Ich zähle mich selbst schon eher wieder zu den Globalisierungskritikern und trete daher für eine "Globalisierung light" ein, weil die Praxis gezeigt hat, das Demokratieprinzipien durch einen wachsenden Lobbyismus und zunehmendes Primat der Ökonomie vor der Politik verletzt wurden.
Die Position des des nachstehend wiedergegebenen ECONOMIST als klaren Globalisierungs-Befürworter geht davon aus, dass eine weniger offene Wirtschaft die Armen noch viel stärker, als die Eliten treffen würde. Ein einseitiger, facettenarmer Beitrag, so denken die üblichen neoliberalen Think Tanks, ein Repräsentant davon scheint auch der ECONOMIST zu sein.
1843 zitiert der "Liverpool Mercury" zum Thema Freihandel einen Parlamentarier:
"Wie Steimmetze, Schuhmacher, Tischler - alle Arten von Handwerkern darunter leiden würden, wenn der Freihandel protektionistische eingeschrenkt werde". Dafür wurde er beklatscht.
Es ist jedoch schwer vorstellbar, das 173 Jahre später führende westliche Politiker auch noch beklatscht werden, wenn sie den Freihandel verteidigen.
Donald Trump ist ein Freihandelsgegner, weil der ausländische Wettbewerb so viele Jobs zu Hause zerstört habe. Er droht das NAFTA-Abkommen (USA, Canada, Mexiko) aufzulösen und sich auch vom TTP (Trans-Pacific Partnership) zurückzuziehen und mit China einen Wirtschaftskrieg zu beginnen.
Hillary Clinton äußert plötzlich auch ihr Missfallen zu dem TPP-Abkommen, bei dessen Ausverhandeln sie jedoch selbst dabei war. In Deutschland gab es Demonstrationen gegen TTIP mit zehntausenden von Unterstützern.
Der Rückschlag für den Freihandel ist das Symptom einer tiefgreifenden Angst vor den Auswirkungen einer offenen Wirtschaft.
Britain’s Brexit reflektiert die Besorgnis über eine entfesselte Migration nach GB zum Schaden des Arbeitsmarktes und der Kultur.
Die großen Konzeren werden beschuldigt kaum Steuern über die Steuerschlupflöcher zu zahlen (dodge taxes = Steuerhinterziehung).
Auch wenn diese Vorwürfe einiges an sich haben, muss bei Freihandelseinschränkungen auch an den Verlust der Offenheit gedacht werden. Die Ansicht, dass die Globalisierung nur die großen Konzeren begünstige und die Reichen könnte kaum unrichtiger sein.
Die tatsächliche Politik für die sozial Schwachen:
Beweis dafür sei die gewaltige Verbesserung des Lebensstandards in den Jahrzehnten nach dem 2. Weltkrieg. Die Exporte von Waren sind von 8% des BNP 1950 auf beinahe 20% in einem halben Jahrhundert gewachsen. Der Export führte zu Auslandsinvestitionen und in China entschlüpften hunderte Millionen der Armut. In Irland und Südkorea kam es zu vorteilhaften Transformationen. Offensichtlich sind die westlichen Wähler nicht besonders beeindruckt über diese außerordentliche Transformation zum Vorteil der Emerging Markets (Schwellenländer).
Aber auch im Heimmarkt ist festzustellen, dass die Vorteile des Freihandels überwiegen, weil Exportfirmen produktiver sind und höhere Löhne zahlen, als die nicht Exportierenden. Die Hälfte der US-Exporte gehen in Länder, mit denen ein Freihandelsabkommen besteht.
Protektionismus dagegen benachteilige die Konsumenten und schafft wenig für die Arbeiter. Die Ärmeren profitieren wesentlich mehr vom Freihandel als die Reichen. Eine Studie von 40 Ländern hat ergeben, dass die reichsten Konsumenten 28% ihrer Kaufkraft verlieren würde ohne grenzüberschreitenden Handel. Die untersten 10% der Bevölkerung dagegen würden sogar 63% verlieren.
Die jährlichen Preisnachteile für US-Konsumenten wegen des Wechsels zu nicht chinesischen Reifen, nachdem Obama Antidumpingzölle einführte, betrugen allein über 1 Milliarde USD (Peterson Instutute for International Economics).
Öffung bringt auch noch andere Vorteile. Migranten würden nicht nur ihr eigenes Leben verbessern, sondern auch die Wirtschaft ihrer Gastgeberländer. Europäische Immigranten welche nach GB seit 2000 kamen, sind Nettozahler an den Finanzminister (= exchequer) und vermehren das Budget um 34 Milliarden USD zwischen 2001 und 2011. Ausländische Direktinvestitionen (FDI's) brachten Wettbewerbs-Technologie- und Management Know How und Jobs. Deshalb ist China auch vorsichtig bei der Ermuting von Auslandsinvestitionen im eigenen Land.
Trotzdem hat die Globalisierung auch Fehler. Die Anhänger des Freihandels sind der Ansicht, dass die große Mehrheit davon profitiert, und nur einige auch Verlierer sind. Zu wenig wurde getan, um den Verlierern der Globalisierung zu helfen.
Vielleicht 20% der 6 Millionen Arbeitslosen zwischen 1999 und 2011 sind auf den chinesischen Wettbewerb in der Fertigung zurückzuführen (Stahlbranche, etc..). Viele von denen, welche Jobs verloren hatten,fanden keine neuen.
Im Rückblick kümmerten sich Politiker in GB zu wenig um die Belastungen für das Sozialsystem, das osteuropäische Migranten aus den EU-Mitgliedsstaaten brachten.
Amerika gibt erbärmliche 0,1% von seinem BNP aus (= nur ein Sechstel vom Durchschnitt wohlhabenderer Staaten), um Arbeiter umzuschulen und sie bei der Suche nach neuen Jobs zu unterstützen. In diesem Zusammenhang ist es bedauernswert, dass weder Trump noch Hillary Clinton eine Politik anbieten, die auch denen helfen, deren Jobs durch die Folgen des Wettbewerbes und neuer Technologien hinweggefegt wurden.
Die Migration betreffend macht es Sinn, dem Beispiel Dänemark zu folgen und den Migranten soweit zu helfen, dass sie sich Schule, Wohnen uns medizinische Betreuung leisten können. Viele sehen es auch als Affront gegenüber der Demokratie an, wenn man sich diverse Regulative in Freihandelsabkommen ansieht, die auch zu einer Erosion nationaler Autonomien führen. Insbesondere auch, wenn es um die Besteuerung multinationaler Unternehmen und deren Steuerschlupflöcher geht - hier besteht Handlungsbedarf.
Der Economist kommt klar zum Schluss, dass Freihandel und eine offene Wirtschaft wesentlich mehr ökonomische Vorteile bieten als geschlossene. Damit kann generell gesagt werden, dass Freihandel mehr Möglichkeiten bietet und die Menschen wohlhabender macht. Seit 1840 vertraten die Anhänger des Freihandels die Meinung, dass eine geschlossene Wirtschaft die Mächtigen begünstige und die Arbeiterklasse benachteiligen.