Hinein in eine neue Zeit, die 60er-Jahre. Jugendrebellion, das Leben nimmt plötzlich Fahrt auf, die Jugend will mitreden, Popmusik wird zur Leitkultur und vieles änderte sich für immer. Der Kalte Krieg, die Kälte des Eisernen Vorhanges. Die Zeit des erzkonservativen Patriarchen Adenauer beginnt abzulaufen, rigide Moralvorstellungen unserer Spießer-Gesellschaft werden aufgebrochen. Die Jugend sucht ihren eigenen Weg, Studentenrevolution 1968 in Berkley/San Franzisko, Paris und Berlin.
1968 fing der Planet Feuer, der Aufruhr begann in den USA (Berkley) wegen des sinnlosen Vietnamkrieges - das tägliche Grauen im Fernsehen - und griff über auf Deutschland und Frankreich und auch Osteuropa. Hunderttausende US-Soldaten kämpften im Vietnamkrieg , Napalmbomben, "Vietkongfallen" mit Gift beschmierte Bambusspieße am Boden getarnt, ein grausamer Krieg.
Wir träumten von einer besseren, schöneren Welt. Es war die Zeit der Blumenkinder ("Hippies"), verrückt, widersprüchlich. Auf meinem Federpinal stand "Love, Peace, Feedom, Happiness", Österreich wurde nur mit einigen aufsehenerregenden "Happenings" gestreift, wie Nacktauftritte im Hörsaal. Markenzeichen die "schulterlangen Haare" auch bei Männern. "Weiße Hemden" als Utensil der Spießergeneration waren verpönt.
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Wer sie miterlebt hat, dem bleibt sie eine prägende Erinnerung für das ganze Leben. Die Idee und das erotische Feuer der Revolution. Deutschland unter Adenauer und Frankreich unter De Gaulle hatten autoritäre Demokratien, auch die Verschwendungssucht des Feindbildes "Schah von Persien" (Resa Pachlevi), ein auch in Wien von Kreisky und Hausarzt Fellner hofierter Gast, er musste es mit seinem Leben bezahlen.
Sie waren Linke, Marxisten, lehnten aber den Autoritärmarxismus des damaligen Ostblocks ab. Der "Kommunismus" war genauso wie der "Faschismus" eine Ideologie der Unfreiheit. Die Herrschenden wollten keine Reformen, sondern den Status quo zementieren. Che Guevara und Fidel Castro versuchten gegen die faschistischen und vom CIA gestützten Regime Lateinamerikas zu kämpfen. Ziel war eine Demokratisierung , ein Aufbrechen autoritärer, konservativer, rigider Gesellschaftsstrukturen.
J.P.Sartre war einer der großen linken Vordenker der Revolution. Es ging um einen langen Weg der demokratischen Veränderung in unserer Gesellschaft. Die Menschen in den Betrieben, auf den Hochschulen, in den Städten sollten sich selbst organisieren, die Gesellschaft neu gestalten.
Die Dekolonisierung und Befreiungsbewegungen in Afrika waren im Gange, es war eine Zeit des Aufbruches. Auch 1947 Indien, einst britische Kolonie wird selbständig.
Die Frustration der jungen Menschen war groß, sie wollten ein anderes, als das Spießerleben unserer Eltern. Den 68ern ist jedenfalls bei all den Irrtümern zu verdanken, dass unsere Gesellschaft offener und demokratischer und moderner wurde. Wir hatten die kleinbürgerlichen Familien mit ihrer Scheinmoral satt. Die Eltern wurden auch zur Rede gestellt über die verdrängten Themen des Nationalsozialismus. Was habt ihr angestellt in der Nazizeit? Die Aufarbeitung der Nazizeit war ein Erfolg, denn die Justiz war am rechten Auge nach wie vor blind (Freispruch Spiegelgrundaffäre).
