Der ehemalige prominente Chefredakteur des GUARDIAN (GU), Alan Rusbridger steht für eine kostenlose Online-Strategie seines Blattes. Deswegen wurde er in letzter Zeit mehrfach hart attackiert, unter anderem auch von mehreren Autoren im britischen Magazin "Prospect".
2 Leitideen von Rusbridger:
"Jede Zeitung ist auf der Reise in die digitale Zukunft"
"Fast alles, was wir tun, muss neu gedacht werden"
Ein besonders schönes Zitat von ihm:
“Wir mögen die Welt durchreisen, um das Schöne zu finden,
aber wir müssen es in uns tragen, sonst finden wir es nicht”
Etwas Neues auszuprobieren, muss im Blut eines Journalisten liegen. Rusbridger war mutig, er reiste während des Bürgerkrieges nach Tripolis und befreite in Libyen Reporter aus der Geiselhaft. Er ging eine komplizierte Partnerschaft mit dem eigenwilligen WikiLeaks-Gründer Julian Assange ein, dann mit Snowden/NSA-Skandal, managte die Kollaboration mit der New York Times und dem deutschen Spiegel und deckte den Telefon-Abhörskandal des britischen Mordoch-Magazins News of the World auf. Das Magazin musste eingestellt werden. Hinzu kam noch die Marktausbreitung nach Australien und in die USA und sein geglücktes autodidaktisches Klavier- Experiment: Chopins Ballade Nr.1 in g-Moll. - eine interessante Persönlichkeit, auch wenn das Glück eines hunderte Millionen schweren Sponsors mit der Scott-Stiftung hinter ihm steht zur Verlustabdeckung.
Das Kings Cross Büro in London - ich hab mir das einmal angesehen - wunderschön kostet 5 Mio. € Jahresmiete (.12 = über 400 Monatsmiete) und zwischen 500 und 800 Journalisten sind auch nicht billig. Statt “co.uk” ist der Guardian nur mehr “.com” (weltweit), Filialen in Australien, NY und vielleicht bald Asien.
Heute gibt er ein Interview im britischen "PROSPECT" und vergleicht seine Guardian-Strategie mit der Paywall-Strategie von Rupert Murdochs Times: "Weist die Times-Paywall in die Zukunft? schwer zu sagen. Die Firma erklärte für 2014 einen Profit von 1,7 Millionen Pfund - eine Verbesserung gegenüber dem Verlust von 24,5 Millionen Pfund im Jahr davor.
Die scheinbar 'profitable' Times Newspapers Ltd. beschäftigt nur 459 Leute, offenbar alles Journalisten. Druck, Vertrieb, Anzeigenverkauf, Rechtsvertretung und Buchhaltung werden irgendwo anders im Murdoch-Reich abgerechnet und in undurchschaubarer Weise ausgewiesen."
Who guards the Guardian? (die gratis Oline-Philosophie des Guardian habe sich noch nicht gerechnet)
"The newspaper has taken on hundreds more staff, but its grand digital gamble has not yet paid off and it is losing money rapidly. Can it survive?"
http://www.prospectmagazine.co.uk/features/who-guards-the-guardian-2
Die Antwort des EX-Chefredakteurs und Stiftungsvorstandes des GUARDIAN, Rusbridgers
http://www.prospectmagazine.co.uk/opinions/who-guarded-the-guardian-i-did
Der Chefred. der Washingtonpost von der alten Schule ist selbst nicht überzeugt, wielange Print noch überleben kann: “But we spend 99 per cent of our time thinking about digital.” Wie das heute die meisten Editoren tun..... Der Guardian leiste sich in Kings Cross London einen zu teuren Standort für sein Office....
Should newspapers try for large international audiences, or try to make a go of it in the much smaller UK pool, with or without "pay walls" ?...invest in a (currently) free web offering in order to build a global audience while still relying on print revenues to provide a steady cash stream... Most analysts think print will decline...Die meisten Zeitungen haben in der letzten Dekade einen starken finanziellen Einbruch erlebt, auch die Druck-u. Vertriebskosten von Print schlagen sich stark zu Buche.
Bisher lukrierte der internationale GUARDIAN nur 82 Mio. Pfund an digitalen Einnahmen....Could any paper hope to expand into the US, where a third of Guardian readers live, while remaining behind a paywall? It’s difficult to imagine....Auch die "Daily Mail" versucht jetzt einen ähnlichen Weg, wie der GU zu gehen (Die MAIL ist übrigens Boulevard vom Schrecklichsten - die Süddeutsche Zeitung schrieb, dass die politischen Kolumnisten der Mail „einen solch blühenden Wahnsinn“ zusammenschreiben würden, dass „man nie sicher sein“ könne, „ob sie das wirklich ernst“ meinten.Die Mail hat nach der SUN die zweitstärkste Print-Auflage mit rd. 2,3 Mio. in GB - der GU hat nur 176.000 verkaufte Auflage und 0,8 Mio. Reichweite in GB).
