Am 10. Dezember 1948 verabschiedete die noch junge UNO die "Allgemeine Erklärung der Menschenrechte" - völkerrechtlich noch nicht verpflichtend. Sie wurde Grundlage weiterer völkerrechtlich verbindlicher Verträge auch in Gestalt des viele Jahre späteren sogenannten Zivil- und des Sozialpaktes und weiterer völkerrechtlicher Vereinbarungen .
Julian Nida-Rümelin erläutert in diesem Vortrag anlässlich des 60. Jubiläums die Genese der Menschenrechtsidee, und begründet in philosophischer, kultureller und politischer Hinsicht, in welchem Sinne die Menschenrechte universell gültig sind. Menschenrechte sind keine ausschließlich westliche Errungenschaft und ihre universelle Geltung verlangt nicht nach einem gemeinsamen philosophischen oder kulturellem Fundament.
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Eine Aufzeichnung eines Vortrages zum 60. Jubiläum der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, Human Rights Watch, München.
Weil oft vom "christlichen Erbe" des Abendlandes die Rede ist. Dabei handelt es sich um eine Legende. Weder die Demokratie, noch die Rechtsstaatlichkeit noch die Menschenrechte sind christliches Erbe, die Architektur war oft Mäzenatentum für die Kirchen.
o Die Demokratie ist ein griechisches Erbe der Vernunftphilosophie und der Athener Polis-Demokratie.
o Die Rechtsstaatlichkeit ist ein Erbe des römischen Rechtes.
o Die Menschenrechte sind kein christliches Erbe, kein Kind des Christentums!!.
Sogar nach der UNO-Menschenrechtserklärung hat sich der Klerus noch dagegen gewährt, Papst Pius sprach überhaupt vom Teufelswerk der Menschenrechte. Die Menschenrecht waren vielmehr Ausfluss des Kampfes des aufgeklärten Bürgertums, der Kaufleute und Wissenschaftler gegen den Klerus, den Adel und die feudalen Grundherrschaften, denen das Volk jahrhundertelang in Armut und Leibeigenschaft dienen musste.
Was wir lernen müssen, ist trotz unterschiedlicher Kulturen mehr Konflikttoleranz, die eine Eskalation von Konflikten zu Kriegen verhindert durch die Sprache des Kompromisses und Verhandelns.
Prof. Dr. Julian Nida-Rümelin (1954)
studierte Philosophie, Physik, Mathematik und Politikwissenschaft in München und Tübingen, lehrte Philosophie und politische Theorie in München, Minneapolis, Tübingen, Brügge, Göttingen und Berlin - 1993 – 2003 o. Professor für Philosophie an der Universität Göttingen, war Kulturminister im Kabinett Schröder, Gastprofessur des California Institute of Technology, Division of the Humanities and Social Sciences, seit 2004 Ordinarius für politische Theorie und Philosophie an der Universität München.https://de.wikipedia.org/wiki/Julian_Nida-R%C3%BCmelin
Nida-Rümelin zeigt auf, dass es historisch falsch sei, die Moral als durch Religion entstanden anzusehen. Im Zuge der Diskussion um den Ethikunterricht kritisierte Nida-Rümelin den alleinigen Anspruch von Religionsgruppen auf Moral. Auch Agnostiker könnten moralisch sein. Ethische Schriften, etwa von Seneca, zeigten, dass feste Werte ohne die Berufung auf einen Gott möglich seien. Humanismus als Leitkultur bezieht sich auf dem normativen Grundkonsens einer humanen und offenen Gesellschaft...........
Übrigens sprach er sich auch gegen den Bologna-Prozess und Akademisierungswahn aus, wofür er auch kritisiert wurde.
