Der international als "neuer Star und Kulturpessimist der deutschen Philosophie" gehandelte Byung-Chul Han (UNI-Berlin, geb. in Seoul) legt nach seinem Bestseller "Psychopolitik", oder "Die Errettung des Schönen" oder "Psychopolitik Neoliberalismus und die neuen Machttechniken" sein neues Buch über Gesellschaft, Wahrnehmung und Kommunikation vor.
Der Terror des Gleichen:
Die Zeit, in der es den Anderen gab, ist vorbei. Der Andere als Freund, Feind, Hölle, Geheimnis, Verführung, der Andere als Eros verschwindet. Er weicht dem globalisiert Gleichen. Han beschreibt, wie das fehlende "Andere" viele Menschen zu Narzissten und Psychokrüppeln macht auch mit entsprechenden Auswirkungen auf das Große Ganze.
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Gewollt stattdessen sei, dass man am Fremden das Gleiche fände und sich damit der Erfahrungshorizont immer mehr einschränke. Durch die digitale Abstandlosigkeit würden alle Spielformen von Nähe und Ferne aufgehoben. Dadurch sei alles gleich nah und gleich fern.
Dem Krebsgeschwür des Gleichen macht heute die pathologischen Veränderungen unserer Gesellschaft aus. Nicht Entfremdung, Entzug, Verbot, Verdrängung, sondern Überkommunikation, Überinformation, Überproduktion und Überkonsumtion machen den Menschen krank, das Gleiche macht depressiv. Das Gefühl der Leere sei typisch für Depression und Borderline-Persönlichkeitsstörung. Ein stabiles Selbst, das das Gefühl der Leere verhindere, benötige den Anderen, just den, der im Neoliberalismus vernichtet wird."Ein System, das die Negativität des Anderen ablehnt, entwickelt autodestruktive Züge."
Der Terror des Gleichen hat mittlerweile alle Lebensbereiche erfasst. Dadurch ist es unmöglich, andere Erfahrungen zu sammeln und zu anderen Erkenntnissen zu gelangen. Stattdessen häuft man bloß Infos und Daten an, erlangt jedoch kein Wissen. Der Globalisierung steckt eine Gewalt inne, die alles austauschbar und vergleichbar mache. Dies führe zur totalen Sinnentleerung.
Der Handelsgeist besitzt nur einen rechnenden Verstand, aber keine Vernunft. So mangelt es ihm auch an echter Freundlichkeit, einer Eigenschaft, die in den Augen des Autors Freiheit bedeutet und die einen Anderen notwendig macht.
Neoliberalismus:
Hat Menschen narzisstisch vereinzelnt, dies führt zur "Entsolidarisierung" auch zur "totalen Konkurrenz" und "bringt Angst" hervor.
Ein zentraler Satz im Buch:
"Die perfide Logik des Neoliberalismus lautet: Angst (Jobangst) erhöht Produktivität“ . Beschleunigung im Netz, auch über den Verlust von schützender Distanz und der Tatsache, dass Transparenz und Hyperkommunikation uns jede schützende Innerlichkeit nehme.
Selbstoptimierung geht mit Entfremdung von sich selbst im hier und heute einher. "Was wir daher dringend wieder brauchen, ist mehr vom Anderen, der uns hilft, uns selbst und die Welt zu erkennen, der Andere, der für unser Selbstwertgefühl von Bedeutung ist und auch dafür, dass wir wieder staunen können und uns der Entfremdung verwehren". Wer sich nur mit Jasagern und Likern umgibt, lernt nichts dazu.
Für Byung-Chul Han ist es ausgemacht, dass Kunst und Philosophie die Verpflichtung hätten, den Verrat am Fremden rückgängig zu machen und dem Anderen seine befremdende, staunenswürdige Andersheit zurückzugeben.
Zuhören, den Anderen anders sein lassen, setzt aber voraus, dass man sein Ego klein hält und die Möglichkeiten begreift, die uns dadurch zuteil werden. Vom Anderen zu lernen, ihn nicht zu vereinnahmen, bedeutet, eine gute Zeit zu haben und an einer Gemeinschaft zu arbeiten, die Vielfalt erlaubt.
Kein Dort, wo Reibung fehlt, nur das Positive in den Blick rückt und mangelnde Differenz ein Heer von Gleichen und Gleichheit unter der Ägide des Gewollten erzeugt.
Abgetrennt sein, zumindest in gewissen Teilen der eigenen Person, sich distanzieren und so eigenständiges Individuum sein, dem steht dieser immer stärker und schneller werdende Druck der „An-Gleichung“, der „Normierung“ gegenüber. In einer Zeit, in der auch Menschen seitens der Wirtschaft als „Funktion“ entweder zur „Produktion“ oder des „Konsums“ gesehen wird, in der sich ganze Bildungssystem auf ebendiese Anforderungen der Profitabilität hin ausrichten.
Man kann auch eine Paralelle zum Soziologen Hertmut Rosa ziehen, wo es um den Verlust der zwischenmenschlichen Resonanz geht. In der technischen Umwelt der Verlust der Fähigkeit, etwas zu empfinden (zB. Programmierer). Beim Wiener "hedonistischen" Philosophen Robert Pfaller sieht er, das die Idealisierung der Selbastverwirklichung zu einer Kultur des pathologischen Narzissmus führe.
Jean Paul Sartre meinte schon, "die Hölle sind nicht die Anderen, sondern die ewig Gleichen".
Mit Heidegger und seiner "Schwere der Berge und der Härte des Urgesteins" vergleicht er die "substanzlose Geschmeidigkeit des Cyberspace". Die Beschleunigung der virtuellen Welt bei Jean Baudrillard führe zum Verlust einer direkten Begegnung zwischen Menschen. Nationalistisch identitätsstiftende Denker (Frank Böckelmann/"Tumult"-Herausgeber)propagieren eine ethnische Identität gegen fragmentierende Globalisierung.
Mir persönlich ist dieser Philosoph Han - mag er auch als neuer Popstar unter den Philosophen gelten - suspekt und zuwenig klar verständlich, was er wirklich will und wie er zu einer von ihm nicht ausgesprochenen, rückwärtsgewandten, identitätsstiftende "völkische" Gemeinschaft wirklich steht. Ich würde meinen, vergessen wir den Mr. Han wieder oder ich habe seine Gedanken nicht ausreichend verstanden! Sein Wahlspruch könnte der Voltaires sein: "Ich wiederhole mich so lange, bis man mich verstanden hat"
In einer Rezension steht: "Ein selten kompliziert und soziologisch verquer geschriebenes Buch, ein selten depressives und einige Wahrheiten bzw. zentrale Erkenntnis ausblendendes Buch".