„Die Geister, die wir riefen, werden wir nun nicht mehr los.“ (Ingrid Turnherr: "Uns reichts" - sexualisierte Hasspostings)

Frei nach Goethes "Zauberlehrling" haben wir in öffentlichen Online-Medien,auch in TV-Sendungen das Wort als neue Waffe entdeckt.

Ich bin kein Anhänger der "Political Correctness", es darf auch einmal härter zugehen, wir sind kein Mädchenpensionat. Jedoch wenn das Wort so gewählt wird, dass das Ziel nur mehr die Weichteile des Gegenübers sind, dann führt das und tut es bereits zu einem tiefen, kulturellen Verfall in unserer Gesellschaft.

Ich bringe 2 Beispiele aus dem jüngsten FALTER-Bericht der Ausgabe 24/16: Ingrid Turnherr und weitere 3 Journalistinnen:

"Uns reichts"

Sexualisierte Hasspostings - der Alltag prominenter Journalistinnen (Ingrid Turnher, etc...)- vergewaltigen, vernichten, auslöschen der Tenor.

Einer Flut von sexualisierten Herabwürdigungen werden Journalistinnen oft ausgesetzt. Eine Guardian-Studie hat ergeben, dass von 10 Hasspostings 8 von Männern stammen gegen Frauen gerichtet. Die Justiz reagiert oft desinteressiert, weil es sich angeblich oft um bloße “emotional und situationsbedingte Unmutsäußerungen” handle.

Der rechtsextreme Mob im Volk tut sich hier besonders hervor, wenn es um die Verbreitung von Hass im Internet geht. Im Beitrag fallen insb. Facebookseiten der FPÖ Eisenstadt und dem FPÖ-nahen Onlineblatt “unzensuriert.at” seit Wochen über die Journalistin Milborn/Puls4 ungelöscht: “Man sollte dieser Entarteten die Gebärmutter Ziehen, ausspülen und einem Schutzsuchenden als Trinkschlauch auf die Reise in die Wüste mitgeben. Das wäre doppelt ökonomisch”.

Unglaublich, mit welch letztklassiger Primitivität sich der rechtextreme Mob auf diesen FPÖ-nahen Oblineblatt https://www.unzensuriert.at/ outet.

Die große Gefahr, dass gerade diese jetzt noch kleinere Truppe den virtuellen Raum erobert und seine Echokammern nutzt. Frauen zu schänden geht in Extremformen soweit, dass die Schande dann nicht beim Täter, sondern beim Opfer liegt, das Opfer als quasi “beschädigte Ware”, die aussortiert von der Gesellschaft ausgeschlossen gehört.

Wen wundert es, wenn dabei zunehmend Grenzen verschoben werden – allen voran jene der Distanz zu realer Gewalt. Mit falsch verstandener politischer Korrektheit hat das nichts mehr zu tun.

Ich provoziere auch öfters politisch inkorrekt, aber es gibt Grenzen bei der "politischen Inkorrektheit", die trotzdem nicht überschritten werden dürfen.

Politik ist ein oft brutales Geschäft, es geht um Machterhalt und Netzwerkpflege. Netzwerke im Dienste der eigenen Karriere und Jobabsicherung. Wer sich auf diese Bühne begibt, exponiert sich. Als Angreifer und Angegriffener. Als Kämpfer für „seine“ Überzeugung muss man austeilen und einstecken können.

Wo die Angriffe nur mehr auf unsere Weichteile gerichtet werden, dort liegt eine Verrohung der Gesellschaft und kultureller Verfall vor.

In meinen Augen hat dieser Verfall bereits begonnen und wenn wir dagegen nicht öffentlich auftreten (ob Bierhaustisch, Leserbrief, F+F, Bürgerinitiativen, Organsieren von Protestbewegungen, etc...),

kann aus dieser neuen virtuellen Hasskultur ein realer Flächenbrand entstehen.

Am Schweinetrog der sozialen Medien wird polemisiert, gezündelt, gedemütigt, beleidigt, bedroht und gehasst und das mit Vorliebe anonym aber nicht nur. Brandbeschleuniger ("likes";) trifft auf Brandstifter.

Diese hirnamputierte Schwarz/Weiß-Denken nur noch in Extremen hat George W. Bush beherrscht und daraus ein Regierungsprogramm gezimmert. Donald Trump macht es ihm nach.

Verbale Verrohung als Nährboden für Gewalt, dazu ein mahnendes, chinesisches Sprichwort:

"Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden zu Worten.

Achte auf Deine Worte, denn sie werden zu Handlungen.

Achte auf Deine Handlungen, denn sie werden zu Gewohnheiten.

Achte auf Deine Gewohnheiten, denn sie werden Dein Charakter

Achte auf Deinen Charakter, denn er wird Dein Schicksal."

Die Verrohung der Sprache führt nicht gleich zu Gewalttat, aber sie schafft einen günstigen Nährboden dafür.

Neu im Internet ist, dass sich im unendlich grossen virtuellen Echokammern immer eine Fangemeinde findet, sei das gedanklich Erbrochene noch so grauslig. Das animiert auch in der Politik zu Tabubrüchen.

Wir haben die Geister gerufen. Liegt uns etwas an der Demokratie, müssen wir dagegen öffentlich das Wort ergreifen.

2
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
6 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

Eveline I.

Eveline I. bewertete diesen Eintrag 27.06.2016 12:04:55

fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 27.06.2016 11:13:11

11 Kommentare

Mehr von EBgraz