Man kann schon einmal durcheinanderkommen bei hunderten Interviews innerhalb eines Wahlkampfs. Politiker ändern ihre Meinung öfter einmal und das sollte in einer Demokratie, bei guter Begründung, kein Problem darstellen.

Bedenklich wird es wenn ein Parteiprogramm oder die Versprechen eines Kandidaten keiner inneren Logik folgen und kein Gesamtkonzept erkennen lassen. Im Zuge des Wahlkampfs sind mir einige Ungereimtheiten in den Aussagen des Bundespräsidentschaftskandidaten Ing. Norbert Hofer untergekommen und ich möchte ihm hiermit zwölf inhaltliche Fragen stellen, die sein Programm für den Wähler klarer machen sollen:

1) In ihrer Rede vor dem Südtiroler Schutzbund, die Sie im Februar 2015 gehalten haben sprachen Sie von einer Schutzmachtfunktion Österreichs gegenüber Südtirol. Österreich gilt auch tatsächlich als Schutzmacht für die Einhaltung des Gruber-De-Gasperi-Abkommens, aber rechtfertigt dies eine Intervention eines österreichischen Politikers, ohne je von Regierung oder Volk Südtirols um diese gebeten worden zu sein? Werden Sie auch als österreichischer Präsident dem Südtiroler Volk vorschreiben wem es sich zugehörig fühlen soll („Südtiroler, eure Heimat ist Österreich“) ohne eine offizielle Volksbefragung zu diesem Thema abzuwarten?

2) Sie setzen sich für direkte Demokratie ein, damit die Stimme des Volkes erhört wird. Allerdings werden von freiheitlichen Facebook-Seiten regelmäßig kritische Kommentare gelöscht, auch wenn Sie keine Beleidigungen oder Hetze enthalten, sondern einfach nur Fragen stellen oder Kritik üben. Entspricht das Ihrer Einstellung zum Thema Meinungsfreiheit und Demokratie?

3) „Persönlich bin ich für eine strikte Trennung von Politik und Religion, denn der Glaube ist Privatsache“, sagten Sie in einem Interview gegenüber dem Standard im Jahr 2013. Andererseits fordern Sie, dass die christlichen Werte nicht verloren gehen dürfen. Welche Werte machen für Sie die Werte des Christentums aus? Und wie soll der Staat die christlichen Werte schützen, wenn Sie gleichzeitig für eine Trennung der Sphären des Politischen und des Religiösen sind? Wie begründen Sie die Existenz des Religionsunterrichts und das Kreuz in den Klassenzimmern, wenn dies doch keine Sache des Staates sein soll?

4) Zum Thema Homosexualität als Asylgrund äußerten Sie, dass sie skeptisch seien, da die Schaffung einer Beweisgrundlage schwer sei. Inwiefern ist die sexuelle Neigung einer Person schwerer zu kontrollieren, als die politische Überzeugung oder die Religion? Sind diese beiden Asylgründe, die ohne Zweifel schwer zu kontrollieren sind, auch in Frage zu stellen? Welche Lösung haben Sie für dieses Problem?

5) Sie fordern, dass das AMS sich in Zukunft nicht mehr um die Arbeitssuche von Asylberechtigten kümmern soll. Wie lässt sich diese Forderung mit der Behauptung, viele Asylwerber kämen nach Österreich um sich „auf der sozialen Hängematte auszuruhen“, verbinden? Worin liegt die Priorität der FPÖ: Vorzugsbehandlung von Österreichern oder Entlastung des Sozialsystems?

6) Sie sagen, dass sie beim Thema Integration nicht zwischen muslimischen und anderen Einwanderern unterscheiden. Weshalb macht sich Ihre Partei dann für die bevorzugte Aufnahme von Christen aus Syrien stark, wenn die Religion doch Privatsache ist und sie nicht zwischen den Einwanderern unterscheiden?

7) Sie glauben nicht daran, dass es muslimische Frauen gibt, die das Kopftuch freiwillig tragen. Worauf basiert ihre Einschätzung in diesem Zusammenhang? Unterstellen Sie damit den Frauen, die das Kopftuch laut eigener Aussage freiwillig tragen, eine Lüge oder politische Unmündigkeit? Soll ein gewünschtes Verbotsgesetz für Kopftücher generell gelten oder nur für muslimische Bürger?

8) Im Bezug auf die „Töchter-Bundeshymne“ sagen sie, dass diese echte Änderungen nicht ersetzt. Welche Veränderungen fordern Sie und die FPÖ konkret?

9) Beim Thema Ukraine-Konflikt setzen Sie sich gegen eine Fortsetzung der Sanktionen gegen Russland ein. Am 12. April dieses Jahres hingegen kritisieren Sie den Bruch des Schengener Abkommens und fordern, dass völkerrechtliche Verträge einzuhalten sind. Warum kritisieren Sie dies im ersten Fall nicht, wo Russland doch eindeutig gegen geltendes Völkerrecht (zum Beispiel das Budapester Memorandum von 1994, in welchem sich Russland verpflichtet die Grenzen der Ukraine und die Abspaltung der Krim zu akzeptieren) verstößt? Wann gilt Völkerrecht für Sie und sind gültige Verträge nun einzuhalten oder nicht?

10) Sie kritisieren wiederholt die Grüne Parteijugend für den Ausspruch „Wer Österreich liebt, muss scheiße sein“ und werfen dies Alexander van der Bellen vor. Die Tatsache, dass ihre Burschenschaft die Nation Österreich als geschichtswidrige Fiktion darstellt, sei aber nicht mit Ihnen in Verbindung zu bringen und sei aufgrund der Meinungsfreiheit zu akzeptieren. Wie unterscheiden sich diese Aussagen Ihrer Meinung nach und warum wiegt populistische und extreme Kritik schwerer als eine Leugnung des Existenzrechts des österreichischen Staates?

11) 73% der Österreicher sind laut einer Umfrage für die „Ehe für Alle“. Sie wollen die Institution der Ehe jedoch schützen und sind der Meinung, dass die Ehe für die Zeugung von Kindern da ist. Woher schließen Sie, dass das Ziel der Ehe immer Nachwuchs ist? Sollten laut ihrer Logik, Paare die aus medizinischen Gründen nicht in der Lage sind Kinder zu bekommen oder dafür zu alt sind, nicht heiraten dürfen?

12) Sie sind aufgrund der Menschenrechtsverletzungen gegen einen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union, unterstützen aber einen Eintritt Serbiens. Wie beurteilen Sie die Menschenrechtsverletzungen in Serbien (Attacken auf Minderheiten, Homosexuelle und Journalisten) in diesem Zusammenhang? Ab wann sind Menschenrechtsverletzungen für sie ein No-Go?

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