Ein vor etwa 2 Jahren erschienenes Buch von H. Androsch "Ende der Bequemlichkeit" in 2 Abenden durchgelesen.
Vom Wirtschaftsprüfer zum jüngsten Finanzminister unter Kreisky und CA-General und Konsulent der Weltbank 1988 gehörte er zu den fähigsten Politikern mit einzigartigem Fundus an politischen und wirtschaftlichen Erfahrungen als Industrieller (AT&S, Salinen,...) zuletzt mit dem Ehrenring der Akademie für Wissenschaften geehrt und kämpft für die Forschung Österreichs.
Sein Intellekt besticht und viele (ausg. möglicherweise einige der Parteinomenklatura) bedauern, dass er von Volksbegehreninitiativen (Bildungsvolksbegehren) abgesehen gerade in schwierigen Zeiten Österreich politisch nicht mehr mitgestaltet.
Das Zerwürfnis mit Kreisky - ohne auf die Consultatio-Story einzugehen - war aus meiner Sicht auf die schwere Erkrankung Kreiskys zurückzuführen und ein von Kreisky subjektiv empfundener Loyalitätsbruch - Androsch und Benya wollten Kreisky zum Bundespräsidenten wegloben, um Androsch damit die Tür zum Kanzleramt zu öffnen und das hat Kreisky natürlich durchschaut. Ein Kreisky-Sekretär hatte dem Vernehmen nach allerdings auch kein leichtes Leben mit ihm.
Androsch ist Vater zweier Töchter (1964) aus der Ehe mit Juristin Brigitte (Tochter eine prominenten karriereförderlichen SPÖ-Politikers) und eines späten Sohnes (Gregor 1997) mit einer Wirtschaftspsychologin Mag. Claudia Rothschedl im Raum Graz.
ZUM BUCH(pro&cons):
Seine 7 Thesen werden erst durch den Genuss der Lektüre richtig greifbar. Androsch schaffte es ohne Anglizismen und Fremdworte, ein anspruchsvolles Werk zu liefern!! :
Einleitend wird auf den inflationären Gebrauch des Wortes "Krise" hingewiesen, obwohl Österreich bis dato auf eine unglaubliche Erfolgsstory nach 1945 auch mit Marshallhilfe/ERP-Programm (12,4 Mrd.USD bis heute hilfreich) verweisen kann (....).
Im GGs. zum nicht überwundenen Schock des Zerfalles der Donaumonarchie nach dem 1. Weltkrieg (1.Republik, "ein Staat,den keiner wollte") bestand nach Austrofaschismus/Bürgerkrieg und Nationalsozialismus erst nach 1945 der unbedingte Wille und Glaube an die Überlebensfähigkeit Österreichs und auch seiner Westorientierung. Die Währungsreform 1947 zur Beseitigung der inflationären Kriegswirtschaftfolgen (3:1) war noch ein Wermuthstropfen für das Volk. 2012 lobte das renommierte US-Magazin Foreign Policy ("The Austrian Miracle") Österreich noch wegen seiner niedrigen Arbeitslosigkeit, wettbewerbsfähigen Produktion und hohem Haushaltseinkommen.
Link:
http://www.foreignpolicy.com/articles/2012/11/05/the_austrian_miracle?page=0,2
Diese Erfolgsgeschichte beginnt jedoch in letzter Zeit zu bröckeln, verfolgt man das Abrutschen Österreichs bei diversen internationalen Rankings, wie Global Innovation Index, World Competitiveness Report (IMD = Institute of Management Developement/Lausanne), bei F&E, etc...und eine unmissverständliche Schelte seitens der OECD und des IWF wegen der mangelnden Effizienz unseres Bildungssystemes. Wissen ist jedoch unser Rohstoff der Zukunft, um global kompetitiv zu bleiben.
