"Die kaputte Elite" - Ursache für die Finanzmarktkrise, sie verdienen keinen Respekt mehr.

Nachdem die Chefredakteurin Silvia von „Fisch+Fleisch“ über die „Nackte Elite“ ein Buch schrieb, wollte ich die„Kaputte Elite“ beleuchten. Als Exbanker habe ich mit der Consultingbranche genug zu tun gehabt und bin der Meinung, dass sie dieTreiber und das Krebsgeschwür des ungezähmten Kapitalismus sind. Powerpoint – Akrobaten, ehemalige BWL-Schnösel treiben hier ihr Unwesen. Nur Eigennutz ist rational und nur was messbar und quantifizierbar ist, zählt in deren Welt. Eine Welt, in der ich nicht leben möchte.

So auch der Autor dessehr interessant geschriebenen Buches, der die Nase voll hatte:Exconsulter Benedikt Herles “Die kaputte ELITE”. Die „kaputte Manager-Elite“ huldigt dem Dogma des Effizienz - und Optimierungswahnes , mit Excel - Tabellen undPPP-Folien könne man das komplette wirtschaftliche Gefüge beherrschen. Genau deshalb standen die Finanzmärkte vor 5 Jahren am Rande des Abgrundes. Trotzdem wird in denBusiness Schools (London School of Economics, etc..) weiter diese materialistisch technokratische Weltsicht gepredigt, quasi Gehirnwäsche mit diesen nicht mehr zukunftsfähigen Denkmustern bei BWL-Studenten betrieben.

Axel Springer nannte sie die “Flanellmännchen der Consultingbranche. “Head down and deliver” - Schnauze halten und Arbeit abliefern, was verlangt wird” heißt es unter den sog. “High Potentials” und “Techokraten-Managern” der Consultingbranche. So wird der Nachwuchs gefügig gemacht undjegliche Kreativität aus den jungen Uni-Absolventen hinausgepresst. Das Verlassen gewohnter Denkmuster, ein “out of the box thinking” wird weder gelehrt noch gewünscht. Es gilt Fehler vermeiden statt Neues zu wagen. Ihre wichtigste strategischeMaxime lautet: “cover your ass”.

In derDekade der Gier haben sich die ehrbaren Kaufleute ins Exil verkrümelt, Kapitalismus und Neoliberalismus erleben ihre dunkelsten Stunden. Wir reden vonBCG, Mc. Kinsey, KPMG, Deloitte, Goldman Sachs, Oliver Waymann, Roland Berger, etc... hauptverantwortlich für die Krise des Managements. Sie optimieren Unternehmen krank, schaffen jedoch nichts Neues, Innovatives und treiben Mitarbeiter ins Burnout.

DieDigitalökonomie hat jedoch ein völlig anderes Anforderungsprofil, nämlich kreative Menschen mit neuen Ideen.Wir brauchen auch eine andere Führungsmentalität, andere nicht narzisstische Charaktereigenschaften an der Spitze. In der Ausbildung müssen wir zurück zum humanistischen, humboldtschen Bildungsideal und weg vom ökonomischen Bildungswert. Mehr öffentliche UNI’s und weniger die Durchlauferhitzer der Business-School täte gut. Eine innovative Idee für die in die Krise geratene Medienbranche hat noch kein Consultingunternehmen abgeliefert, aber für die Mc. Kinsey Formel “Mitarbeiterstand minus 10%” jährlich, dafür sind sie immer gut, weil sieihr Honorar durch Kosteneinsparungen rechtfertigen müssen.

Die Flanellmännchen laufen mit ihren schwarzen Notebook-Köfferchen herum und optimieren mit ihren hunderten von PowerPoint-Folien nur den Status quo. Jedoch Kreativität, Reflexion, Innovation und Weitblick gehören nicht zum “Skill-Set” der grauen Flanellmännchen.

