Prof. Julian Nida-Rümelin (30 min.Video):

Gefährdet der Akademisierungswahn die berufliche Bildung?

Rümelin war Kulturminister unter dem Kabinett Schröder und beklagt unser Bildungssystem im Vortrag und meint:

"Die Eule der Minerva (Weisheit) beginnt erst in der Dämmerung ihren Flug" (Hegel)......es ist noch nicht zu spät für eine Kurskorrektur!

Auf der einen Seite schwer zu besetzende Lehrstellen, auf der anderen Seite überlaufene Hochschulen, denen hinsichtlich der Bewältigung der immer weiter zunehmenden Anzahl an Studierenden zunehmend die Luft weg bleibt. Die Wirtschaft ächzt, die ernsthafte Wissenschaft kommt zum Erliegen, hauptsache die Quote stimmt. Akademiker wissen viel, können aber wenig!

o der Goldschatz heißt "duales System" (= nicht akademisch berufliche Bildung). das jedoch zugunsten der Akademikerschwemme zunehmend geopfert wird, jedoch:

o wir brauchen hochqualifizierte Fachkräfte und keine Akademikerschwemme, ein Meisterbriefinhaber verdient wesentlich mehr als ein Bachelor-Absolvent

o der PISA-Schock war durchaus eine heilsamer Schock zum Nachdenken

o der Bolognaprozess ist leider eine Fehlentwicklung (belegt mit OECD-Studien)..........wir brauchen nicht soviele Bachelors!!

o im GGs. zu Deutschland (detto Österr.) hat GB doppelt so hohe Akademikerquoten, jedoch ohne Vorteil - wie OECD-Statistiken zeigen - und mit mehr als doppelt sovielen Arbeitslosen

o wer behauptet, Deutschland verliere den globalen Anschluss wegen der geringen Akademikerquote ist eine völlig falsche Behauptung

o der einst hohe Qualitätsstandard auf den UNI's hat sich deutlich abgesenkt

o die Studienabbrecherquote ist um über 1/3 gestiegen

o in den 60/70er-Jahren konnte man noch durch akad. Bildung aufsteigen, diese Zeiten sind heute schon und noch mehr in der Zukunft vorbei

Ein interessanter Vortrag hier nur in wenigen Stichworten wiedergegeben. Dazu gibt es auch ein Buch "Der Akademieierungswahn":

Die deutsche Bildungspolitik ist auf dem Holzweg: Die berufliche Bildung (Dualsystem) wird vernachlässigt. Im Gegenzug wird die akademische Bildung immer beliebiger und flacher. Anerkennung und Respekt vor dem dualen Ausbildungssystem, um das Deutschland in der ganzen Welt (auch Obama führte es ein) beneidet wird, schwinden immer mehr. Mit klaren Worten und eindeutigen Fakten zeigt Julian Nida-Rümelin auf, wie gefährlich der aktuelle Akademisierungstrend ist, der am Ende sowohl die berufliche als auch die akademische Bildung beschädigen wird. Dabei sind beide Ausbildungen zwar unterschiedliche, aber gleichwertige Wege zu einem gemeinsamen Ziel: jede Person nach ihren Begabungen und Interessen zu bilden.

Noch ist es nicht zu spät. Nida-Rümelin zeigt Perspektiven für eine Korrektur des bereits eingeschlagenen Weges auf. Denn es gibt erstaunlich effektive Stellschrauben, über die jedoch nicht allein der Staat verfügt, sondern auch die Wirtschaft, die Gewerkschaften und vor allem diejenigen, die die Bildung durch eigene Berufspraxis und Lebensentscheidungen tragen: die Lehrenden und Lernenden.