Der GU hat es geschafft, nahe an die Nr.1 in den USA, die NYT heranzukommen, was die seriösen Englisch-News betrifft.
Does the TIMES-paywall point to the future?
It’s difficult to tell. The company declared an operating profit of £1.7m in 2014—an improvement on its £24.5m loss in 2013. But the “profit-making” Times Newspapers Ltd employs just 459 people, all of them apparently journalists. The costs of printing and distributing papers; of selling advertisements, employing lawyers and preparing accounts—all these live somewhere else in the Rupert Murdoch empire and are cross-charged in a rather opaque manner (querverrechent auf ziemlich undurchsichtige Art und Weise). Die Digitalabos sind von 156.000 auf 147.000 zurückgegangen bei der TIMES) - Paywall?........The SUN has just dropped its paywall while declaring losses of more than £250m. There is no one size that fits all.We will all learn from each other.
Wie alle musste auch der GU Stellen abbauen:
The Guardian is currently shedding jobs. Show me a newspaper that hasn’t. The main external factor is digital disruption.
Facebook räumt den Werbekuchen ab und erlöste 18 Milliarden USD an Einnahmen 2015 und die Erlöse stiegen im letzten Quartal nochmals um 57%.:
Facebook took $18bn in revenues in 2015. In the last quarter alone of last year, Facebook’s advertising revenues shot up 57 per cent. It is gobbling up the advertising pie, leaving less for others.
Facebook hat das News-Ecosystem der Welt durcheinandergebracht: “Facebook is eating the world.” As Emily Bell, the former journalist, now at Columbia University, recently wrote: “Facebook is eating the world.” She described the last five years as the most dramatic revolution in the news ecosystem in 500 years.
Die GMG (Guardian Media Groupe) wird von einer gemeinnützigen Stiftung (Scott Trust) gesponsert mit einem Kapitalstock von ca. 800 Mio. Pfund, weshalb die auch hohe Verluste von 30 bis 45 Mio. immer aufgefangen werden konnten, was jedoch nicht ewig so weitergehen kann.
Deshalb musste die GU-Verlagsleitung anfangs 2015 bekanntgeben, dass Redaktion und Verwaltung über die nächsten drei Jahre um 20 % abgebaut werden müsse.
Bei aller Hochachtung für Rusbridgers, jedoch an seine Gratisonlinestratgie glaube ich nicht mehr.That investment hasn’t yet brought financial sustainability, any more than almost anybody else. Even Buzzfeed is suffering: the Financial Times has reported that it missed its 2015 budgets by $80m (£56m).
Was it more prudent to retrench, keep faith in print and hope the digital storms would blow away? Or was significant investment in digital today the only hope of having a sustainable business tomorrow? Unless you’re a one per center you know the answer.
RESUMEE:
Ich habe einmal mit der Chefred. vom Standard häufig Emails gewechselt und schon vor Jahren vorgeschlagen, dass über Produktdifferenzierungen neue Erlösquellen erschlossen werden müssten, denn Medien haben ein wertvolles Asset: den "Kundenstock", den man auch für zeitungsfremde Produkte nützen müsse zur Querfinanzierung. Produktdifferenzierung wird jedoch unter Journalisten als "ketzerische Idee" abgetan, so mein Eindruck. Die Folge sieht man bereits: Die Jobverlustangst bläst durch die Redaktionsräume. Ein Drittel wird man abbauen müssen und Print ist auf Dauer nicht leistbar.
Obwohl Außenstehender, verfolge ich die Medienbranche sehr genau, weil mich fasziniert, die Branchen mit den digitalen Strukturveränderungen umgehen. Viele haben bis heute noch nicht verstanden - auch Dienstleister - was auf sie wirklich noch zukommt. Die Banken und Medien spüren es bereits jetzt massiv.
Das derzeitige Geschäftsmodell des Journalismus ohne Querfinanzierung durch breite Produktdifferenzierung hat in meinen Augen wenig Überlebenschance, man wurschtelt solange weiter, bis es nicht mehr geht. Die Gratiskultur der Facebook/Whatsapp/Twitter und Bloggingkultur hat das klassische Geschäftdmodell der Medien zerstört.
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