Was mit China gelingt oder misslingt, betrifft unserer Zukunft. Europa täte gut daran, eine klare außenpolitische Strategie gegenüber China zu entwickeln, denn davon hängt auch die Zukunft Europas ab.
Außenpolitik hat primär zum Ziel, durch eine ausgleichend kluge Politik den Frieden zu bewahren. Dazu ist es wichtig, China nicht als möglichen Feind, sondern als Partner gegenüberzutreten. Nur in der Kooperation mit China liegen unserer Zukunftschancen. Der Inselstreit und die kleinen Konflikte im chinesischen Meer müssen auf diplomatischer Ebene gelöst werden und dürfen nicht zu einem militärischen Konflikt hochgespielt werden. Es muss immer wieder ein Ausgleich gesucht werden, fertige Modelle dafür gibt es nicht.
2014 kündigte die Obama-Regierung den „Pivot to Asia“ ("Pivot-Bewegung", pivet: ausgesprochen ) an. Eine neue umfassende Strategie ("pivot" = Drehbewegung im Englischen), China militärisch einzukreisen, seinen wirtschaftlichen Einfluss in der Region zu unterhöhlen und Peking zu zwingen, sich den Forderungen Washingtons zu unterwerfen. Gerade veranstaltete die USA gemeinsam mit Südkorea und den Philippinen große militärische Manöver, um gegen Nordkorea und China Flagge zu zeigen. Washington plant in den nächsten fünf Jahren rd. 30 Manöver in einem Dutzend asiatischer und pazifischer Länder und 60% der amerikanischen Marine werden in die pazifische Region verlegt.
Sie bauen mit Japan und Südkorea ein ausgefeiltes Raketenabwehrsystem auf, um einen Atomkrieg gegen China zu gewinnen. Neben der militärischen hat der Pivot gegen China eine ökonomische Front, die Trans Pacific Partnership (TPP), ein Abkommen mit 11 pazifischen Ländern, womit USA-gefällige Handels- und Investitionsregeln eingeführt werden, die amerikanische Konzerne begünstigen.
Diese Strategie hat mit China zu Spannungen und Rivalitäten geführt. Nunmehr hat China künstliche Inseln nahe der Spartly-Inselgruppe errichtet, die von mehreren Ländern beansprucht wird und auch zum Ärger Washingtons Raketen und Radaranlagen stationiert und um die Inseln patrouillieren chinesische Militärschiffe. Die Philippinen brachten beim Internationale Gerichtshof in Den Haag eine Klage gegen China ein, die nicht zugunsten Chinas ausfallen wird. Peking weigert sich jedoch, das Recht des Internationalen Gerichtshofs anzuerkennen.
Was die Menschenrechte betrifft, müssen wir sie als langfristiges Ziel begreifen und nicht etwas, das man von heute auf morgen in China umsetzen kann. Es geht um Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit.
Die Menschenrechte kennen weder eine Bibel, noch ein Koran noch alte Kulturen, sondern sie sind eine Errungenschaft der US-Verfassung mit Anhängen und auch der europ. Aufklärung und Französischen Revolution.
China kann sich auf die Einmaligkeit einer über 4000 jährigen Hochkultur berufen und trotz der Zäsur Maos gelang es nach ihm durch Deng Xiouping wiederum, aus dieser kulturellen, konfuzianischen Kraft zu schöpfen.
Unter Mao war Konfuzius verpönt. Mao hielt sich als sozialer Prophet Chinas und ihm ist zu Gute zu halten, dass er China aus dem westlichen Imperialismus und Kolonialismus herausgeführt und China 1949 wieder hersgestellt hatte. Er ist aber auch dafür verantwortlich, dass 20 Mio.Chinesen in Dörfern ausgehungert wurden und die chin. Revolution insgesamt bis zu 50 Mio. Tote forderte ("lange Marsch Chinas", "der große Sprung nach vorne", "proletarische Revolution" Maos - Tötung vieler Intellektueller, etc..).
