KANT (18.JH): "sapere aude" (Vernunftgebrauch wagen) versus Bolognaprozess ("Bulimiewissen") und moderne Hirnforschung ("Emotion schlägt Vernunft").

KANT (18.Jh.):

Von Kant habe ich persönlich gelernt, dass a) der Mensch das ist, was er aus sich macht (Charakter) und b) der Gebrauch der Vernunft der edelste Begleiter auf diesem Weg ist. Es komme nicht darauf an, was die Natur aus dem Menschen macht, sondern was er selbst aus sich macht. Der Baumeister der Vernunft, auf der er sein ganzes Leben aufbaute, alles sollte nach vernünftigen Prinzipien ablaufen, dieses Bauwerk der Vernunft, dieses sein Selbst wurde am Ende seines Lebens von der fortschreitenden Demenz zerstört.

„Es ist gut“ waren die letzten Worte der 79-Jährigen Kant, er hatte genug von Leben. Der geistige Verfall des größten deutschen Philosophen war unaufhaltsam: fortgeschrittene Demenz. Die letzten Monate seines Lebens irrte er rastlos umher, konnte kaum mehr sprechen und erkannte fast niemanden mehr.

KANT fordert die Menschen zum „sapere audere“ (wagt eure Vernunft zu gebrauchen) auf. Ein Ausfluss dieses Vernunftgebrauches ist sein Markenzeichen, der „kategorische Imperativ“ (= handle so, dass deine Handlung mit Hilfe deiner Vernunft verallgemeinerungsfähig sind, allgemeine Gesetze werden können). Das aufklärerische dabei ist, dass diese allgemeinen Gesetze ihrenUrgrund nicht mehr in Gott bzw. einer Gotteserkenntnis haben, sondern allein in der menschlichen Vernunft verortet sind und von dort herrühren. Der Mensch rückt damit in den Mittelpunkt, die Entfaltung seiner „Sich Selbst – Kraft“, sein freier Wille und sein Mut zu Denken, auch Markenzeichen der Aufklärung.

Die „Maximen“ sind bei Kant moralische Prinzipien, die natürlich mit christlichen Maximen nicht kollidieren müssen. Seine Grundfrage „Was ist der Mensch“ hat er eben damit beantwortet, dass der Mensch das ist, was er auch sich macht. Mit seiner Frage „Was kann ich Wissen“ auch über die Grenzen des menschlichen Wissens Gedanken gemacht und dabei eine Brücke zwischen Empirismus (Hume) und Rationalismus (Descartes, angeborenes a priori Wissen mit Platongeruch) geschlagen. Bei der Frage „Was soll ich tun“ hat er sich über Maximen ethischen, moralischen Handelns nachgedacht mit dem„kategorischen Imperativ“ , „praktische Vernunft“ als Output:

„Handle nach solchen Prinzipien/Maximen, von denen du zugleich wollen kannst, dass sie allgemeine Gesetze werden.

Mit„Was kann ich Hoffen“ dachte er über die Sinnfrage, das menschliche Dasein und die Religion, mit der er kein friktionsfreies Verhältnis (Glaube als Antithese zur Vernunft) hatte, nach.

KANT:Die Metaphysik (Religion) ist ein dunkles Meer ohne Küste und Leuchttürme und übersät mit philosophischen Wracks“

Kant lebte inKönigsberg, damals einbewegter Hafenort mit interantionalem Handelsaustausch. Im Handel sah Kant die Chance zu „kompromissfähigem Denken“, um handelseinig zu werden. Dadurch könnten Kriege eher verhindert werden, weshalb er auch schon an einer Völkerbundsidee arbeitete. Wie löse ich Krisen zwischen zwei Staaten. Dies erfordereKompromisstechniken und Verhandeln statt Krieg.

Diese Vernunftsansätze hat es, bevor das christliche Mittelalter die „reine griechische Vernunftphilosophie“ zur „Magd der Theologie“ degradiert hatte, schon in der griechischen und römischen Philosophie insb. bei den Stoikern (Zenon, Epikur, Seneca, Marc Aurel) gegeben. Emotionales Handeln muss immer wieder durch die Vernunft kontrolliert werden

Nach der „Bologna-Bildungsreform“ wäre es an der Zeit, wieder einmal eine Kant’sche Renaissance einzuleiten. Sie hat aus Studenten großteils„ECTS-Schnäppchenjäger“ gemacht, wobei Wissen nur für die nächste Prüfung hineingefressen wird, um es danach gleich wieder auszuspucken. Man könnte es überspitzt formuliert als„Bulimiewissen“ bezeichnen.

Die „Digitalökonomie“ des 21. Jahrhunderts benötigt kreatives, innovatives und disruptives Wissen. Nicht Bologna-getriebens „Bulimiewissen“, sondern neue Ideen. Das Wirtschaft des 21.Jh. stellt ein typisches „Schumpeter-Zeitalter“ mit permanenten Veränderung durch Zerstörung von Altem und Schaffung von Neuem dar. Er nennt es„Creative Destruction“.

Wäre KANT mit der modernen Hirnforschung konfrontiert worden, hätte er nicht mehr zu sehr auf die „menschliche Vernunft“ gesetzt, ist sie doch auch nurein zartes Pflänzchen von der Macht der Emotionen immer wieder besiegt. Auch hängt sie stark von unterschiedlichen Kulturkreisen ab, sodass Witwenverbrennungen und Kastendenken in Indien dort nicht unbedingt als vernunftswidrig empfunden werden oder die Segregation in den USA oder die unterdrückte Stellung der Frau im Islam mit Ehrenmorden, Genitalverstümmelungen.

Wie sind die über 150 Mio. Ermordeten des 20. Jahrhunderts (Genozide, I./II. Weltkrieg, Hitler, Stalin, Mao, japanischer Krieg, etc..) mit der Vernunft erklärbar. Laborstudien („Dual Process - Theorie“) belegen eindeutig, dass unsere moralischen Urteile eng an unsere Emotionen und viel weniger an unsere Vernunft als zartes Pflänzchen geknüpft sind.Somit widersprich der „kategorische Imperative“ als Vernunftprodukt den neuesten Erkenntnissen der Hirnforschung. Fiktives Zug-Probandenbeispiel: Der Proband hat die Auswahl, durch bestimmte Weichenstellung statt fünf nur einen Menschen zu töten. Die Entscheidung für einen ist klar. Müsste er jedoch einen Menschen „mit eigenen Händen“ töten, um dadurch fünf andere zu retten, hat er eine emotionale Sperre und die Emotion zieht vor die Vernunft.

MORAL entstanderst mit den Säugetieren als evolutionsgeschichtliches Produkt mit einem völlig hilflosen gehegt und gepflegt werdenden Nachwuchs. Das sich Kümmern um den anderen – was dem Reptiliengehirn noch völlig fremd war – führte bei Säugetieren zu einer neuronalen Implementierung (Stichworte: Fürsorgehormone, Spiegelneuronen, Altruismus, Empathiefähigkeit) .

Ein  Tabuthema fürKant war „soziale Gerechtigkeit“ oder „Chancengleichheit“, zu seiner Zeit kein Thema.

Als Kant einmal nichts einfiel:

"Eines Tages geschah es Kant,

dass er keine Worte fand.

Stundenlang hielt er den Mund

und er schwieg nicht ohne Grund.

Es fiel ihm absolut nichts ein,

deshalb ließ er das Sprechen sein.

Erst als man ihn zum Essen rief,

wurde er wieder kreativ

und er sprach die schönen Worte:

"Gibt es hinterher noch eine Torte"

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