Verfolgte man die Bildungspolitik der letzten Jahre und die Obstruktion der Lehrergewerkschaft, fällt einem Grillparzer (Bruderzwist in Habsburg) ein:
"Das ist der Fluch von unserem edlen Haus, auf halben Wegen und zu halber Tat mit halben Mitteln zauderhaft zu streben" ...."Es drängt die Zeit; wir selbst sind die Bedrängten".
Auch der Gesamtschuldenstand erreichte mit 231 Mrd. (=75% des BIP) einen Höchststand, der jedoch wegen Schuldenausgliederungen (="Creative Accounting") tatsächlich noch höher liegt.Auch wird auf das seit den 70er-Jahren zugenommene Ineffizienz des Sozialsystems nach dem Gießkannenprinzip statt nur Verteilung an echt sozial Bedürftige (Beispiel Hacklerregelung wurde statt für Schwerarbeiter zu einem Beamtenprivileg) hingewiesen.
Wegen 1/3 noch nicht ausgebauter Wasserkraftkapazitäten, müssen wir zuviel teures Erdöl/Gas importieren, eine unnötige, fossile Steigerung der Umweltbelastung.
Gesellschaftspolitisch nimmt Androsch das viele Jahrhunderte währende System der Ehe zwischen Thron und Kirche (Aristokratie und Klerus) mit Recht aufs Korn.
Der unverhältnismäßig hohe katholische Einfluß (katholisch-monarchische Tradition) verdrängte den Liberalismus - ein Kind des Protetantismus - in Österreich. Dazu beigetragen hat v.a. der an sich reformfreudige Joseph II mit seiner Gegenreformation und Vertreibung der Protestanten, nicht so geschah es in Deutschland. Die Macht der österr. Landesfürsten sind ebenso ein Erbe der Monarchie und die zögerliche Industrialisierung als Folge des adeligen Feudalsystems.
Das adelige Feudalsystem entpuppte sich als völlig innovationsfeindlich und bei der anfangs verschleppten Industrialisierung fürchtete man die zunehmende Macht des kommunistischen Pöbels.
7 THESEN:
I) Reformen brauchen starke politische Persönlichkeiten von oben:
Nur starke, politische Persönlichkeiten, die sich auch gegen den Strom zu schwimmen trauen und sogar Wählerverlust dafür in Kauf nehmen, können Reformen umsetzen. Joseph II (Sohn Maria Theresias) meinte, jeder Untertan erwartet von seinem Herrn Schutz und Sicherheit. "Alles für das Volk, jedoch nichts durch das Volk" war seine Devise.
Trotzdem vom Geist der Aufklärung getragen säkularisierte er die Klöster, führte die Schulpflicht ein, errichete Krankenhäuser und Fürsorgeeinrichtungen, Schaffung eines ausgebildeten Berufsbeamtentums, z.T. Aufhebung der Zensur,...Wermuthstropfen mit Nachwirkung bis heute die josephinische Rekatholisierung (=Gegenreformation). Der dadurch vertriebene Protestantismus nach Deutschland ist die Ursache, dass liberalistisches Denken in Österreich nicht aufgekommen ist. Bis heute blieben
liberale Parteien ("Liberale Forum", etc..jetzt wieder vermutlich die "NEO's") in Österreich erfolglos. Die katholische Tradition habe ein kleinkariertes, neidisches Kleinbürgertum in Österreich geschaffen, kaum ein echtes, aufgeklärte Großbürgertum. Der liberale Schwarzenberg war ein typischer, österreichischer Reformer konnte sich gegen Joseph I. nicht durchsetzen.
Der Aufschwung nach dem 2. Weltkrieg führte Mitte der 70er-Jahre zu einer zu starken Aufblähung des Wohlfahrtsstaates, an deren Probleme wir heute noch kämpfen. Androsch verweist auf sein gutes Verhältnis zu Benya (szt. Gewerkschaftspräsident) und ist immer wieder stolz auf sein Kind als Finanzminister (oft gegen den Willen Kreiskys):
"Der Hartwährungspolitik" mit der 1:7 Anbindung des öS an die DM. Androsch habe damit Inflation verhindert und Österreich wettbewerbsfähig gemacht. Mit dieser Relation sind wir auch in die Eurozone eingetreten umgerechnet auf Euro.