Kissinger nahm 1971 erstmals Kontakte mit China auf, er absolvierte 5 Chinareisen zur Vorbereitung des Nixon-Besuches in China und Jahre später nahm die USA diplomatisches Beziehungen mit China auf. Helmut Schmidt war ein häufiger Gast Chinas, er verehrte Deng Xiauping, der kleine chin. Präsident in den 80er/90er-Jahren. Seine erste Chinareise fand auch 1971 statt. Schon damals erkannte er, dass China zu einer Weltmacht aufsteigt und Deng Xiauping modernisierte China durch Wirtschaftsreformen und er legte das Fundament für den Erfolg des heutigen Chinas.
Die Fahrräder sind heute weitgehend im Zentrum verschwunden, China wurde modernisiert und motorisiert. 600 Mio. Chinesen haben inzwischen die Armutsgrenze überschritten. Die Chinesen zeichnet ein ungeheurer Leistungswille aus.
Eine wirtschaftliche Supermacht mit Ausdehnung in den zentralasiatischen Raum mit der neu geschaffenen Entwicklungsbank und einem 300 Mrd.-Entwicklungsprojekt "Seidenstraße". Wir dürfen nicht nur BMW's und Mercedes nach China verkaufen, sondern müssen auch eine kulturelle Kooperation suchen und pflegen. China will den friedlichen Aufstieg und darf nicht als Aggressor oder Feind gesehen werden.
Auch die USA orientiert sich geopolitisch sehr stark nach dem pazifischen Raum und überlässt den Nahen Osten künftig lieber den Europäern. Das ist eine Falle, in die wir nicht tappen dürfen und daher auch eine kluge Flüchtlingspolitik betreiben müssen. Unsere strategische Ausrichtung muss künftig China heißen. Wir müssen jedoch auch global wettbewerbsfähig bleiben und dürfen den pazifischen Raum nicht den USA mit ihren dortigen Verbündeten überlassen. Der Nahe Osten wird eine Problemregion wie bisher bleiben und wir dürfen unsere Politik nicht nur darauf fokussieren, das ist keine Win-Politik.
Außenpolitik heißt realpolitisch Friedenspolitik und erst in zweiter Linie Menschenrechtspolitik - es gilt die richtige Balance dabei zu finden und nicht mit der Menschnrechtskeule die Türen zu China zuzuschlagen. Die Erhaltung des Friedens steht außenpolitisch immer an erster Stelle und erst knapp dahinter folgen die Menschenrechte. Die Menschenrechte sind in unserer Kultur absolut zu sehen, in der Politik zu China können sie jedoch nur ein langfristiges außenpolitisches Ziel sein. Wir können die andersartig gewachsenen Kulturen fremder Länder nicht unbeachtet lassen.
Ich habe selbst im Jahr 1989 China besucht - das Jahr der Studentenrevolution - jedoch bei einer Diskussion mit Studenten auf der Beida-Universität den Eindruck gewonnen, es geht ihnen zunächst primär um Konsum und frei reisen zu dürfen und erst sekundär um die Menschenrechte - eine auch stark materialistische und atheistische Jugend scheint dort heranzuwachsen.
Die Black Box des chinesischen Staatsapparates lässt ein Spannungsfeld zwischen marktwirtschaftlich und staatswirtschaftlich orientierten Kräften erkennen. Premierminister Li Keqiang ist radikal marktwirtschaftlich orientiert und steht den politischen Anhängern einer Staatswirtschaft, die Unternehmen subventioniert und risikoavers agiert, gegenüber.
Bei seiner jüngsten Pressekonferenz schien er sich mit der Marktideologie durchzusetzen, in der die Chancen höher als die Risken gesehen werden. Die Staatsbanken dürfen im Interesse von Strukturbereinigungen nicht mehr marode Betriebe weiter durchfüttern mit Subventionen und Krediten und sollen sich statt spekulativer Finanzprodukte mehr der Realwirtschaft insb. auch mittelständischen Betrieben widmen. Strukturreformen sollen die Vitalität der Märkte stimulieren.
Li weist auch auf die Schädlichkeit europäischer Nullzinspolitik hin und sieht darin einen Irrweg, wenn Europa billiges Geld druckt, um die Zinsen auf Null zu halten. Li ist mehr denn je auf den westlichen Entwicklungsweg eingeschwenkt und unsere Zukunft heißt Kooperation und nicht Konfrontation - wie die USA es offensichtlich spielen will - mit China.
Eigenfoto1989 Konfuziusstele