Neuester Stand:
Kärnten hatte den Anleihegläubigern angeboten, ihre zu 100 Prozent landesgarantierten Papiere zu 75 Prozent zurückzukaufen. Insgesamt wurden 7,8 Milliarden Euro geboten. Da das Land Haftungen von rund elf Milliarden Euro übernommen hatte, müssten die Gläubiger auf rund drei Milliarden Euro verzichten. Die Gläubiger lehnten ab, der Deal ist geplatzt, das großzügige Angebot Schellings wird nicht mehr nachgebessert.
Wie geht’s weiter?
Die FMA (=Finanzmarktaufsicht) wird einen gesetzlichen Haircut (= ca. 50%-iger Schuldenschnitt) über die HETA-Anleihen verhängen und es wird zu einem Insolvenzverfahren des Landes Kärnten kommen, rechtliches Neuland, weil in der österr. Rechtsordnung nicht vorgesehen. Somit ein Honorarparadies für Anwälte, Gutachter und Consulter. Die Höchstgerichte werden in dieser Causa das Sagen haben. Die Gläubiger werden die Haftungsklage gegen das Land Kärnten einbringen. Ein Insolvenzrecht für Bundesländer gibt es jedoch nicht.
Was passiert am Ende des Tages?
Nach zunächst jahrelangen Prozessen wird Kärnten in Insolvenz gehen müssen (= internat. Weltpremier für ein Bundesland) . Das bedeutet für Kärnten, dass ein Masseverwalter eingesetzt und alles gepfändet wird, was nicht zur gesetzlichen Betriebspflicht des Landes zählt, wie Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser, Verwaltung, etc.., für die gilt ein gesetzliches Pfändungsverbot. Was jedoch nicht dazugehört und pfändbar ist, darüber streiten sich dann die Gutachter. Eine Lösung wäre noch ein Sanierungsplan mit Restforderungsverzicht, jedoch bei der dzt. rigiden Haltung der Gläubiger kaum realistisch.
Was könnte gepfändet werden?
Firmenbeteiligungen und Grundstücke des Landes, auch Gebäude bis theoretisch zum Landhaus Kärnten. Ansprüche aus dem Finanzausgleich könnten gepfändet werden,Forderungen aus Wohnbauförderungskrediten (fraglich), etc....divergierende Gutachten unter Juristen exisitieren schon, viele werden noch hinzukommen.
Bleibende Kollateralschäden:
a) Für die Republik ein Imageschaden, jedoch ohne weitere Auswirkungen. Für die Bundesländer wird’s haariger, weil neue Anleihenemissionen infolge des Vertrauensverluste als risikoreicher eingestuft werden und daher höhere Zinsen zu zahlen sind. Auch unschuldige andere Bundesländer könnten diesbezüglich auch zum Handkuss kommen.
b) Nachforderungsrecht: Auch nach dem Konkurs bleibt Kärnten 30 Jahre pfändbar für neues Vermögen, eine unlustige Situation.Ein enges Korsett für die Zukunft der Kärntner Haushaltspolitik.
Wem gilt der Dank?
Wolfgang Schüssel, der in seinem Machtrausch dem Kanzlermacher Haider völlige Narrenfreiheit eingeräumt hatte. Jörg Haider,der die Hypo mit einem Bankomaten ohne Limit verwechselte und mit Hilfe seiner willfährigen Buberlpartie ein ganzes Bundesland an den Rand des Abgrunds gebracht hat mit einem schweren Rucksack für Österreichs Steuerzahler (15 bis 20 Mrd. könnte der Schaden ausmachen). Josef Pröll, der in seiner politischen Mission die Raika vor Schaden bewahrte und sich von den Bayern über den Tisch ziehen ließ. Maria Fekter, die in ihrem völligen Unvermögen die Einrichtung einer Bad Bank viel zu lange verzögert hat. Die Liste ließe sich über das Kontroll-Versagen der OeNB und FMA und andere weiterführen. Auch wegschauen ist versagen oder wenn man "nicht am Emailverteiler steht und blöd sterebn muss". Nur wenn man bei 2 Mrd. Landesbudget und glz. über 26 Mrd. Landeshaftungen 2006 nicht erkennt, dass etwas faul sein musste. Ein Handelsschüler mit Genügend im Abschluss hätte das erkannt. Und zuletzt noch ein nicht ernst zu nehmender, parlamentarischer Untersuchungsausschuss.
