Politische und ökonomische Netzwerke haben die Vorteile der Globalisierung nur zu sehr für ihre eigenen Zwecke missbraucht, die Deregulierung der Finanzmärkte und der Kriminalität des Casino-und Finanzkapitalismus (Libor-Fälschungen, Geldwäsche, betrügerische Asset-Bewertungen, etc..) Vorschub geleistet. In meinen Augen hat das Ende der Globalisierung begonnen und ich - einstens ein glühender Verfechter der Globalisierung - bin wieder auf die Seite der Kritiker und Gegner gewechselt, obwohl ich eine "Globalisierung light" für vernünftig und noch vorstellbar halte. Die Stimmung ist auch bei der Mehrheit der Bevölkerung gekippt.
Die Ökonomen und Politiker der 90er-Jahre priesen die Globalisierung, inzwischen mehren sich die globalisierungsfeindlichen Stimmen namhafter Ökonomen, die "Financial Times" selbst berichtete schon darüber.
Harvard-Professor Rodrik konstatiert:
"Der Widerstand gegen den Freihandel wächst weltweit. Abkommen wie TTIP und TTP scheinen kaum noch durchsetzbar. Erleben wir derzeit den Anfang vom Ende der Globalisierung?
Wir wollten in den 90er-Jahren die Volkswirtschaften der Welt
offener gestalten und Handelsschranken im Interesse der Wohlstandsmehrung abbauen. Das ist weitgehend gelungen, jedoch haben wir dabei nicht bemerkt, dass sich unter der Oberfläche Spannungen und soziale Ungleichheit bildeten. Statt diese Probleme zu lösen, setzten wir noch stärker auf offene Märkte und die Spannungen verschlimmerten sich.
Nicht die wiederum totale Abschottung wäre in meinen Augen die Lösung, sondern - die Kritik der Bürger ernstnehmend- eine moderat geöffnete Weltwirtschaft, eine Globalisierung light.
Die demokratischen Standards in den jeweiligen Ländern haben an Qualität stark verloren, Bürger haben nicht mehr das Gefühl, gefragt zu werden, mitbestimmen zu können. Man entscheidet auch in Brüssel über ihre Köpfe hinweg. Gewaltsam wollte Malström, Merkel, Junker und wie sie alle heißen, das TTIP und CETA durchdrücken.
Der eigentliche wirtschaftliche Gesamtnutzen (0,0005% beim CETA) ist im Vergleich zum Aufwand relativ klein sein und schafft heftige Gegenreaktionen seitens der Bevölkerung. Meine These, mit dem Ende des TTIP und CETA ist der Rückbau der Globalisierung eingeleitet worden.
Die zunehmende Globalisierung hat die Fähigkeiten der Regierungen eingeschränkt, auf die Belange ihrer Wähler effizient zu reagieren. Faymann, der Ja-Sager in Brüssel las ich öfters. Österreichische Politiker fanden es bequem, sich hinter der Globalisierung zu verstecken und für unpopuläre Maßnahmen Brüssel die Schuld zu geben, anstatt sich selbst auch kontrollierend stärker in Brüssel einzubringen. Nicht harmonisierte Steuersysteme und Beschäftigungsstandards auf der einen Seite, Freihandel und Wettbewerbsverzerrung durch Steuer- und Lohndumping auf der anderen Seite.
Dem Konzern-und Finanzlobbyismus fehlt es an demokratischer Legitimation, weil er einseitig und asymmetrisch seine Positionen immer wieder durchsetzte auf Kosten diverser Umwelt-Beschäftigungs- und Sozialstandards.
Demokratie soll auf nationaler Ebene organisiert bleiben, auch sollen verschiedene Länder verschiedene Steuer-und Sozialsysteme
und Verbraucherschutzstandards haben. Künftig sollte man nicht mehr versuchen, diese Unterschiede wegzuharmonisieren,
sondern es möglich zu machen, dass diese Unterschiede nebeneinander bestehen können. Brüssel wäre natürlich völlig dagegen.
Die EU hat in meinen Augen im GGs. zu den USA bis heute nicht in der Lage, die Finanzkrise nachhaltig zu lösen. Vielmehr hat sie dabei insb. auch die Draghi/EZB völlig versagt.
Die Hoffnung, dass sich Europa zu einem gemeinsamen politischen Raum entwickeln würde, ist in meinen Augen spätest seit 2016 gestorben. Zu sehr sind die Zentrifugalkräfte, ob BREXIT oder Visegradstaaten oder Südländer versus Nordländer , Separatismus und Rechtspopulismus am Werk. Die endgülige, politische Spaltung hat Merkel mit ihrer rigiden Flüchtlings-Politik der "Willkommenskultur" realpolitisch zu verantworten.