Nach meinem wirtschaftlichen Verständnis kann ich trotz des historischen Erfolges der Hartwährungspolitik (Fixparität DM/öS) nicht nachvollziehen, warum eine Hartwährungspolitik wettbewerbsfördernd sei, wo doch eher weicher werdende Währungen den Export fördern, wie jetzt auch "Abenomics" in Japan. Natürlich verteuern sich dadurch die Importpreise.
Ich führte dazu mit Androsch einen Email-Gedankenaustausch:
eMail .
Kreisky hat auch eine zeitige Strukturreform der Verstaatlichten Industrie (VÖEST) behindert, was nachträglich ein Fehler Kreiskys war und schon vor den 80er-Jahren begonnen hätte werden müssen. Erst Streicher führte den Wandel herbei und schälte die gesunden Kerne zur Weiterentwicklung heraus. Heute ist die VÖEST bestens aufgestellt. Auch die Privatsierung der Andritz AG - anfang der 80er-Jahre fast pleite - hat sie zu einem österr. Vorzeigebetrieb gemacht.
Schumpeter sprach im kapitalistischen System von der notwendigen, immer wiederkehrenden "schöpferischen Zerstörung" (Altes muss zerstört werden, damit Neues Innovatives entstehen kann im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit).
Androsch kritisiert am Thatcherismus insofern, dass sie zwar Altes notwendigerweise zerstört hat, jedoch war ihre Zerstörung nicht schöpferisch, weil ihr an Stelle des Alten dann Neues, Schöpferisches nicht einfiel.
Wie Kreisky mit dem Mallorkapaket 1983 (Luxussteuer, KESt, etc..) so hat auch Schröder mit HartzIV seine Wahlen verloren. Unpopuläre Massnahmen, auch wenn sie vernünftig und notwendig sind, bestraft der Wähler. Heute wird HartzIV gelobt als Grundstein für die heutige wirtschaftl. Stärke Deutschlands. Auch Persönlichkeiten, die unpopuläres durchziehen, braucht Österreich, auch wenn es der Wähler bestraft.
Androsch empfiehlt die Schweiz, Schweden, Finnland als Vorbild für das Setting (= Rahmenbedingungen) Österreichs zu nehmen...nach einer schweren Rezession anfang der 90er-Jahre in den skandinavischen Ländern wurde erfolgreich restrukturiert. Auch das Pensionssystem ist Thema. Androsch engagierte sich bei der Wehrpflichtvolksbefragung, zwei Altausseer Villen-Freunde
Androsch(Berufsheer)/Sorger(Wehrpflicht) machten in Sachen Wehrpflicht eine dialektische These/Antithese Roadshow durch Österreich........ich will das lieber nicht kommentieren, um nicht die falschen Worte zu finden,der Eitelkeit war es dienlich, den dafür wirklich zuständigen Politikern offensichtlich zu blöd. Ich nahm in Graz bei einer Veranstaltung teil..
Sehr lobenswert fand ich das Engagement von Androsch in der Bildungspolitik. Leider wurde sein starkes Engagement nicht ausreichend vom Wähler und den Politikern honoriert, aber einiges konnte durchgesetzt werden.
Ein starker Ausspruch von Androsch war die Bezeichnung der Österreicher als "Lethargiebürger", die am politischen Prozess aus Bequemlichkeit nicht teilnehmen, soweit es über den Bierhaustisch hinausgeht. Übrigens Portisch sprach auch einmal von der Mieselsucht der Österreicher - beide haben Recht.
II) Die Obrigkeitsgläubigkeit der Österreicher, ihre Liebe zum Landesfürsten als Ersatz-Monarchen und der geschützte Sektor des Beamtentums, ein Erbe der Monarchie. Die Beharrungskräfte sind bis heute stärker, als die Modernisierer.