Ich empfehle die 3 YouTube-Videos - ein sehr klar und verständlich formulierter Vortrag anzuhören und ich gebe hier nur das Wesentlichse wieder:
Rümelin weist darauf hin, dass Menschenrechtsideen in Teilen schon auf Platon und Aristoteles und die athenische Polis-Demokratie zurückgehen, nur wurden sie noch nicht als "Menschenrechte" bezeichnet. Es war die "Ethik der Rechtfertigung für sein Tun" und im Hellenismus, der sich unter Alexander dem Großen bis Indien erstreckte, gab es bereits die erste Globalisierung in der Antike mit "Austausch und Freiheit von Wissenschaft und Kunst" (Stoa/Zenon) unter Kaufleuten. Menschenrechte sind daher nicht erst ein Produkt der Neuzeit.
Nach dem finsteren, theologischen Mittelalter, dem Menschenrechte völlig fremd waren mit einem letzten Tiefpunkt, dem 30-jährigen Religionskrieg (Katholiken versus Protestanten) , wo beinahe zwei Drittel der Bevölkerung Europas umgekommen sind, versuchte man mit dem "Westfälischen Erschöpfungsfrieden" 1648 sich erstmals Gedanken über ein völkerrechtliches Regulativ zu machen (Hogo Grotius, etc..), um künftige Konflikte zumindest nicht mehr in Kriege eskalieren zu lassen.
Zu den Grundlagen der europäischen Demokratie gehören "Freiheit" und "Gleichheit". Sie wurden nur unterschiedlich interpretiert:
a) Staaten haben Interessen und stehen in Konkurrenz untereinander, daher bedarf es Regeln, um Konflikte nicht eskalieren zu lassen (Hobbes - Regeln der Vernunft!).
b) Gott habe die Menschen mit Rechten ausgestattet, wie Recht auf Leben, Unversehrtheit des Körpers und auf Eigentum (John Locke).
c) Die Idee der freien Entscheidung in aus der Vernunft ableitbarer Selbstverantwortung (als Maximen bezeichnet). Es geht um die Würde des Menschen, die nichts anderes bedeutet, als die Autonomie einer anderen Person zu respektieren (Immanuel Kant).
d) Wir bleiben nur dann freie Menschen, wenn wir "Citoyens" bleiben. Großbürger, die nicht nur ihre Privatinteressen im Auge haben, sondern das Große Ganze. Somit eine kollektive, demokratische Selbstbestimmung anerkennen.
Turning Point des 21.Jh. = MENSCHENRECHTE!!! (ein ethischer Grundkonsens, den man nicht weiter begründen braucht und in der Folge im Rechtspositivismus seine Ausprägung fand eine Descartes-Manie ist daher nicht notwendig). Sich über ethische Gemeinsamkeiten zu einigen trotz unterschiedlicher Kulturen war ein turning Point. Der normative Kern der Menschenrechte ist die "Würde jedes Menschen", seine Autonomie zu respektieren!!.
Auf die Menschewürde sind alle weiteren Regeln mit Hilfe der Vernunft und des diplomatischen Kompromisses aufzubauen, es muss eine gemeinsame Überzeugung wachsen. Genau dieser "Grundkonsens einer gemeinsamen Überzeugung" nach den Schlachtfeldern und Soldatengräbern des 2. Weltkrieges trotz kultureller Gegensätze ist in jüngster Zeit wieder abhanden gekommen. Auch im Westen sind mit Guantanamo oder AbuGraib ist dieser Grundkonsens wiederum erodiert, wo auch Menschenrechte wieder instrumentalisiert wurden.
Die ersten Beratungen über eine kollektive Sicherheitsordnung (Nachkriegsordnung) und Menschenrechte begann bereits 1944 mit USA, GB, Russland u. China. Auf Druck Rooselvelts sollten die Menschenrechte Teil der Charta werden. Man glaubt es nicht, jedoch der Widerstand gegen eine Menschenrechts-Charta kam nicht von Russland, sondern vom kolonialen Großbritannien; man sah als Kolonialmacht die Gefahr eines Imageverlustes. Menschenrechtsorganisationen, jüdische Organisationen und Südamerika (Chile, Brasilien, etc..) und zunächst gar nicht so der klassische Westen setzten sich für die Menschenrechte ein und der Weg bis zu Ratifizierung war langwierig.