“Bullshit Bingo” nennt sich der gezielte Einsatz vonBeratervokabular während eines Meetings, inhaltslose schlagwortgetriebene Managementsprache, wie:“Hey guys”, versteht ihr mich….es wäre extrem “value adding”, wenn wir den“workstream” aufgleisen….und die“Findings” aus dem“Benchmarking Workshop” auch “asap implementiert” werden, damit wir nicht unsere “Roadmap” riskieren. Guys, könnt ihr mir einen“Mini-Loop” für den ersten Wurf machen, wir müssen schnell “PS auf die Straße” bringen, der nächste “Touchpoint”wäre morgen früh, bevor ich beim“CSO” aufschlage und was macht eigentlich die OPEX-Planung. Ich schlage vor, dass wir einen “deep drive” zum Thema “Relative Cost Position” machen, einen richtigen“Approach” finden. Auf der Platte brauchen wir die ganze “Prozess Complexity” , es gibt aber nur wenige “low hanging fruits”. Der “Drops” ist leider noch nicht gelutscht, also “keep in mind”. Wir haben nur noch 2 Wochen bis zum nächsten “SteerCo”. Ziemlich cooles Purchasing-Proposal. Wir sehen uns morgen früh im Office…

Die Sprache sagt viel über das Denken dieser Spezies aus. Die meisten“Young Professionals” haben nur ihren Lebenslauf im Kopf und weniger die globalen Ungleichgewichte. Dort, wo die Karrieren der “kaputten Eliten” ihren Anfang nehmen, in den Vorlesungssälen der Business Schools, die “Hunting Grounds” im Consulterdeutsch . 70 bis 80 Stunden-Arbeitswochen, “burnen” für die Karriere, den “Quietschies”, so werden die Jungen genannt wird nach 10 Jahren ein Beraterhonorar von durchschnittlich 250.000 € schmackhaft gemacht. Was nicht gefragt ist, sind akademische Debatten nach dem “Humboldt'schen Bildungsideal”, sondern PPP-Folien rasch auswenig lernen und am Wochenende die Präsentationen vorbereiten.

Gierige Absolventen ohnejeglichenmoralischen Kompass werden herangebildet mit demeinzigen Ziel: “Karriere”. Der Claim heißt“Passion to Perform”. Für Klausuren wird die Nacht durch gelernt. Man produziert fantasielose, ängstliche Technokraten und hechelnde Gewinnmaximierer wie am Fließband. Sie wagen keinen Blick über den Tellerrand der BWL. Sie sind angepasst, reflektieren und hinterfragen nicht und denken immer gleich. “Head down and deliver” und nicht hinterfragen!!

Die Krise der Wirtschaftselite ist auch zu einer Krise der ökonomischen Lehre geworden, welche nicht mehr zukunftsfähig ist, denn Adam Smith mit dem irrigen Dogma der “unsichtbarer Hand”noch demFabelwesen des rational handelnden “Homo Oeconomicus” als Axiom für die ganze Wirtschaftsmathematik hat sich als Irrlehre herausgestellt.

Stiglitz (Nobelpreisträger) meinte im Zuge der Deregulierung der Märkte, dass die “unsichtbare Hand auf den Märkten deshalb unsichtbar sei, weil es sie gar nicht gibt”. Krugman meint, dass die Makroökonomie der letzten 30 Jahre nutzlos und teils schädlich war. Auch die Ricardo'sche Freihandelstheorie bedarf einer Transformation im Lichte des Klimawandels und Ausbeutung der Umwelt und Menschen insb. in Billiglohnländern.

Der Glaube an die positive Wirkung der Rücksichtslosigkeit und Egozentrismus zur Erreichung eines Maximums an Profit ist eine neoliberale Irrlehre. Jeder MItarbeiter und Workflow wurde mit Stoppuhr und gezücktem Stift von den Consultern gemessen, die goldene Ära der Controller mit den BWL-Studenten brach an in den 80er-Jahren.

Methodenvielfalt, Selbstreflexion und offener Diskurs statt ökonomische Monokultur ist jedoch künftig gefragt. Jedoch keiner wagt sich aus seinem Schneckenhaus, man könnte sich ja sonst ins Out manövrieren.Geistiger Pluralismus ist nicht erwünscht. Es wird Zeit, dass eine neue Generation aufersteht.

