Australien fängt viele Flüchtlinge bereits auf dem Meer ab und bringt sie in ein Camp auf die Insel Nauru. Die Flüchtlinge werden dort verprügelt, missbraucht und vergewaltigt. Das zeigen jetzt öffentlich gewordene Berichte, die dem GUARDIAN zugespielt wurden.
Im Nachhinein wären sie wohl lieber in der Hölle geblieben. Doch nun sind sie gefangen auf einer Insel, auf Nauru. Hunderte Seemeilen sind es bis zur nächsten Nachbarinsel, 3000 Kilometer bis Australien. Dabei wollten die Flüchtlinge ins Land ihrer Träume - Australien, um dort ein neues, besseres Leben zu beginnen. Ihr Boot war nicht gekentert, die australische Küstenwache hatte sie aufgegriffen, statt nach Australien kamen Sie nach Nauru – aus der Hölle in die Hölle.
In den 70er-Jahren exportierte Nauru - ein eigener Staat - tonnenweise Phosphat. Heute importiert die bettelarme Insel Flüchtlinge aus Australien gegen Bezahlung.
Rund 1000 Flüchtlinge aus Afghanistan, Iran, Irak und Sri Lanka hausen hier in dem von privaten Unternehmen betriebenen Flüchtlingscamp. Viele von ihnen wollen lieber sterben, als hier zu leben; wo sie verprügelt, missbraucht und vergewaltigt werden, vor allem die Frauen und Kinder. Das zeigen nun öffentlich gewordene Berichte, in denen Sozialarbeiter, Lehrer, Ärzte und Wärter die Zustände im Camp dokumentieren.
Eine Frau habe wissen wollen, ob man sich noch an das ertrunkene Kind erinnere, das an den türkischen Strand gespült wurde. Ihr ungeborenes Baby werde das nächste sein, wenn sie es mit ins Meer nehmen werde. Einige schlitzten sich die Handgelenke auf, zwei zündeten sich an, manche tranken Putzmittel, einer schluckte Steine, andere hängten sich auf.
Nach den Berichten, die dem „Guardian“ zugespielt worden sind, ist es zu über 2000 Fällen von Gewalt, Missbrauch und Selbstverletzung gekommen, eine Kultur der Gesetzlosigkeit.
Europäische Politiker hielten die „australische Lösung“ für eine gute Idee. Viele nehmen heute davon Abstand, jedoch nicht alle: Österreichs Außenminister Sebastian Kurz meint, man müsse von den Australiern lernen, auch wenn er das Konzept nicht „eins zu eins“ kopieren wolle.
Auf Nauru werden vor allem Kinder zu Opfern. Sie werden geschlagen und misshandelt und sexuell missbraucht. Die Vorfälle würden nicht verfolgt, selbst wenn es Zeugen gäbe, berichten Sozialarbeiter dem „Guardian“, die Täter blieben im Job - es herrscht eine Kultur der Gesetzlosigkeit.
Frauen würden jede Nacht misshandelt. Nachdem eine Lagerbewohnerin einem Angestellten der Betreiberfirma erzählt habe, vergewaltigt worden zu sein, habe der ihr entgegnet: „Das, was dir widerfahren ist, ist genauso gewöhnlich, wie ins Bad zu gehen oder etwas zu essen. Vergewaltigungen in Australien sind total normal, und Vergewaltiger werden nicht bestraft.“
Australiens Premier Turnbull verteidigt diesen harten Kurs. Für die Missstände sei die Betreiberfirma, nicht die Regierung verantwortlich. Australien schiebt seine Probleme 3000 Kilometer weit weg. Manche der Flüchtlinge sitzen seit über drei Jahren auf Nauru fest. Sie kommen nicht weg. Wie rigoros Australien vorgeht, belegen Aussagen einer Soldatin. Die Marine solle Flüchtlinge erst an Bord nehmen, sobald sie sich auf australischen Gewässern befänden, sagte sie dem Fernsehsender ABC. Ein in Seenot geratenes Schiff habe man einfach untergehen lassen. Was auf Nauru passiere, sei Folter, sagen die UN.
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