Resumee:
Die großen Gewinner sind Gutachter, Anwälte und die Consulter - fette Honorare für die nächsten Jahre, es geht ja um einen riesigen Streitwert.
Verlierer sind notgedrungen das Land Kärnten und die Gläubiger, weil sie das großzügige Schellingangebot nicht annahmen. Enormes Prozesskostenrisiko wegen des rechtlichen Neulandes. Für die Insolvenz eines Bundeslandes sieht die Rechtsordnung nichts vor. Für Staatsinsolvenzen gibt es auch im Völkerrecht keine Regelung, allerdings ist ein Bundesland völkerrechtlich kein souveräner Staat. Der EUGH wird Prezedenzrecht sprechen. Der EUGH ist das einzige Gericht, dass ähnlich dem amerikanischen "Case law" - System Recht de facto Recht schaffen darf, nicht unsere obersten Gerichtshöfe wegen dem Gewaltentrennungsprinzip Gesetzgebung (Parlament) und Jurisdiktion (Gerichte).
Zum Thema "Staatsinsolvenz" ein älterer Blog von mir:https://www.fischundfleisch.com/ebgraz/gibt-es-eine-staatsinsolvenz-fall-hypo-heta-wie-funktionieren-firmeninsolvenzen-14038
EXKURS-Insolvenzen:
Für die Firmeninsolvenz oder Insolvenz von Privatpersonen gibt es eine klare, gesetzlich Regelung mit einigen Änderungen seit dem IRÄG 2010 (Insolvenzrechtsänderungsgesetz).
Begrifflich wurde aus der ehemaligen Konkursordnung (KO) die einheitliche Insolvenzordung (IO) mit gleichzeitiger Aufhebung der Ausgleichsordnung (AO) bzw. Anfechtungsordnung (AnfO). Den "40%-Ausgleich" und den "20%-Zwangsausgleich" gibt es nur begrifflich nicht mehr.
I) Wenn keine Gläubigermehrheit vorliegt, haben wir wie bisher mit der Exekutionsordnung (EO) das normale Verwertungverfahren eines nicht mehr Zahlungsfähigen/willigen (Rangordnungsprinzip).
II) Liegt eine Gläubigermehrheit vor, gilt die Insolvenzordnung (IO; Quotenprinzip).
Dabei unterscheiden wir 3 Verfahrensvarianten:
1) Sanierungsverfahren:
Wenn rechtzeitig ein tauglicher Sanierungsplan vorgelegt wird,besteht die Möglichkeit einer Weiterführung
a) ohne Eigenverwaltung (20% Mindestquote innerhalb 2 Jahren ist zu erfüllen)
b) mit Eigenverwaltung (30% Mindesquote innerhalb 2 Jahren ist zu erfüllen)
2) Konkursverfahren:
Kein Sanierungsplan wird vorgelegt, Liquidierung (=Auflösung) des Unternehmens nach § 180ff IO.
3) Privatkonkurs (Privatpersonen mit Teilschuldbefreiung bei Einhaltung der Schuldenregulierung)
Achtung Geschäftsführer:
Binnen 60 Tagen nach Insolvenzeintritt (lt.Gutachten) ist der Konkursantrag zu stellen, andernfalls strafbare Konkursverschleppung vorliegt (§ 156 ff StGB Krida!)und auch der
nicht persönlich!!!!!! haftend Geschäftsführer wird schadenersatz-pflichtig.
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STAATSINSOLVENZ:
Das Völkerrecht hat kennt dafür keine Rechtsgrundlage. Anlässlich der Griechenland - Insolvenzfrage gab es viele "Stammtischmeinungen", aber es gibt kein Staateninsolvenz- Recht.
o Bei einer Firmeninsolvenz ohne Sanierungverfahren wird das Unternehmen im Konkurs liquidiert (=aufgelöst), die Arbeitnehmer verlieren ihre Arbeitsplätze, austehende Löhne werden über den Insolvenzentgeltfonds ausgezahlt. Firmen haben mit einigen Ausnahmen (zB. Großbanken) grs. keine systemtragende Funktion und damit besonderen Schutz im Staat.