Niemand wird die 68er verstehen, wenn er nicht auch die "Popmusik" gehört hatte, die "Beatles", die "Rolling Stones", "Bob Dylan", "Jimmy Handrix", "Joan Beaz", etc... und ihre Kulmination im legendären "Woodstock-Festival", ein riesen Open Air Festival im Bundesstaat New York oder das Isle of Wight-Festival in England mit 200.000 Jugendlichen, das Lebensgefühl einer gemeinsamen, neuen Welt wurde geboren, wir waren begeistert, es war wunderschön.
"Emanzipation", "sexuelle Revolution", erste "Oswald Kolle" Aufklärungsfilme, Nacktheit war nicht mehr als Unkeuschheit verteufelt und unmoralisch, später setzte sich die Oben- Ohne Bademode durch. Die WG's kamen auf, "Wohngemeinschaften" mit freier Sexualität, Kommunen als neue Lebensform mit "freier Sexualität". Bisher gabs die strenge Trennung von Männer und Frauen in Studentenwohnheimen, auch in Schulen. Die Koedukation kam erst später Ende der 70er Jahre auf. Es gab den "Kuppelei-Paragrafen", wonach ein gemeinsames Hotelzimmer Unverheirateter strafbar war auch für den Hotelier, heute unvorstellbar. Das Projekt "Summerhill" mit der antiautoritären Erziehung von O'Neill.
Das erfreuliche Haupterbe der 68er war, dass sie eine offenere, demokratischere, liberalere Gesellschaft geschaffen haben "weg vom konservativen und klerikalen Mief". Auch vom "Mief der Talare" in den Hochschulen war die Rede. Überdies wurde dieses rigide, absolute Wertesystem aufgebrochen.
Den 68ern ist zumindest eine erfolgreiche Kulturrevolution gelungen, die der Gesellschaft mehr Freiheit gebracht hatte.
Auch die Initialzündung für die Frauen-und Schwulenbewegung war ein Erfolg der 68er, der Kampf um mehr Autonomie für das Individuum. Es war eine zutiefst antiautoritäre Bewegung.
Pluralismus und ein neuer Wertrelativismus wird heute in meinen Augen völlig zu Unrecht den 68ern wieder zum Vorwurf gemacht. Der Werterelativismus habe zu einer Orientierungslosigkeit der Gesellschaft geführt. Ich sehe das anders und kann darin keinen Irrtum der 68er erblicken, sondern eher wieder einen Rückschritt unserer "konsumvertrottelten" Gesellschaft. Denn wertabsolutistische Gesellschaften führen wieder in klerikalfaschistische oder kommunistische Diktaturen.
68er-Irrtum Nr.1:
Die Menschen wollten eine Veränderung, waren aber schwer mobilisierbar, weil sie lieber ins Kino gingen, Sport betrieben oder sich liebten in der Freizeit. Das haben die 68er unterschätzt. Die Losung hieß zunächst: "In Rom, Paris, Budapest und Berlin, formiert euch, Arbeiterbataillone". Sie blieb nicht nachhaltig.
Darin liegt auch der Grund, warum auch unsere heutige, konsumverseucht und bequem gewordene Gesellschaft kaum mehr mobilisierbar ist, auf die Straße zu gehen. Auch die Bürgerinitiativen sind wieder eingeschlafen, weil niemand die Arbeit und Organisation übernehmen will. Unsere Bequemlichkeit wird uns noch in eine selbstverschuldete Unfreiheit führen. Noch fehlt den Menschen der Hunger trotz vieler Missstände des degenerierten, neoliberalen Kapitalismus.
Irrtum Nr.2:
Wer revolutioniert die Revolutionäre?. Castros Kuba hat wiederum in die Unfreiheit und Unterdrückung der Menschen geführt. "Castro" wollte den neuen Menschen schaffen, das konnte nur schiefgehen. Auch "Che Guevaras Fanatismus" hat ih fallweise auch zum Mörder in der eigenen Bewegung gemacht.