Jedoch 1948 mit der "Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte" wurde ein historischer "Turning Point" gesetzt, der einen neuen Legitimationsdruck in diese Richtung erzeugte, auch wenn sie völkerrechtlich noch nicht verbindlich waren, aber sie sollten es einmal werden.
Die Bibel ist genausowenig mit den Menschenrechten kompatibel, wie der Koran (Islam):
Gegen die Durchsetzung der Menschenrechte war als Friedensidee richtete sich der Klerus und auch Gleichstellung von Mann und Frau und die katholische Kirche brauchte noch lange, bis sie sich mit den Menscherechten, die sie Jahrhunderte gröblichts missachtete, anfreundetete. Es ist auch festzuhalten, dass der Koran keineswegs mehr Verstöße als die Bibel gegen die Menschenrechte aufweist, betonte Rümelen ausdrücklich. Die Idee der Franz. Revolution mit dem Prinzip der Trennung von Kirche (Glauben) und Staat (Politik) hatte noch einen langen Weg vor sich bis zur Umsetzung.
Religionen tragen ein immenses Gefahrenpotential für einen neuen Weltkrieg in sich - im Nahen Osten wird ohnedies lfd. Krieg geführt - und zwar dann, wenn begonnen wird die Religion politisch zu instrumentalisieren, mit ihr politisch über andere Macht auzuüben, ob Schiiten (Iran) gegen Sunniten (Saudis) - "Krieg der Bärte", oder Palästinenser(Araber) mit Israel(Juden).
Glaube und Religion sind nur solange keine Gefahr, als sie nicht politisch instrumentalisiert werden und Privatsache bleiben. Daher ist politisch auf die strikte Trennung zwischen Kirche und Staat unbedingt zu beachten.
Kissinger gab dem Deutschen Handelsblatt am 30.12.15 ein ausführliches Interview zur neuen WELTUNORDNUNG, eine Zunahme an Komplexität der zu lösenden Probleme. Merkel müsse zwischen Flüchtlingsleid und Grenzöffnung das richtige Maß finden und sich bewusst sein, dass mit dem Flüchtlingsstrom ein gesellschaftlicher Transformationsprozess mit Gruppen beginnt, die die grundlegenden Werte der demokratisch westlichen Gesellschaft nicht akzeptieren.
Terror, Krieg, Flüchtlingschaos hat unsere liberale Weltordnung erschüttert. Ein neue globaler Entwurf ist nicht erkennbar und der Kampf alter Ideologien ist wieder aufgeflammt. Der Gedanke, dass es eine globale Weltordnung nach universalen Prinzipien geben sollte, wird weder von Peking noch von Moskau geteilt.
Kissinger schlägt eine Neuauflage der Regeln des Westfälischen Friedens nach 30 Jahren Religionskrieg in Europa vor, wo die Bevölkerung um über die Hälfte dezimiert wurde. Es geht um die Herstellung eines feinjustierten, multipolaren Machtgleichgewichtes. https://www.fischundfleisch.com/ebgraz/kissinger-zur-neuen-weltunordnung-neues-jahr-neue-kriegsfront-iran-schiiten-gegen-saudis-sunniten-14395 Mit Ende des Kalten Krieges endete ja auch das „bipolare Gleichgewicht“ des Schreckens wegen des atomaren Rüstungswettlaufes. Kissinger setzt auf Zeit, damit sich eine neue Weltordnung vielleicht doch noch bilden kann und nicht nur ein Nebeneinander verschiedener Ordnungen bzw. Unordnungen.
Menschenrechtsinstitutionen:
Zur Meinungsfreiheit ein Blog von mir:
https://www.fischundfleisch.com/ebgraz/meinungs-und-informationsfreiheit-art-10-emrk-14151