Die Art, wie die führenden Politiker auf die Krise reagiert haben, war für die Schaffung eines gemeinsamen politischen Raums nicht förderlich. Das politische Establishment hat die Krise in Griechenland genauso mitzuverantworten, weil sie den Griechen zuerst die Kredite nachgeworden haben auch mit Mithilfe von Bilanzfälschungen durch Goldman Sachs.
Wenn Merkel durch die Blume sagt, das war die Krise der faulen Griechen, dann war es genauso die verfehlte Kreditvergabe insb. deutscher, französicher und ital. Banken.
Ich kritisiere den mediterranen Lebensstil nicht, sondern ich beneide sie sogar dafür.
Kaum jemand ist in Europa bereit, nationale Souveränität ernsthaft
abzugeben. Keiner hat sich mehr an Verschuldungsgrenzen gehalten.
Das technokratische Brüssel hat sich vom EU-Bürger abgeschottet und den Eindruck vermittelt, nur mehr Sprachrohr der Lobbyisten zu sein. Auf lange Sicht ist einfach wirtschaftliche Integration mit Demokratie und nationaler Souveränität nicht vereinbar, eines muss immer zurückstehen.
Auch haben die europäischen Eliten versagt, weil sie das Vertrauen der EU-Bürger selbstverschuldet verloren haben. Ohne gemeinsame politische Vision der Europäer für ein politisch vereintes Europa funktioniert auch der Binnenmarkt auf Dauer nicht. Was sich Irland mit seinem Steuerdumping zu Lasten anderer EU-Länder erlaubte, war eine Frechheit. Un in einigen Reformländern (Ungarn, etc..) wird wiederum ein Demokratieabbau sichtbar. Wer hätte geglaubt, dass Großbritannien die EU so rasch verlassen würde. Merkel hat diese Entwicklung zu verantworten und wird offensichtlich von gewissen Profiteur-Netzwerken noch immer gehalten.
Die fundamentalen wirtschaftlichen und politischen Probleme der EU können nur durch einen teilweisen Rückbau der Gemeinschaftswährung gelöst werden, das gilt sowohl für Griechenland als auch Italien. gelöst werden können.
Ein Irrtum nicht nur Merkels, sondern aller Deutschen ist zu glauben, nur am Deutschen Wesen wird die Welt genesen. Das ist ein Irrtum.
Ein wesentliches Thema im Zuge der Globalisierungsdebatte ist auch die global stark gewachsene Ungleichheit, insb. in Europa und den USA. Das Einkommen stagniert seit einem Jahrzehnt und die Vermögensrenditen steigen ins Uferlose (siehe Piketty).
Die Globalisierung hat nicht nur Negatives gebracht, ärmere Länder bekamen die Chance, schneller zu wachsen und einen moderaten Wohlstand aufzubauen. Die Schuldigen sind auch nicht immer in der Globalisierung, sondern in der ideenlosen Politik zu suchen.
Lateinamerika konnte trotz seiner Korruptionsskandale seine Ungleichheit verringern, das soziale Gefälle konnte abgebaut werden. Auch die Demokratien konnten sich etablieren und die einstens faschistischen USA-treuen Regime vertreiben.
In den USA wird viel über soziale Ungleichheit diskutiert, jedoch tatsächlich Veränderungen wird sich nichts. Hillary Clintons Abkehr von TPP war doch ein bloß ein populistischer Schritt, um Wähler zu gewinnen, nicht mehr. Bei der nächsten Wahl könnte uns Trump ins Haus stehen, ein Clown, Lügner und sein geplantes Steuerprogramm ist das absolute Ende jeglicher Sozialgesetzgebung in den USA.
Die Anzahl der Ökonomen nimmt rapid zu, die nicht mehr in der Globalisierung das Heil der Welt sehen. Sie können diese Entwicklungen auch nicht mehr ignorieren. Wir sollten innehalten und zunächst einmal von weiteren Freihandelsabkommen Abstand nehmen.
Professor Rodrik gehört wie eingangs erwähnt zu den Globalisierungskritikern, er ist Harvardprofessor
und löste mit seinem Buch "Has Globalization Gone Too Far?" eine Debatte über die negativen Folgen der Globalisierung aus, sein aktuelles Buch "Economics Rules" befasst er sich auch mit den Vor-und Nachteilen der Ökonomie als Wissenschaft.