Ein Phantomschmerz aus der territorialen Amputation des Habsburgerreiches nach dem 1.Weltkrieg wirkt noch nach,ökonomisch, psychologisch und verwaltungstechnisch.
Clemenceau: "l'Autriche, c'est ce qui reste".
Der Monarch wisse, was das Volk will: "Alles für das Volk, nichts durch das Volk".
Auch die Ehe zwischen Kirche und Thron hatte seine Nachwirkungen. Man hatte Angst, das Volksbegehren gegen das Konkordat zu unterschreiben, Angst vor einem Kulturkampf, obwohl das Konkordat als Erbe des klerikalen Austrofaschismus 1933 von Dollfuß die katholische Kirche einseitig begünstigt (staatl. Religionslehrerbezahlung, missio canonica, Steuervorteile, etc...).
Bürokratiemonster - Erbe der Monarchie:
Obwohl das neue Österreich nur mehr 1/8 der ursprünglichen Staatsfläche der Monarchie aufweist, wurde die Bürokratie nicht annähernd im selben Ausmaß verkleinert.Beim österr. Bundesheer verwalten 24.000 Beamte 11.000 Präsenzdiener!!!!
Bürokratiequote = Finnland, Schweden 1,3%; Schweiz 1,6%; Dtschl. 3,3%; Österr. 4,1% !! Beamtenpensionen werden mit 400.000 € vom Staat subventioniert, die ASVG-Pension weniger, als 100.000.--. Die Steuerquote mit 42% liegt um über 5% höher, als die der Schweiz. Überzogener Föderalismus, jedes Land eigenes Jugenschutz oder Tierschutzgesetz, etc..Das zweigleisige System der Energieversorgung dient nur Versorgungsposten, wir haben den VERBUND mit Töchtern und die LANDESGESELLSCHAFTEN mit Töchtern.
Infrastrukturprivatisierung - auch Wasser - nicht sinnvoll bzw. abzulehnen. "Invisible Hands" - Dogma von Adam Smith hätten uns erdrosselt, wäre der Staat in der Finanzkrise nicht eingesprungen. Finanzmarktarchitektur fehlt in Europa (Finanz-Lobby gegen Transaktionssteuer, für Leerverkäufe)
Weitere Cons:
Über die EU-verdrossenheit der Bürger und deren Ursache hätte ich gerne Androschs Meinung gehört:
Finanziell gut ausgestattete Lobbyverbände der Großkonzernen setzen ihre Interessen gegen den Mehrheitswillen der Bürger und Konsumenten durch - eine Verzerrung des repräsentativen Demokratieprinzips .
Beispiele:
o Ampelregelung/Lebensmittel mit rd. 1 Mrd. Aufwand von der Nahrungsmittelkonzernlobby abgeschmettert,
o Finanzlobby (Wallstreet, London) schmettert Leerverkaufsverbot und voraussichtlich Transaktionssteuer gegen den EU-Bürgerwillen ab, obwohl vernünftige Gegenmaßnahme gegen den Casinokapitalismus
o Androsch hat sich beim Thema Korruptionsland Österreich "vorbeigewschwindelt", ich erinnere mich kaum an eine Erwähnung, dass der Staat gute 20 Mrd. in Summe für Bankpleiten (Hypo Alpe Adria, Kommunalkredit, ÖVAG) aufkommen muss, was er über Korruptionsaffären, ob Eurofighter, Telecom, Hypo Alpe, etc....denkt.
Eine Katastrophe für die Enkelgenerationen: Statt "Der Papa wirds scho richten" heißt es jetzt "Die Enkerln werdn's scho zohln"......wenn sie's nur ausholtn ::)).
III) Wir pflegen die Nachbarschaften mit Deutschland und auch anderen Staaten zu wenig und könnten selbstbewusster auftreten.