Ein Staat dagegen kann nicht liquidiert werden, das Staatsvolk kann ich deswegen nicht in die Arbeitslosigkeit schicken; auch spielen Souveränitätsrechte eine Rolle und bis dato gibt es daher auch noch kein Staaten-Insolvenzrecht. Staatinsolvenzen
verursachen jedenfalls auch systemische Probleme (EURO, EU) in der Staatengemeinschaft, daher auch die Rettungsbemühungen um Griechenland.
Bemühungen im informellen "Pariser Club" (Staaten), "Londoner Club" (Banken) und "Berliner Club" (Private), es handelt sich dabei um informelle Gremien gibt es Regelungsvorschläge, jedoch bis dato ohne Rechtsgrundlage.
Zwischenstand "Hypo Alpe Adria/HETA":
Größter krimineller Skandal der österr. Nachkriegs-Wirtschaftgeschichte, wobei der Staat (= Steuerzahler) im worst case auf 20 Mrd.€ sitzenbleibt.
Die Hypo (Nachfolge HETA) kann die künftig abreifenden Anleiheemmissionen ja nicht mehr bedienen, weshalb über die HETA eine Verstaatlichung erfolgte. Haftungen des Landes Kärnten in Höhe von 11 Mrd. gegenüber den Gläubigern sind schlagend.
Bei bisherigen Staatkrisen, zB. die Argentininekrise 2002 verzichteten die Gläubiger auf 70% ihrer Forderungen. Hier kam es zu einer echten Entschuldung!!!. Ich erinnere mich noch in der Anlagenberatung, wie Käufer nur wegen des damaligen KEST-frei Steuervorteiles für Auslandsanleihen "Argentinische Anleihen" orderten und dann ob ihres 70%-igen Kursverlustes gejammert haben.
Kärnten will mit Hilfe des Bundes seine 11 Mrd. Haftungen (HETA-Anleihen) loswerden und nur 1,2 Mrd. selbst beitragen, mehr ginge nicht und Kärnten müsse Insolvenz anmelden, wofür es jedoch kein Staatsinsolvenzrecht gibt. Andererseit ist Kärnten kein eigener Staat im völkerrechtlichen Sinne.
Der Bund um eine Kompromisslösung bemüht hätte 75% angeboten (Anleihen- Marktwert etwa 60%) und auf dem Rest müssten die Gläubiger sitzen bleiben (Gläubiger sind die Deutsche Bank, PIMCO-Fonds, Hege-Fonds, Helvetia-Versicherung, Deutsche Bad Bank FMS, etc...).
Die Gläubiger bleiben weiterhin stur und haben das Rückkaufangebot abgelehnt und beschreiten den Rechtsweg . Die Rede ist von österr. Taschenspielertricks. Um widerborstige Gläubiger hinauszudrängen, schuf Wien ein möglicherweise verfassungswidriges Gesetz, wonach eine 2/3-Zustimmung der Gläubiger genüge für die Annahme eines Angebotes.
Für Österreich steht zwar eine Reputation auf dem Spiel, jedoch warum sollten die Gläubiger am Rücken der Steuerzahler voll befriedigt werden. Schließlich sind auch Anleihen Risikopapiere. Das Problem ist jedoch die zusätzliche Ausstattung mit einer Landeshaftung.
Wenn Kärnten in Insolvenz geht, weiß niemand mangels eines Insolvenzrechtes für Staaten, Ländern, Gebietskörperschaften, was dann eigentlich passiert und was vom Land Kärnten wirklich verwertet werden könnte.
Die Sache wird bis zum EUGH gehen und der EUGH müsste nach seiner neueren Rechtsauffassung, wonach auch die Gläubiger Risiko zu tragen haben, dem Schelling teilweise Recht geben.
Die Gläubiger sind weiterhin überzeugt, dass eine Insolvenz Kärntens weder im Interesse Wiens noch Klagenfurts liege und ein Eingeständnis der Staatsorgane wäre, für abgegebene Garantien nicht einzustehen. Das könnte auf Rating und Schuldzinsen negative Einflüsse haben und daher wollen die Gläubiger weiterhin hoch pokern.