Irrtum Nr.3:
In den Händen hielten die Studenten die "Mao-Bibel", ohne sich im Klaren zu sein, dass Mao 40 bis 50 Mio. Tote (Folterungen, Aushungerungen, Spitzelwesen, etc..) zu verantworten hatte und seine Kulturrevolution - der lange Marsch - in China ähnliche Gräuel, wie Hitler oder Stalin hervorbrachten. Jedoch alles was links war, war damals "in". Man suchte krampfhaft und oft unkritisch nach Systemalternativen
Irrtum Nr.4:
Jean Paul Sartre versuchte wegen seiner Aversion gegen den Kapitalismus linke Alternativen entgegenzusetzen, nämlich den Marxismus und reiste nach Moskau und Kuba. Das war eine Täuschung, der die Jungrevolutionäre zum Opfer fielen. Der Stalinismus hatte nichts mit den Ideen von Karl Marx zu tun, er hätte sich beim Realkommunismus im Grab umgedreht.
Irrtum Nr.5:
Die Zulassung einer Radikalisierung und Fehlentwicklung durch die RAF (zB.Schleiermord), welche Terror und Morde zu verantworten hatte in den 70er-Jahren. Die RAF führte einen absurden Krieg gegen Deutschland. Die RAF ist politisch und moralisch total gescheitert und hat nachträglich dem Image der 68er geschadet.
Irrtum Nr.6:
Das etwas weltfremde Projekt der antiautoritären Erziehung "Summerhills" fand Verbreitung und wurde letzendes ein Flopp. Antiautoritär erzogene Kinder bekamen später Sozialisierungsprobleme, weil die Realgesellschaft anders tickt.
AUSBLICK:
Ist die Jugend von heute wieder reif für eine Revolution?
Die Welt ist viel komplexer geworden, Globalisierung, eine gesättigte Wohlstandsgesellschaft auf der einen, Armut auf der anderen Seite insb. in Entwicklungsländern ab auch bei uns.
Die Jugend steht vor völlig neuen Problemen (Prekariate, Zukunftsangst, unproduktiver Akademisierungs-und Zertifizierungswahn infolge des gestiegenen Wettbewerbs, steigende Jugendarbeitslosigkeit bis zu 50% in Spanien, Griechenland, etc.), digitale Revolution als größte Arbeitsplatzgefahr und vieles mehr. Ein komplexes, auch globalisiertes Problemfeld, um die ich die Jugend auch deshalb nicht beneide.
Wir 68er hatten noch keine Angst vor der Zukunft gehabt, waren zuversichtlich und es gab auch noch nicht die Ökologie- und Wachstumskrise. Die Marktwirtschaft war noch nicht in einen degenerierten Kapitalismus pervertiert mit Entsolidarisierung und Beschleunigung und oft krankmachender Arbeitsverdichtung durch Rationalisierung am Arbeitsplatz.
Die Jugend von heute muss Angst um ihre Zukunft haben und das ist eine reale, sehr reale und beechtigte Angst. Wenn man sich auf der Straße umhört, die Worte vieler erfahrener, älterer Menschen:
"Unsere Großeltern waren überzeugt, dass es unseren Kindern einmal besser gehen wird. Diese Überzeugung hat sich bei der nächsten Elterngeneration für ihre Kinder in ihr Gegenteil verkehrt".
Dieser neue Pessimismus ist ein Grund zur Sorge und wenn man oft leichtfertigt geneigt ist, über die "heutige Jugend" zu schimpfen, ist das nicht immer angemessen und wer von den Älteren möchte wirklich mit der Situation der heutigen Jugend in Hinblick auf ihre Zukunftserwartungen tauschen?.
Seit der Finanzkrise 2008 haben die welt- und wirtschaftspolitischen Volatilitäten und damit Risken massiv zugenommen. Was uns bleibt, ist die Hoffnung und den Optimismus für die Zukunft trotzdem nicht versuchen zu verlieren, in einer sich immer rascher verändernden Welt kann auch alles anders kommen, sich auch wieder zum Positiven wenden. Wir können Zukunft nicht voraussagen (Karl Popper's "Offenstehungsprinzip" der Zukunft), weshalb wir auch den Optimismus nicht verlieren sollten.
Ein älterer 68er-Beitrag von mir:
https://www.fischundfleisch.com/ebgraz/das-markenzeichen-der-68er-generation-werterelativismus-dogmen-ideologien-und-heilslehren-haben-die-12332