2012 sind 157.800 Deutsche lt. Statistik Austria in Österreich gemeldet, wovon die Hälfte jobben, weil Österreich ein Land geworden ist, wo man gut arbeiten und gut leben kann. Trotzdem herrschte immer wieder ein tief sitzendes Minderwertigkeitsgefühl ("Ostmärker") und sie haben uns einiges, was die Sprachkultur betrifft, voraus. Heute sieht man in Deutschland einen starken Allianzpartner, jedoch man hält ein zu enges Verhälnis zu Dtschl. für verzichtbar.
Was viele Österreicher nicht wissen und auch ich erstmals in einem STANDARD-Rauscher Kommentar las, dass Hitler beim Anschluss 1938 den Devisen-und Goldschatz der OeNB in Höhe von 2,7 Milliarden öS. "raubte", 18 mal größer, als jener der deutschen Reichsbank war, womit er 9 Monate die deutsche Aufrüstung finanzierte, mit ein maßgeblicher Grund für den Einmarsch Hitlers. Ich persönlich ziehe daraus auch den Schluss, dass der Austrofaschismus Geld gehortet hat, anstatt es der Wirtschaft und dem Volk zukommen zu lassen.
Deutschland begann früher, Verantwortung für die 6 Mio. Judenmorde zu übernehmen (Kniefall Willi Brandts im Warschauer Ghetto 1970). In Österreich begannen erst nach Waldheim mit Vranitzky/Klestil/Klima/Schüssel das Bekenntnis, dass wir auch Täter waren und nicht nur die Pflicht getan haben. Das Anschlussverbot im Staatsvertrag 1955 hinderte uns infolge des Sowjet-Vetos schon früher der EWG (Vorläufer EU) beizutreten.
Androsch setzte mit Erfolg gegen den Willen Kreiskys auf die Hartwährungspolitik mit Deutschland, um im Feld der Spitzengruppe dabei zu sein, statt ins Hauptfeld zurückzufallen.Wie schon erwähnt, entspricht es nicht meinem ökonomischen Verständnis, wieso gerade eine Hartwährungspolitik die Wettbewerbsfähigkeit im Export verbessern sollte, macht sie doch das Exportgut teurer. (Beispiel Abenomics Japan, wo bewusst eine Weichwährungspolitik beim YEN angesteuert wird im Interesse der Exportwirtschaft).
Mit dem Fall der Berliner Mauer 1989 wurde der EU-Beitritt 1995 für Österreich möglich, 1999 auch zur Währungsunion (Buchgeld), wobei das EURO-Bargeld erst 2002 eingeführt wurde.Mit der Ostöffnung in den Reformländern profitierte Österreichs Wirtschaft enorm. Deutschland ist Zugmaschine der EU, mit Abstand größter Handelspartner Österreichs und Kissinger hat einmal gemeint:
" Deutschland sei zu groß für Europa, aber zu klein für die Welt".
Bayern und Baden-Würtenberg gehören zu den wirtschaftlich stärksten Ländern und mir wurde von Deutschen erzählt, dass das Schulniveau in Bayern ggü. Norddeutschland um 1 Jahr voraus sei.
Von Österreichs über 11%-igen Immigrantenanteil liegen hinter Ex-Yugoangehörigen (239.000) bereits die Deutschen mit 157.800 an 2. Stelle. Danach folgen erst die Türken mit 113.000.
IV) Populismus die falsche Antwort für Problemlösungen:
Wer mit Sündenböcken Politik macht, wie :
o der Euro oder die EU ist schuld
o der politische Gegner ist immer schuld
o die Ausländer sind schuld
o die Juden, Zigeuner, Asylanten, etc... sind schuld
Populistische Parteien bieten für einfach gestrikte Menschen einfache Lösungen an, das macht sie immer wieder erfolgreich.
Was beim Regieren herauskommt, sieht man an Haiders Kärntendebakel. Ein selbstbewusster, breiter Mittelstand und Perspektiven und Orientierung für die Jugend ist das beste Rezept gegen diese Populisten.