Die“Quietschis” (jungen Consulterlehrlinge) werdenbis zur Erschöpfung mit unzähligen Fallstudien gequält, Schlafmangel und Müdigkeit wurde nicht geduldet im Hamsterrad. 70 bis 80 Wochenstunden und amWochenende PPP-Folien vorbereiten undauswendig lernen. Lehrjahre dürfen eben keine Herrenjahre sein. Eine Deadline jagt die nächste, strenge Hackordnung nach unten, kein Widerspruch. “Up or out”, wer die starren Anforderungen, Schablonendenken erfüllt, steigt auf, Widersprüchlinge dürfen gehen. Es muss ohne Murren abgeliefert werden, wofür oft der Tag mit 24 Stunden nicht ausreicht. Im Schnitt heißt es täglich 16 Stunden arbeiten und noch 16 Stunden fürs Wochenende. Weniger als 16 Stunden stelle eine nicht akzeptable Form der Faulheit dar. Das ist sie Welt der sog.“High Potentials”, menschlicher Rohstoff.

Belohnt werden nicht die Besten,sondern an der Spitze der Hierarchie stehen jene, die sichperfekt anpassten, leidensfähig waren und nicht widersprochen haben. Powerpoint - Fanatiker werden keine Visionäre, sie sind ordinäre Handwerker mit dem Consulter-Nimbus. Strategischer Einheitsbrei wird angeboten.

Steve Jobs - Apple, Zuckerberg - Facebook, etc...sind Beispiele, wie man auf den Märkten der Zukunft reüssiert. Daswar nicht das Werk der Consulter, dieser verkrampften Technokraten. Medienbranche: Wo bleiben die Ideen der Consulter, keine Ahnung. Guner&Jahr (FTD-Ende) hat verschlafen, die FAZ hat verschlafen - Folgen eines inspirationslosen Medienmanagements und wo blieben die Visionen der Consulter?. Über die Bankbranche könnte ich als Exbanker ein Buch schreiben, wie kontraproduktiv und ressourcenvergeudend die Consulter agiert haben.

WAS WIR BRAUCHEN, SIND KETZER!!!...nur die Ketzer verändern (Innovator Dilemma - Problem). Ketzer sind Menschen, die ihre Glaubengemeinschaft gar nicht verlassen wollen, nur nicht mit dem einverstanden sind, was dort gepredigt wird. Die kaputten Eliten sind allerdings mächtig und machen den Ketzern das Leben schwer. Sie verhindern Fortschritt, sind risikoavers und Technokraten. Mit ihnen gewinnen wir jedoch nicht unsere Zukunft.

Nietzsche: “Wir müssen Segnende werden und dürfen keine Betenden sein” (im Sinne von nachbetenden Consultern).

Wir stehen vor einertiefgreifenden Zeitenwende in den kommenden Dekaden. Wir brauchen einen Kunden- und Mitarbeiter- orientierten Kapitalismus, dahereinen Stakeholder- und keinen Shareholder Value. Wir müssen dieZerstörung der Umwelt in den Griff bekommen und tun zuwenig dafür, ein Umdenken von materiellem auf immaterielles Wachstum bedeutet auch eine intellektuelle Herausforderung insb. auch für unser Bildungssystem, eine Rückkehr zu humboldtschen Denken ist überlebensnotwendig. Geiz und Gier sind nicht mehr geil. Kritische Reflexion, Allgemeinbildung, Diskutieren statt Konsumieren, wieder Texte schreiben und ein Power Point Verbot einführen. Die BWL muss wieder ein Fach unter vielen und offen werden, Ökonomen müssen auch Rawls, Erich Fromm, Popper, etc.. lesen.

Die Kunstfigur des Homo Oeconomicus hat abgedankt, aber noch nicht in allen Köpfen, Wir brauchen wieder einen “homo authenticus” und “homo sapiens”. Der Betrug der Consulter, sie habenfertige Lösungen bevor sie noch das Problem kennen. Und wenn sie dann mit dem Problem konfrontiert werden, zwingen sie es in die im Computer vorgefertigten zwanzig Lösungen hinein. Mit Fudge-Facors (Schummelfaktoren) wird dann getrixt und kalibriert.Immitation statt Vision, Blaupausen und Copa&Paste stehen bei den Consultern amhöchsten in Kurs.

Auf den Shareholder-Kapitalismus muss daher zwingend ein kunden-und mitarbeiterorientierterStakeholder- Kapitalismus, ein Kapitalismus mit menschlichem Antlitz folgen. Es geht um das Wohl der Gesellschaft und Ökologie und Umwelt und nicht dieGier des Einzelnen.

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