"Industrie 4.0" - unsere Transformationslethargie bringt böses Erwachen

Arbeitnehmer haben nur eine geringe Ahnung, wie die Digitalisierung ihre Jobs verändern und vor allem wegfressen wird. Nach einer Umfrage von Indeed kennen nur 27% den Begriff „Industrie 4.0“ und nur 10% sehen ihren Job durch die Digitalisierung gefährdet.

Zwar wächst die Erkenntnis, dass Änderungsbedarf besteht, aber fast 2/3 gehen nur von einer leichten Änderung aus und lediglich 27 Prozent erwarten einen starken Wandel ihres Jobs. Das ist jedoch eine grob fahrlässige Fehleinschätzung.

Die Sorglosigkeit über die Zukunft des eigenen Berufs zieht sich durch alle Arbeitsbereiche, jedoch besonders auffällig ist die Fehleinschätzung in höherqualifizierten Dienstleistungsberufen (dtsch.Jobpotal Indeed). Was noch mehr erstaunt: Dass vier von fünf Arbeitnehmern aus der Finanz- und Versicherungsbranche ihre Jobs als sicher ansehen.

Jedoch, gerade den Banken und als nächstes der Versicherungsbranche steht ein grundlegender Umbau bevor, sowohl was ihre ineffiziente IT im Back-End als auch den Kontakt mit den Kunden betrifft. Die niederländische ING-Bank zählt zu den 10 größten Banken der Welt und wird demnächst 1 Milliarde EURO in ihre IT investieren und dafür 5800 Stellen abbauen. In Österreich baut die Bank Austria über 2000 Jobs ab, andere werden folgen. Frust und Angst geistern durch die Bankbüros. Die deutsche Commerzbank baut fast 10.000 Stellen ab. Die deutsche Bank steckt zutiefst in der Krise und baut ebenfalls massiv ab. Onlinebanking macht Filialen überflüssig und überregulierte Basel III - Vorschriften, Nullzinspolitik der EZB und drohende völlig neue "Fin-Tech/Blockchain"-Technologien werden aus den klassischen Banken "Industrieruinen" machen.

https://www.fischundfleisch.com/ebgraz/wie-funktioniert-blockchain-das-intermediaere-ueberfluessig-macht-und-kommt-25346

Auch der Einzelhandel wird durch das Onlinegeschäft noch seine blauen Wunder erleben, was in Bälde bis zu 1/3 Umsatzminus ausmachen dürfte.

Ähnlich sorglos sind die Beschäftigten in der Produktion, in der die Automation mit Hilfe künstlicher Intelligenz und flexibler Roboter deutlich weiter voranschreiten wird als bisher (Supply Chain Management).

Dabei gilt eine einfache Regel:

"Je höher der Anteil der Routinetätigkeiten , desto höher ist auch die Automatisierungswahrscheinlichkeit".

Das gilt erstmals nicht nur für Maschinenbediener oder einfache Handlanger in der Industrie, sondern auch für Bürojobs wie Buchhalter, Controller, Analysten und sogar IT-Administratoren. Künstliche Intelligenz kann diese Aufgaben meist billiger und oft auch besser erledigen.

5 Millionen Jobs könnten mit moderner Technik in Deutschland komplett automatisiert werden, umgelegt auf Österreich würde das ein Jobverlustpotential von beinahe 500.000 ergeben (laut Forscher ZEW-Mannheim). Zwar wird nicht jedes Automatisierungspotenzial auch automatisch erschlossen, doch mit steigendem technischen Fortschritt wird auch die Wahrscheinlichkeit zunehmen.

Davon abzurechnen sind natürlich jene Jobs, die mit der Digitalisierung neu entstehen. Die neuen Jobs haben jedoch auch neue Jobprofile, die in der Regel andere Qualifikationen voraussetzen. Für die großen Techniktrends „Künstliche Intelligenz“, „Internet der Dinge“ und „3D Druck“ werden händeringend Software-Spezialisten gesucht, die der Arbeitsmarkt im Moment aber nicht hergibt. Darunter leiden auch die Startups in Deutschland, die außerhalb Berlins inzwischen stark mit der klassischen Industrie um die besten Talente konkurrieren, in der Regel aber die Gehälter von Daimler oder Siemens nicht zahlen können.

Die wichtigen Qualifikationen für die Zukunft sind:

o Programmierkenntnisse

o Fremdsprachenkenntnisse

o Soft Skills :

Wichtig werden in der Zukunft vor allem Soft Skills wie Lern- und Analysefähigkeit sein, die den Wissenstransfer in neue Themenfelder und veränderte Jobprofile ermöglichen.

Da sich der technische Fortschritt beschleunigt, entwertet sich auch das Wissen, das in Schulen oder Hochschulen vermittelt wird immer schneller. Entsprechend gewinnt die Fähigkeit, sich schnell in neue Wissensgebiete einzuarbeiten, stetig an Bedeutung und in den meisten Schulen und auch Universitäten ist ein beänstigender Wissens-Transformationsstau zu konstatieren. Die Ressourcen werden verstärkt in mehr Bürokratie statt Wissens-Transformation gesteckt, auch das wird sich noch rächen.

In diesem Beitrag geht es mir nicht um Schwarzmalerei, sondern ein Aufrütteln aus der "Industrie 4.0 - Transformationslethargie".

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fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 08.11.2016 23:21:51

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