Eigenverantwortliches Denken war ein Attribut des Protestantismus (Extrem im Calvinismus) und nicht des Katholizismus, weshalb durch die josephinische Gegenreformation der Österreicher noch heute so ist, wie er ist - obrigkeitsgläubig und mit wenig Selbstbewusstsein ausgestattet.
Die politische Starre Metternichs und auch des Kaisers bremste zunächst die Modernisierung und Industrialisierung (Angst vorm revolutionären Potential des Proletariats) in der Monarchie, nur das Handwerk wurde gefördert ("Handwerk hat goldenen Boden"). Preußen besaß Mitte des 19.Jh. bereits über 600 Maschinen, Österreich nur über 200.
Die industrielle Produktion hatte sich in Deutschland im 19.Jh. mehr, als verzehnfacht und Österreich nur verfünffacht.
Der steirische Erzherzog Johann war der erste, der weiter dachte und brachte immer wieder Neuerungen von Auslandsreisen mit. Sogar er hatte Probleme mit der Zensur, wenn er ausländische Bücher ausborgen wollte. Musil schrieb über den österr. Ständestaat "das Land der privilegierten Unternehmen mit Schutzbriefen, etc...wodurch Tüchtigkeit verloren ging".
Summa, summarum blieb die österr. Mentalität antiliberal, risikoavers verbunden mit wenig Selbstbewusstsein und die Monarchie mit feudaler Adelsherrschaft und Ehe mit dem Altar bremste die Modernisierung Österreichs massiv. Portisch sprach von Mieselsucht statt Optimismus des Österreichers.
Liberalismus konnte sich im katholischen Lager nicht entfalten im Ggs. zum protestantischen Lager in Deutschland, wo auch die Ideen der frz. Revolution einflossen.. Die Wiener Kirchenzeitung führte einen Kampf gegen jegliche individuelle, aufgeklärte Lebensgestaltung der Bürger. Der dem Feudalismus frönende Adel war völlig industrieavers und behinderte so den Fortschritt.
Erst im auslaufenden 19.Jh., in der Gründerzeit Wiens entstanden die Ringstraßenbauten, Fabriken, Industrieanlagen, Eisenbahnen, Banken, etc...und das Konkordat mit dem Vatikan wurde aufgekündigt, bis es 1933 Dollfuß wieder einführte.
Der Börsenkrach 1873 diskreditiert jedoch bei den Populisten den Liberalismus und erste deutschnationale Bewegungen mit antisemitischem Einschlag traten auf und fand mit Karl Lueger ihren Höhepunkt, Antisemit und Gründungsvater der Christlichsozialen und Wiener Bürgermeister. Er war ein Populist und Verhetzer.
Die FPÖ unter Jörg Haider als populistische Saubermacherpartei scharte beinahe 1/4 der Wähler hinter sich. Was aus den Saubermachern geworden ist, davon gibt Kärnten mit seinem Hyposkandal (2stelliger Milliardenbetrag) Zeugnis.
Die Vollkaskomentalität des Wohlfahrtsstaates hat unsere Leistungsachitektur nachteilig verändert. Eigenverantwortung, Eigeninitiative und Eigenvorsorge sind die Voraussetzung für Freiheit, Verantwortung und Solidarität.
Was den Punkt Solidarität betrifft, kann ich Androsch nicht zustimmen. Gerade die Verantwortung für das Gemeinwohl kommt im ungezähmten Kapitalismus immer mehr unter die Räder.
Siehe auch Dönhoff "Zähmt den Kapitalismus". Wenn Androsch meint, dass nur dort, wo es eine Leistungsgerechtigkeit gibt, auch eine Verteilungsgerechtigkeit gibt, dann empfehle ich einen Blick in die USA mit der immer größer werdenden Schere zwischen arm und reich.
