß, dass der nichts davon wusste, als Alibi dienen zu müssen. J. gestand, entschuldigte sich ... und schlief wenige Wochen später wieder fremd.

So ging das zwei Jahre lang. F., die er in Indonesien kennen gelernt und als seine Ehefrau mit nach Tansania genommen hat, wurde depressiv und krank. Jetzt hat sie den Schlussstrich gezogen.

„Er kommt aus dem Norden. In diesem Stamm sind alle untreu", erklärt mir R. in Dar es Salaam. Er hat zwölf Jahre in den Staaten verbracht - und war nach seiner Rückkehr vor 5 Jahren überrascht, wie viele verheiratete Frauen ihm unmissverständlich unmoralische Angebote gemacht haben. „Frauen hierzulande bekommen gute Jobs nur, indem sie sich hochschlafen", meint R., „oder sie heiraten einen reichen Kerl, „halten" 2 Jahre mit ihm durch - und suchen in der Zeit jemanden zum Verlieben." Wer sich in Ostafrika mit dem (Liebes)Leben beschäftigt, kommt kaum an diesem Thema vorbei. Dabei spreche ich nicht von Mehrfachehe, wie sie in Ländern wie Uganda gesetzlich erlaubt ist. Betrügen – das sogenannte Genießen von Side Dishes – gehört hier so sehr zum guten Ton wie in kaum einer anderen Kultur, die ich bisher bereist habe. Dieses häufige Wechseln von Neben-Partnern verletzt nicht nur eine der Parteien, es ist einer der Hauptgruende fuer die Ausbreitung von Geschlechtskrankheiten. Warum dann das Ganze: Landen die weiblichen Fremdgänger offenbar aus anderen Gründen öfters in fremden Betten, ist bei den Männern nur eines verantwortlich – so die gängige Argumentation: Sie können nicht anders, liegt doch Polygamie in der Familie, der Herkunft, dem Stamm.

Humbug, lahme Entschuldigung für mangelnde Treue ... oder reine Wahrheit? Offenbar ist Monogamie – oder eben das Fehlen derselben – tatsächlich genetisch begründet, wie zahlreiche Studien vermuten lassen. So hat ein Experiment mit 500 männlichen Zwillingspaaren ergeben, dass bestimmte Gen-Varianten bei Männern mit der Qualität von Partnerschaften und somit mit Treue in Verbindung stehen. Auch ein anderes Experiment hat kürzlich gezeigt, dass der individuelle Hang zur Monogamie zum Teil vom Erbgut eines Menschen abhängig ist – berichtete GEO vor Kurzem. Getestet wurde es an zwei Arten von Wühlmäusen: Im Gehirn des treuen Präriewühlmaus-Männchens wurden mehr molekulare Andockstellen für das Hormon Vasopressin gefunden – und das wiederum ist für die Entstehung und Festigung von sozialen Beziehungen zuständig. Der Wiesenwühlmaus-Vetter hingegen hatte davon weniger. Schuld daran ist die verschiedene Ausprägung des Gens, das für die Ausbildung der Hormonrezeptoren verantwortlich ist. Das Experiment kam zu einem verblüffenden Ergebnis: Als die Forscher ins Vorderhirn der liebestollen Wiesenwühlmaus Kopien des treuen Vetter-Gens einschleusten, verwandelten sich die Casanovas in treusorgende Partner.

Die gute Nachricht: Auch wir Menschen haben ein ähnliches Gen, das für die Bildung der Hormonrezeptoren zuständig ist – und das ist bei den Einen länger als bei anderen. Ist das also die Lösung für – oder besser gesagt – gegen notorische Fremdgänger? Es wäre zu schön, wenn das Ganze so einfach wäre. Das eine und alleinig verantwortliche „Treue-Gen“ gibt es nämlich nicht. Zu diesem Ergebnis kamen Schweizer Zoologen, die das Erbguts von 25 Nagern untersucht und auch bei polygamen Genossen das längere Rezeptor-Gen gefunden haben.

Die Suche nach den „Treue-Genen“ oder besser gesagt der „Treue-Gen-Kombination“ geht also weiter. Ob es sich dabei um die „schlechte Nachricht“ handelt? Irgendwie werde ich den Gedanken nicht los, dass Treue oder nicht eine Frage der Entscheidung ist. Und zwar eine, die Partner gemeinsam treffen sollten, sodass keiner mit seinen Bedürfnissen auf der Strecke bleibt. „Wir sprechen über alles und sind absolut offen miteinander“, J. und M. sind sich nicht nur über das Erfolgsgeheimnis ihrer 10jährigen Bilderbuch-Ehe einig, auch sonst kann man beim Anblick der beiden Liebenden glatt eifersüchtig werden. Dass es sich bei M. ausgerechnet um den Bruder des Fremdgängers J. aus Mwanza handelt, lässt aller Wissenschaft zum Trotz hoffen: Vielleicht ist doch nicht alles eine Frage der (Treue-)Gene...

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Silvia Jelincic

Silvia Jelincic bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:10

fischundfleisch

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