Androsch warnt, dass Politik nicht zum Facebook-Happening und Entertainmant verkommen darf, dann beginnt das Zeitalter des Dilettantismus. Es gibt immer mehr Anpassungspolitiker und immer weniger Überzeugungspolitiker in Österreich, wie Recht Androsch hat. Überdies schwächelt auch auf europäischer Ebene das Führungspersonal, Hollande, Cameron, etc....
Das permanente Schielen nach Meinungsumfragen und Beliebtheitsrankings lähmt die Suche nach verlässlichen Antworten auf die komplexen Fragen unserer Zeit.Lss Kuan Yew, der Staatsgründer Singapurs, sagte:
"Wenn du damit beschäftigt bist, ob dein rating besser oder schlechter wird, dann bist du kein Leader...Was das Volk zwischenzeitlich von mir hält, halte ich für total irrelevant"
V) Bildungswesen hinkt stark hinter der digitalen Revolution nach...
Der Wettbewerb ist eine ökonomische und in meinen Augen auch im gesellschaftlichen Leben eine anthropologische Konstante (Statusdenken, Rangordnung). Wenn wir uns durch vermehrte Bildungsanstrengungen den Herausforderungen der globalisierten Welt nicht stellen, verlieren wir unsere Zukunft. An dieser Stelle möchte ich infolge der vielen Bildungsdiskussionen der letzten Jahre die ohnedies bekannten Argumente nur mehr einige wiederkauen:
o lebenslanges Lernen, aber es gibt keinen lebenlangen Job mehr..
o Kinder "innovation ready" erziehen und nicht nur mit Wissen füllen, nicht Wissen wiederkäuen,sondern in Zukunft zählen jene Kompetenzen, die uns anpassungsfähig für den raschen Wandel machen...
o der Beruf des Pädagogen muss von den Anforderungen und Image wesentlich aufgewertet werden
o Lehrer als Motivator und Moderator - in der Klassenrealität jedoch oft kaum umzusetzen..
o Schluss mit dem 50-minütigen preußischen Kasernenrythmus der Schulstunden
o Ganztagsschule, denn es darf nicht zu früh nach Herkunft ausgesiebt werden, das würde Talente nicht fördern, sondern vergeuden....
o Verhinderungspolitik Lehrergewerkschaft
o Zuviel Computer kann auch zu Entsozialisierung führen (Ausgewogenheit zwischen realer und virtueller Welt).
o Bücher lesen nicht verlernen
o Aufwertung Kindergartenpädagogik..v.a.Fremdsprachenerwerb schon im Kindergarten....
o MINT-Fächer müssen wieder stärker nachgefragt werden bei der Studienwahl!!
o Bildungsausgaben in Österreich von 6,2% auf 5,4% des BIP gesunken!!! und davon versickert viel zu viel in der mehrgleisigen Schulbürokratie
o Bayern gibt 4 Mrd., Österreich nur 2,5 Mrd. für Hochschulen aus - so kann Qualität nicht mehr gehalten werden.
o etc...
" Die schon beschriebene Ehe zwischen Thron und Altar in der Monarchie , in der sich eine katholisch-kleinbürgerliche Muffigkeit wie Mehltau über die Gesellschaft legen konnte, ist sicher mit eine Wurzel für diese weit verbreitete technik-und geistesaverse Grundhaltung"
Auf Seite 103f. werden die wichtigsten, innovativen Philosophen und Wissenschaftler des 20.Jh. angeführt...(Schlick-Kreis, Popper, Wittgenstein,Freud, Adler, Zweig, Klimt, Musil, etc....). Empfehlung Poppers "Offene Gesellschaft".....integratives, interdisziplinäres neues denken, Logik, etc....Das Bildungssystem muss die Weichen für ein neues Innovationsklima stellen.
Galbraight: "Es gibt keinen gebildeten Staat, der arm ist"...
Kennedy: "A country today is only so strong as its citizens are educated"
Kennedy: "No nation can neglect the developement of young people without courting catastrophe"
Kennedy: "The future promise of any nation can be directly measured by the present prospects of its youth"
Kennedey:"If more politicians knew poetry and more poets knew politics, I'm convinced that the world would be a little better place to live"
VI) Internationalisierung, Globalisierung - 123,5 Mrd. exportierte Österreich 2012, so hoch wie noch nie...
Österreich hat nach wie vor eine leistungsfähige Industrie und "Hidden Champions"....Verfehlte Energiepolitik......mangels weiteren Ausbaues der umweltfreundlicheren Wasserkraft...Irrweg Ökostrom und Biotreibstoff, der noch dazu hoch gefördert wurde.
Die Marke CA wurde ehrgeizigen Plänen von Einzelpersonen geopfert - das kann ich bestätigen und ist noch viel zu höflich ausgedrückt. Zuerst die kranke, bayrische HVB und dann Filialbetrieb der mittelalterlichen UNI-Credit mit mittelalterlicher EDV, in meinen Augen der Anfang vom Ende....
Casinokapitalismus und Entkoppelung der Finanzwirtschaft von der Realwirtschaft und zu einem schweren Vertrauensverlust in das Finanzsystem geführt.Österreich ist overbanked, overbranched, overstaffed und im Osten overexposed im Bankgeschäft.
Wir sollten uns mehr um die Absatzmärkte in Übersee kümmern....Asien, China, Indien, Korea, Indonesien, Brasilien, Nigeria....etc.
Mehr Mut zum Risiko , Entrepreneureship, ....Global Village....
Die Globalisierung hat in letzter Konsequenz eine ungemeine Steigerung des Wohlstandes gebracht in den entwickelten Industrieländern.
Was passiert, wenn sich ein Land dem Globalisierungsprozess entzieht, wie Nordkorea - es ist eines der ärmsten Länder geworden, detto für teile Schwarzafrikas.
VII) Mehr Europabewusstsein, weniger Nationalstolz aber mehr Europapatriotismus.
Bekämpfen wir den Populismus mit seinen Floskeln, wie "raus aus der EU", "raus aus dem EURO"...man kann eine Geburt nicht rückgängig machen. Schwache Regierungschefs schüren oft sogar aus
wahltaktischen Gründen antieuropäische Ressentiments. Das Volumen der Exporte hat sich seit dem EU-Beitritt 1995 verdreifacht.
Die EU mit einem Bruttoinlandsprodukt von 16.500 Mrd.USD bildet noch immer den größten Binnenmarkt der Welt. Die Schlagkraft und Kaufkraft der EU würde schlagartig verloren gehen bei Renationalisierungen. Nationalismus und Isolationismus sind jedenfalls populistische Falschrezepte. Die EU hat dzt. 28 Mitglieder zuletzt mit Kroatien 2013. EURO-Staaten werden es von dzt. 17 mit Lettland nächstes Jahr 18 werden.
Die EU ist ein einzigartiges Friedenprojekt und ökonomische Erfolgsprojekt ohne realistische Alternative. Werden wir Europapatrioten!
Europa hat ein Führungsproblem ("leadership") und leidet unter schwachen Führungspersönlichkeiten, es fehlt ein Delors....und überdies ist durch das Fehlen von währungs-und fiskalpolitischen, handlungsfähigen!! Institutionen die Eurozone eine Frühgeburt (Schröder). Auch fehlt die gemeinsame Außen-und Verteidigungspolitik. Kissinger: "Welche Telefonnumer muss ich bei der EU anrufen?"
Es stimmt nicht, dass eine gemeinsame Währung eine durchgängige wirtschaftliche Homogenität aufweisen muss, wie man am Beispiel USA erkennen kann. Auch dort gibt es das N/S-Gefälle zwischen zB. Pannsylvania, Massachusetts, Illinois, etc,,und dem Süden New Orleans, New Mexiko...und es funktioniert!!!